ARCHITEKTURFÜHRUNG - Auf den Spuren von Alvar Aaltos

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In einer gut 45minütigen Kurzführung konnte ich mit anderen Besuchern Alvar Aaltos „humane Architektur“ mit ihrem lichtdurchfluteten Foyer und dem großzügigen, einem Amphitheater nachempfundenem Auditorium erleben. Ich kann mich noch gut an den „Ersten Spatenstich“ im November 1983 durch den damaligen Oberbürgermeister Horst Katzor und die feierliche Eröffnung des „Aalto-Theaters am 25 September 1988 durch Herrn Oberbürgermeister Peter Reuschenbach in Anwesenheit des Herrn Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker erinnern. Die Essener Bürger haben lange auf ihr neues Theater warten müssen. Die Entscheidung für die Realisierung des Neubaus des Theaters 1979 war im Hinblick auf die finanziellen Probleme, die zu meistern waren, eine außerordentliche schwierige Entscheidung. „Erst das Rathaus, dann wird das Theater gebaut“, so die Ankündigung des Essener Rates für die Realisierung des Neubaus.
Seit Beginn der neuen Spielzeit gibt es die Theaterzeitung nicht mehr. Die Zeitung kostete eine Summe mit vielen Nullen. Ob das gut geht wird sich zeigen. Früher war die Auslastung jedenfalls größer. Vor allem ältere Menschen ohne Internet konnten sich damit gut über das aktuelle Bühnenprogramm informieren.

RUNDGANG:

EINGANG

Bereits an den Eingangstüren nimmt der Besucher ein typisches Aalto-Detail „in die Hand“ – die von Aalto entworfenen Türgriffe. In der doppelt übereinander montierten Anordnung stellen diese Griffe das menschliche Maß als Ausgangsgröße dar: Der untere Griff ist für kleinere, der obere für große Besucher vorgesehen.
GARDEROBENHALLE UND FOYER (Bild
Die in hellen Farben gehaltene Halle (weißer Marmorboden, weiße Keramikverkleidung der Stützen, Garderobentheken in hellem Holz), die typische Aalto-Details wie Lampen, Stützformen und -verkleidungen, geschwungene Garderobentheken aufweist, bildet durch ihre niedrige Raumhöhe einen Kontrapunkt zu dem hohen Foyerraum und bereitet das befreiende Raumerlebnis, das den Besucher im Foyer umgibt, auf diese Weise vor.
Jenseits einer breiten Treppenanlage liegt – sich dem Stadtgarten öffnend – die Cafeteria, die entsprechend der Garderobenhalle gestaltet und mit Möbeln von Alvar Aalto ausgestattet ist. Über den repräsentativen Treppenaufgang erreicht der Besucher das Hauptfoyer mit seine verschiedenen Zwischenniveaus und offenen Treppenanlagen. Kräftige Pfosten aus aus Bronzeguß tragen die Messingrohre der Handläufe. In den „Steigungsstrecken“ sind die Messingrohre mit schwarzem Leder umwickelt, das sich angenehm anfühlt und der Hand durch die natürlichen Wickelspuren Halt gegen abrutschen gibt. Mit den beiden Emporen, die mit ihren geschwungenen Brüstungen ein Pendant zu der gewellten Foyerwand bilden, nimmt sich das Foyer nahezu wie eine kleine Platzanlage aus, auf der das Publikum vor dem Beginn und während der Pausen agiert. Sehen und gesehen werden, war das das Motiv von Aalto. Jeder findet hier seinen Platz. Das gesamte Foyer ist mit grauem Teppichboden belegt, die Wände sind auch hier in weißem Stuckputz ausgeführt. Alle Foyer-Möbel sind von Alvar Aalto speziell für das Essener Theater entworfen worden. Wie alle anderen Leuchten sind auch die Deckenleuchten des Foyers und einige Sitzgruppen zugeordnete Stehleuchten nach Entwürfen von Alvar Aalto gefertigt worden. Die schwarzen Saaltüren zeichnen sich wiederum durch die auf das menschliche Maß bezogene Größe aus. Sie bilden einen starken Kontrast in der weißen Wandfläche des Foyers. Der Türgriff dieser Saaltüren, Messing teilweise mit Leder umwickelt, stellt ein spezielles Detail für das Essener Theater dar. Die Oberfläche der Saaltüren besteht aus rhythmisch elementierten Paneelen, die mit schwarzem Roßhaar bespannt sind, das aus China geliefert und in England gewebt wurde. Ein behindertengerechter Aufzug, der die einzelnen Ebenen des Foyers verbindet ist selbstverständlich vorhanden.

DER SAAL

Die Sitzreihen des Parketts lagern sich bogenförmig breit um die Vorbühne; der Zuschauerraum mit seiner ansteigenden Auditoriumsform ist asymmetrisch, das rechte Parkett besteht aus 15 Sitzreihen, das linke Parkett aus 21. Im Parkett sind 790 Sitzplätze, davon 10 Behindertenplätze, und auf den Balkonen jeweils 143 (1. Balkon) und 192 (2. Balkon) eingerichtet. Ein dritter Balkon dient ausschließlich technischen Belangen (Beleuchtung und Ton)Obwohl im Zuschauerraum 1.125 Besucher Platz finden wirkt der Raum nahezu intim. (Geplant waren ursprünglich 1300 Zuschauer, doch die Stadt hatte kein Geld den Plan zu realisieren.) Zu diesem Eindruck trägt maßgeblich die gewellte Rückwand mit den Balkonen bei, unterstützt wird dieser Eindruck durch die Farbgestaltung, denn in dem insgesamt in dunklem Indigoblau gehaltenen Saal treten die geschwungenen weißen Balkonbrüstungen plastisch hervor.
Der Saal ist voll klimatisiert. Die Zuluft wird etwa in Kopfhöhe der Besucher über die die Auslasse im oberen Bereich der Rückseiten der Stuhllehnen in den Zuschauerraum eingeführt. Die Luftzuführung erfolgt über jeden einzelnen Stuhlfuß, der an die Druckkammern, die unterhalb des Parketts bzw. in den Balkondecken eingebaut sind, angeschlossen ist. Ausblaswinkel, Ausblasgeschwindigkeit, Luftstrombündelung und Temperaturdifferenz sind in Laborversuchungen so festgelegt worden, dass keine Beeinträchtigung der Behaglichkeit durch Zugerscheinung auftritt. Im hinteren Bereich des Zuschauerraumes sind unterhalb des 1. Balkons die Regie, die Lichtregie und die Projektionsanlage in separaten schalldichten Einheiten untergebracht. Die Tonregie befindet sich auf dem 3. Balkon. Das Material der Decke wurde aus Gründen der akustischen Durchlässigkeit gewählt. Oberhalb der der akustisch transparenten Deckenschirme ist zusätzlicher Nachhallraum entstanden, in dem den akustischen Erfordernissen entsprechend Schallreflektoren angeordnet sind. Außerdem werden die Seitenwände im Proszeniumsbereich hinter der akustisch transparenten Wandverkleidung so profiliert, dass weitre Energiereiche Erstreflexionen von der Bühne in das Parkett gewährleistet sind. Hinter den seitlichen Wandskulpturen wurden ebenfalls Schallreflektoren angebracht, die die Schallenergie insbesondere in das breit gelagerte Parkett reflektieren.

ARCHITEKTURFÜHRUNGEN

Täglich um 12.45 Uhr (sonntags um 13:15 Uhr)
Karten zu € 3,00 sind beim Tour-Guide erhältlich.

Autor:

Ursula Hickmann aus Essen-Süd

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