Rot-weißer Rückblick: Die Saison 2012/13 - Teil I: Saisonverlauf und Zahlen

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Der Buchdeckel für die Regionalliga-Spielzeit ist beinahe zugeklappt. Noch ein paar letzte Blicke zurück, auf die Gefahr hin, dass sich manch einer mit Grausen abwendet. Zwar weist die Abschlusstabelle einen mehr als respektablen vierten Rang aus, die Saison 2012/13 haken viele Rot-Weiss-Fans jedoch wohl eher als Jahr der verpassten Chancen ab.

+++ Hier geht es zum zweiten Teil+++

Zu viele Zähler verschenkte der ambitionierte Traditionsklub gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel. Die faktische Punkteausbeute ist eine Sache. Die herben Blamagen zum Saisonende jedoch sorgten für einen schlechten Eindruck, der sich wie ein Gilbfilm über die Tribünen des eigentlich noch so frischen Stadions legte. Ein Rückblick auf eine Serie mit Höhen und Tiefen.


Der Saisonverlauf:

Kurios: Ob Trainer, Mannschaft, Fans oder Medien – alle Beteiligten verbrachten einen Großteil der Spielzeit mit der Suche nach Konstanz. Beim Blick auf die Tabellenplatzentwicklung werden sie fündig: Nimmt man die ersten fünf Spieltage aus – danach besitzt das Tableau bekanntlich erst Aussagekraft – waren die Rot-Weißen immer unter den ersten sechs Mannschaften vertreten. Zwanzig Spieltage beschloss das Team auf Rang fünf.

Was dieser oberflächliche Blick nicht verrät: Meister Lotte, die Kölner Delegationen Fortuna und Viktoria, die Sportfreunde aus Siegen sowie die Schalker Reserve spielten mit Rot-Weiss Essen lange in einer eigenen Liga. Erst irgendwo zwischen der ersten regulären und der zweiten zwangsverordneten Winterpause trennte sich die Lotter Spreu vom Weizen. Erfreulich aus Essener Sicht: Sechs von sieben Zweitvertretungen ließ RWE hinter sich.

Die Ergebnisse offenbaren die eigentlichen Schwankungen an der Hafenstraße. RWE spielte eine überzeugende Hinrunde, fuhr zehn Siege ein – und das bei nur drei Niederlagen. Vom achten bis achtzehnten Spieltag blieb der Deutsche Meister von 1955 ungeschlagen, im neuen Stadion Essen bewahrte er seine weiße Weste. Doch schon hier zeichnete sich ab, dass Rot-Weiss ein Einstellungsproblem gegen vermeintlich kleine Gegner mit sich herum trägt. Exemplarisch genannt seien hier die Unentschieden gegen Duisburg und Leverkusen oder die 1:2-Niederlage bei Bergisch Gladbach.

Und dennoch wurden Aufstiegsträume genährt, allen voran der 2:1-Erfolg gegen Viktoria Köln hielt als Beleg her, dass es die Essener mit jedem Gegner aufnehmen können. Und die zehn Siege in der Hinrunde waren nicht von der Hand zu weisen. Dass es sich oftmals um enge Spiele handelte, wurde dabei gerne unter den Teppich gekehrt. Als mehr und mehr Rechenschieber auf den Rängen auszumachen waren, setzte es den ersten Nackenschlag: 1:5 in Siegen. Dreier gegen Oberhausen und Velbert ließen diesen „Ausrutscher“ jedoch über den Winter in Vergessenheit geraten.

Das neue Jahr startete mit der Wasserschlacht gegen Verl. Der Heimnimbus war gebrochen. „0:1 unter widrigen Umständen“, so die einhellige Meinung. Bestätigt fühlte man sich durch drei Siege mit je vier eigenen Toren. Sollte doch noch mal etwas gehen?

Es ging nicht mehr viel. Die 0:1-Heimpleite gegen abgezockte Fortunen aus Köln führte schmerzvoll vor Augen, dass die Rot-Weißen noch nichts im Konzert der Großen zu suchen hatten, nach dem „peinlichen“ 0:0 gegen Schlusslicht Kray (das später gegen Fortuna Köln gewann...) stellten die Ersten im Umfeld die Charakterfrage.

RWE-Boss Michael Welling bemühte sich, den zweiten Tabellenplatz schmackhaft zu machen und verwies auf die vielen Unwägbarkeiten, die das Konstrukt Regionalliga und das damit verbundene Lizenzierungsverfahren begleiten. Ein zweiter Platz könne unter Umständen auch reichen, liebäugelte Welling unverhohlen mit der Teilnahme an der Relegation. Doch dem Präsidenten war klar: „Die unerwarteten Chancen haben zu Träumereien geführt.“

Das war allerdings noch zu einer Zeit, als die Krayer Nullnummer noch als GAU schlechthin empfunden wurde. Wer sollte denn ahnen, dass Rot-Weiss Essen 0:5 gegen den späteren Absteiger Hüls verlieren sollte? Oder 1:6 im eigenen Stadion gegen Borussia Mönchengladbach? Oder aber 1:2 im Niederrheinpokal gegen den Oberligisten Hönnepel-Niedermörmter? Ist der Ruf erst ruiniert: Siege gegen disziplinlose Kölner (Viktoria, 4:0) oder die kleinen Knappen (1:0) gerieten in den Hintergrund.

Freilich, je mehr Spieltage abgehakt waren, umso höher wurde der Verletztenstand, der gegen Ende absurde Dimensionen erreichte. Nur so viel zur Veranschaulichung: Der „letzte Mohikaner“ Benedikt Koep war der einzige Spieler, der sowohl am ersten als auch am 38. Spieltag in der Startelf auflief...

Unter der Last der Ausfälle konnte es für RWE nur noch um einen Abschied mit Anstand gehen. „Der letzte Eindruck ist der bleibende“, mahnte Trainer Wrobel. Auftrag erfüllt: Nach einem Unentschieden und zwei Niederlagen, die aufgrund der dargebotenen Leistungssteigerung versöhnlich beklatscht (Wuppertal) bzw. euphorisch gefeiert (Lotte) wurden, gelang im letzten Spiel ein Sieg über die Sportfreunde Siegen. Dort begeisterten vor allem die A-Jugendlichen, die in die Bresche sprangen. So schnell geht‘s: Aus Untergangs- wird Aufbruchsstimmung. So gesehen war es doch eine gewöhnliche RWE-Saison...

Die Zahlen:

- 19 Siege, 9 Remis und 10 Niederlagen. 66 Punkte holte die Wrobel-Truppe in dieser Saison - 14 mehr als in der Vorsaison. 2011/12 gab es jedoch zwei Spiele weniger zu bestreiten.
- Zweimal Platz sechs ergibt Rang vier in der Endabrechnung. 36 Punkte sammelte RWE in der Hinrunde, 30 Zähler in der Rückserie - so groß ist der Unterschied nicht...
- Allerdings: In der Formtabelle, die die vergangenen sechs Spiele berücksichtigt, rangiert RWE auf 18. Formschwächer waren nur MSV II (u.a. mit einem 0:9 gegen Köln II) und Siegen, Gegner im letzten Saisonspiel.
- 63 erzielten Treffern (Platz fünf) stehen 50 Gegentore (Platz sieben) gegenüber.
- Bester Torschütze ist Benedikt Koep mit 14 Toren, gefolgt von Kerim Avci (12) und Konstantin Sawin (8). In der endgültigen Torschützentabelle liegt Koep auf Platz sieben. Gemeinsam mit Marcel Platzek (BMG II). Der spielt künftig an der Hafenstraße.
- Zuletzt hagelte es Sperren. Eine Tretertruppe sind die Essener zwar nicht: 93 gelbe, zwei gelb-rote und zwei rote Karten reichen aber nur zu einem Mittelfeldplatz in der Fairnesstabelle.
- 152.143 Zuschauer pilgerten an die Hafenstraße, im Schnitt 8.008. Mehr als bei jedem anderen Regionalligisten aus den fünf Staffeln!

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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