SPD Essen: Vorstadt-GroKodile - So würden die Ortsvereine am Sonntag abstimmen - Klatsche für Martin Schulz

Benno Justfelder Fotos: Archiv
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Noch einmal Große Koaliton (GroKo)? Diese Frage wird zur Zerreißprobe für die SPD. Spannend: Beim Parteitag am Sonntag in Bonn kommt jeder vierte Delegierte aus dem GroKo-kritischen NRW. Wir haben Stimmen der Parteibasis in den Essener Ortsvereinen (OV) eingeholt.

„Die Mitglieder des OV sehen die GroKo kritisch“, sagt Peter Allmang, Vorsitzender des SPD-OV Werden-Bredeney. „Und nach den Sondierungsgesprächen ist das nicht besser geworden. Das Problem der befristeten Arbeitsplätze, Spitzensteuersätze oder die Bürgerversicherung sind dabei nicht einmal angesprochen worden. Die Stimmung im OV geht er eher in Richtung Ablehnung. Und wenn dann die CSU von Zwergenaufstand an der SPD-Basis spricht, ist das auch nicht gerade hilfreich."
„Die Ergebnisse der Sondierung haben unsere Mitglieder nicht gerade vom Hocker gerissen“, sagt auch Jan Wiedwald. Nach den Sondierungsgesprächen seien die Stimmen der Pro-GroKo-Gruppe sehr leise geworden, fährt der Vorsitzende des SPD-OV Kettwig fort. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Sonderparteitag am Sonntag sich für Koalitionsverhandlungen ausspricht.“ Auch wenn es kein abgestimmtes Ergebnis gebe, gehe er davon aus, dass die Mehrheit seines OV gegen die Neuauflage der Groko ist. Christian Sieg, OV-Vorsitzender der SPD in Kupferdreh sagt: "Nach dem Studium des Sondierungspapiers und einer Nacht drüber schlafen, bleibt bei mir das Gefühl, einer GroKo ablehnend gegenüber zu stehen, verstärkt zurück. Nach einem anfänglichen 'Na ja, ist schon was Rotes dabei, mal sehen' fehlen mir am Ende ein/zwei belastbare, sozialdemokratische Punkte. Ich hätte dann durchaus mit harten Unionsthemen leben können. Nur ein Kompromiss bei allen Punkten ist mir zu wenig. Ob die Ablehnung der GroKo der richtige Weg ist? Dieses Papier, scheint mir, ist zumindest nicht der richtige. Vergnügungssteuerpflichtig ist das alles nicht..." Benno Justfelder, OV-Vorsitzender in Holsterhausen: "Nach jeder Niederlage haben die Spitzen der Bundespartei und Bundestagsfraktion es immer wieder verstanden, personelle und inhaltliche Änderungen zu verhindern. Die Kungelkreise in Berlin - wie der Seeheimer Kreis - tragen die Hauptverantwortung für die prekäre Lage der deutschen Sozialdemokratie. Deshalb lehne ich grundsätzlich eine weitere GroKo mit der politisch angeschlagenen Kanzlerin und mit der rechtsnationalen CSU ab." Wolfgang Weber, Vorstandsmitglied des SPD-OV Altendorf erklärt: "Die Situation ist schwierig. Bei den Sondierungen sind viele Punkte, die 'den kleinen Mann' finanziell entlasten. Allerdings fehlen die wichtigen Punkte wie z.B. Bürgerversicherung und Abschaffung der unbegründeten Befristung von Arbeitsverträgen. Bei Ablehnung der GroKo könnte sich das aber auch sehr negativ auf eine eventuelle Neuwahl auswirken, da der Wähler dafür wohl kein Verständnis hätte."
Der Karnaper OV-Vorsitzende Stephan Duda merkt an: "Es sind einige Themen in den Sondierungsgesprächen gut gelaufen, jedoch fehlen viele wichtige Themen wie Kinderarmut, Altersarmut und die zeitliche Begrenzung der Arbeitsverträge ohne Angabe von Gründen. Auch ist es wichtig, den Erneuerungsprozess der SPD jetzt ernst zu nehmen. Es kann nicht funktionieren, dass die Partei sich erneuert und gleichzeitig in der Regierung den Juniorpartner stellt. Nach dem Motto: Wenn ich mit dem Fahrrad fahre, kann ich mich selbst nicht mit dem Auto überholen. Ich positioniere mich klar gegen die Groko." Harald Filip, Katernberger OV-Vorsitzender: „Ich bin gegen die Fortsetzung der GroKo zwischen CDU/CSU und der SPD, da der Wähler diese klar abgewählt hat. Mir ist aber wichtig zu sagen, dass in meinen Augen das eigentliche Versagen eindeutig bei den Grünen und insbesondere der FDP liegt, die nicht in der Lage waren, den Wählerauftrag aufgrund ihrer Stimmzugewinne wahrzunehmen. Regierungsverantwortung zu übernehmen und politisch zu gestalten ist mehr, als das 100-prozentige durchsetzen der eigenen Prinzipien. Allerdings stellen für mich die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zwischen der SPD und der CDU/CSU nur einen ersten Aufschlag dar. Hier muss im Rahmen von Koalitionsgesprächen die sozialdemokratische Handschrift der zukünftigen Politik für ein gerechteres Deutschland noch deutlicher herausgearbeitet werden und dann nach einer erfolgten Regierungsbildung sich auch in künftigen Gesetzesvorlagen wiederfinden.“
Und der Krayer OV-Vorsitzende Manfred Tepperis bringt es kurz und knapp auf den Punkt: "Es fehlen in dem Sondierungspapier wichtige sozialdemokratische Kernpunkte wie die Bürgerversicherung, die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Beschäftigungsverhältnissen und ein höherer Spitzensteuersatz. Deshalb bin ich gegen eine GroKo." Der stellv. OV-Vorsitzende der SPD in Dellwig, Ulrich Schulte-Wieschen, sieht das ähnlich: "Wir haben ein starkes Gefälle von Arm und Reich. In dem Sondierungs-Papier sind mir zu wenig soziale Aspekte. Das geht noch in die Richtung: Weiter so! Deshalb kann ich nicht für eine große Koalition stimmen."

Autor:

Detlef Leweux aus Essen-Steele

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