Sarah und Inge Meyer-Dietrich lesen bei Polberg aus ihren neuen Romanen

Buchhändlerin Stephanie Polberg lädt öfter Autoren zu Lesungen ein
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„Der Vollhorst hat sich aus dem Staub gemacht“, sagt die Oma zur 9-jährigen Jenni. Jenni wächst Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts in einer reinen Frauenfamilie auf mit Mutter, Oma und der kleinen Schwester Jana.

In Sarah Meyer-Dietrichs Roman „Ruhrpottkind“ erlebt der Leser das Alltagsleben im Ruhrgebiet aus der Perspektive eines Kindes.

„Vollhorst“ bedeutet wohl, denkt Jenni, dass der Vater Horst geheißen hat. „Er hat sich aus dem Staub gemacht“. Heißt das, dass die Mutter zu wenig Staub gewischt hat? Vieles gibt es, was Jenni nicht weiß oder versteht, aber sie kann in ihrer Fantasie in andere Welten verschwinden, mit Donald Duck nach Timbuktu oder mit Huckleberry Hawke im Airwolf in die Wüste.

Als ob das Leben ohne Vater nicht schon schwer genug ist, wird Oma krank, Mama ist dauernd überfordert und wünscht sich, tot zu sein, und Jana verschwindet.

So traurig diese Ereignisse auch sein mögen, der Wort-, Denk- und Sprachwitz, den die Autorin in ihrem Roman entwickelt, lässt auch viele heitere Momente zu. Man merkt es der Autorin beim Vortragen ihrer Geschichten an, wie viel Spaß ihr das Schreiben gemacht hat und dass auch das Vortragen selbst ein Vergnügen sein kann.

Auch „Eisengarn“, der Roman von Inge-Meyer-Dietrich, spielt im Ruhrgebiet, allerdings in einer ganz anderen Zeit. 1938 sind die Folgen des Ersten Weltkriegs immer noch spürbar, aus dem der Mann der Näherin Mimi völlig verändert zurückgekehrt ist.
Schon kündigt sich der Zweite Weltkrieg an und macht auch vor Mimis Kindern nicht halt. Ihr Sohn wird als Soldat eingezogen. Und auch ihre Töchter sind in Gefahr. Die eine als Rotkreuzschwester in Russland. Die andere beim Reichsarbeitsdienst in einer Munitionsfabrik.

Mimis Zähigkeit und Überlebenswille, ihr Einfallsreichtum und die Bereitschaft zu kämpfen, im Krieg wie in der Nachkriegszeit, stehen beispielhaft für unzählige Ruhrgebietsfrauen, deren Namen in keinem Geschichtsbuch zu finden sind. Mehr als im Roman „Ruhrgebietskind“ beeinflusst die politische Situation die Handlungen der Personen.
Sehr interessant und repräsentativ für den Roman ist der von der Autorin vorgetragene Abschnitt über den französischen Juden, den Mimi sogar vor seinen eigenen Landsleuten verstecken muss.
Der Titel „Eisengarn“ – ein Baumwollgarn, das sich durch hohe Strapazierfähigkeit und Festigkeit des Materials auszeichnet – steht symbolisch für Mimis Zähigkeit.

Autor:

Manfred Jug aus Essen-Steele

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