Obdachlosenunterkünfte: Baubeginn an der Liebrechtstraße

Der Abrissbagger hat den Block A der Obdachlosenunterkunft schon dem Erdboden gleich gemacht. Seit Anfang dieser Woche sind auch die Rohbauarbeiten an der Liebrechtstraße im Gange.  Foto: Czepluchbild
  • Der Abrissbagger hat den Block A der Obdachlosenunterkunft schon dem Erdboden gleich gemacht. Seit Anfang dieser Woche sind auch die Rohbauarbeiten an der Liebrechtstraße im Gange. Foto: Czepluchbild
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Gut einem Jahr nach dem Ratsentscheid zur Neubaumaßnahme der Notunterkünfte an der Liebrechtstraße in Überruhr geht es zur Sache. Seit dem 18. Februar sind die Abrissarbeiten an Block A (Liebrechtstraße 1, 3 und 5) in vollem Gange. Den beiden weiteren zweigeschossigen Wohnblöcken B und C auf dem südlichen Teil der Liebrechtstraße wird das gleiche Schicksal zuteil.

Der Maßnahme sind jahrelange politische Diskussionen vorausgegangen. Schon an die Ratsentscheidung vom Februar 2008, wonach der Standort Essens letzte verbleibende zentrale Unterbringung für Obdachlose sein sollte, war ein eindeutiger Sanierungsbeschluss gekoppelt. Bereits 2003 hatte die Verwaltung „erheblichen Renovierungsbedarf“ in den Bereichen Heizung, Sanitär und Elektrik konstatiert. Und tatsächlich präsentierte sich die Immobilie aus den 1960er Jahren arg marode. Jahrzehntelang ist hier nicht wirklich viel getan worden.
Geheizt wurde mit Kohle und Radiatoren, eine Heizungsanlage gab es nicht. Die Rats-Linke hatte die „unverändert unwürdigen Umstände“ in der Wohnanlage kritisiert und warf der Stadt Essen Untätigkeit vor. Die SPD forderte, dass endlich gehandelt werden solle.
Abriss oder Neubau? Es wurde diskutiert und verworfen. Rund 4,6 Mio. Euro sollten zunächst in die Restaurierung der Gebäude mit dem Einbau zentraler Heizungsanlagen, Doppelglasfenstern, Fassaden- und Dachdämmung gesteckt werden. Es gab wiederholt Beschlüsse des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit (ASAG) zur Sanierung des Objektes.
Renoviert werden sollte ursprünglich mit dem Geld aus der Auflösung der Obdachlosenunterkünfte an der Märkischen Straße in Freisenbruch. Doch die Mittel kamen nie an, flossen in Essens Schuldentilgung.
Zwischenzeitlich waren die veranschlagten Sanierungskosten auf 5,5 Mio. Euro gestiegen. Angesichts dessen schien aus Sicht der CDU-Fraktion im Rat der Stadt ein kompletter Neubau an der Liebrechtstraße „mit Sicherheit wirtschaftlicher“.
Die FDP-Fraktion im Bau- und Verkehrsausschuss hingegen hatte im Januar 2013 beantragt, die Obdachlosenunterkunft in Überruhr-Hinsel nicht zu renovieren, sondern in Innenstadtnähe zu verlegen. Der Standort am Stadtrand war aus ihrer Sicht deplaziert. Der Antrag der Freien Demokraten fand damals keine Mehrheit, wie auch die Bemühungen der Verwaltung, einen Investor für das Vorhaben zu finden - zeitweise war die Allbau AG im Gespräch - nicht von Erfolg gekrönt waren.
Vor gut einem Jahr dann, am 26. Februar 2014, hat der Rat der Stadt Essen mit den Stimmen von SPD, CDU, Bündnis90/Die Grünen und der Linken die Pläne zur Herrichtung von Essens letzter zentraler Obdachlosenunterkunft verabschiedet.

Zwei Bauabschnitte

Die ermittelten Gesamtkosten sind mittlerweile auf 7.967.000 Euro angewachsen. Finanziert werden soll das Vorhaben allein mit städtischen Eigenmitteln aus den Haushaltsbudgets 2013 bis 2016. Die Planungen sehen den Abriss der Bestandsgebäude und anschließenden Neubau vor.
Saniert wird bei laufendem Betrieb. Die Gebäude Nr. 1,3 und 5 (Wohnblock A), die bereits dem Erdboden gleich gemacht worden sind, waren Ende 2014 freigezogen worden. Die derzeit 82 Bewohner sind in den verbliebenen Gebäuden untergebracht. „Die Baumaßnahme wird voraussichtlich in zwei Bauabschnitten erfolgen“, erläutert Stadtsprecher Martin Rätzke. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnittes ist für das Frühjahr 2016 anvisiert. „Danach erfolgt unmittelbar die Abbruchmaßnahme der weiteren Gebäude zeitlich kurz aufeinander folgend (Nr. 7,9 und 11; Block B und Nr. 13, 15 und 17; Block C)“, so Rätzke.

Block D wird künftig nicht mehr gebraucht

Die Bewohner sollen ab dem Frühjahr 2016 im dann fertiggestellten Neubauabschnitt sowie im alten Block D untergebracht werden. Eine Interimslösung ist hier also nicht nötig. Lediglich für die zwei Sozialarbeiter und den Unterkunftsverwalter gibt es bis zur Fertigstellung des ersten Neubauriegels einen Übergangsbau. „Diese Büros sind im ersten Neubau vorgesehen, so dass das Provisorium oberhalb der Unterkünfte zwischen dem Bolzplatz und dem Parkplatz voraussichtlich Anfang 2016 nicht mehr benötigt wird.“
Der dreigeschossige Block D, der sich neben der Kita „Wirbelwind“ befindet, werde nach Abschluss der Neubaumaßnahme nicht mehr benötigt und könne zu einem späteren Zeitpunkt zurückgebaut werden.
Die neuen Wohneinheiten werden Platz für 120 Personen bieten. Die Wohnanlage wird insgesamt kleiner: „Durch die Verdichtung bzw. Optimierung können die benötigten Wohneinheiten auf dem südlichen Grundstück der Liebrechtstraße erstellt werden“, berichtet der Stadtsprecher.

In Zukunft geringere Energieverbräuche

„Die Architektur ist ansprechend und bietet den Bewohnern eine menschenfreundliche Unterbringung“, so Rätzke. „Die Neubauten sind von den Größen der Wohneinheiten optimiert, gewählte Materialien sind robust - Decken und Wände sind überwiegend aus Stahlbetonfertigteilen-, jedoch ansprechend und freundlich von der Gestaltung. Die gültige ENEV (Energieeinsparverordnung, Energiekonzept) wird eingehalten und führt zukünftig zu deutlich geringeren Energieverbräuchen.“
Die Fertigstellung der Gesamtmaßnahme ist für Frühjahr/Sommer 2017 geplant.

Autor:

Melanie Stan aus Essen-Ruhr

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