Genuss und Geschichte am Niederrhein

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Bei einer Flusskreuzfahrt nach Belgien und in die Niederlande entdecken Reisende an den Ufern des Niederrheins und der Kanäle Städte mit reicher Geschichte, moderne Metropolen und idyllische Ortschaften. An Bord der luxuriösen Schiffe kann man den Alltag hinter sich lassen, die Seele baumeln lassen und entspannende Langsamkeit genießen. In einer Woche legen die Schiffe 1.100 km zurück, durchqueren 27 Schleusen und ermöglichen es den Gästen ganz ohne Mühe bei einem Urlaub die unterschiedlichsten Orte zu erleben.

Die Reise beginnt in Düsseldorf. Zur Einschiffung liegt das Schiff wenige Minuten von der Stadtmitte entfernt am Rheinufer. Mit Blick auf den Landtag und die Rheinbrücken verbringen viele Gäste die erste Zeit an Bord auf dem großen Sonnendeck. Andere haben nur ihr Gepäck abgegeben und nutzen die Zeit bis zum Ablegen am frühen Abend für einen Bummel durch die als „längste Theke der Welt“ bekannte Altstadt. Auf einem Quadratkilometer gibt es dort mehr als 260 Bars, Kneipen und Brauhäuser, in denen obergärig gebrautes Altbier serviert wird. Kulturliebhaber besichtigen die Museen der für Mode und avantgardistische Kunst bekannten Landeshauptstadt. Bekannteste Straße der Geburtsstadt Heinrich Heines ist der von Kastanien gesäumte Luxusboulevard Königsallee. Am Abend sind alle Gäste wieder an Bord und freuen sich auf die erste Etappe der Reise. Entspannt kann man die Landschaft vorbeiziehen sehen und im Bordrestaurant ein delikates Menü genießen. Wer mag, verbringt den Abend danach an der Bar der Panorama-Lounge oder geht an Deck.

Stadtrundfahrten, geführte Rundgänge und Ausflüge in andere Städte bereichern die Reise um wertvolle Eindrücke. Im Vergleich zu Hochseekreuzfahrten sind die Ausflüge günstig. Da die meisten Häfen nah an den Innenstädten liegen, kann man oft auch eigenständig an Land gehen und die Sehenswürdigkeiten entdecken. Das 135 Meter lange und gut 11 Meter breite Schiff TC Bellevue liegt ruhig im Wasser. 97 Außenkabinen bieten Platz für knapp 200 Reisende. Ist das Flussufer in der ersten Zeit noch gesäumt von Fabriken, Häfen und Industriebrachen, sind schon bald Auen, Wiesen und Wälder zu sehen. Am nächsten Morgen hat das Schiff nach 211 km den Hafen von Venlo erreicht. Die bekannte Einkaufsstadt war schon zur Zeit der Römer besiedelt. Davon zeugen römische Brunnen, Münzen und Mauerreste, die bei Ausgrabungen gefunden wurden. Besichtigen kann man das Renaissance-Rathaus und verschiedene Kirchen. Jugendstilbauten und das Museum für moderne Kunst begeistern Kulturliebhaber. Vom Liegeplatz im Stadtzentrum erreicht man die Sehenswürdigkeiten in wenigen Minuten zu Fuß.

Von Venlo aus bieten viele Reedereien Ausflüge in die rund eine Stunde entfernte Stadt Maastricht an. Bis zum 19. Jahrhundert war die Stadt von einer Befestigungsanlage umschlossen, sodass auch heute Reste der Stadtmauer und Wehrtürme für ein imposantes Stadtbild sorgen. Ein Rundgang auf der Stadtmauer bietet ungewöhnliche Perspektiven und führt vorbei an grünen Oasen. Kirchen, Klöster und Wohnhäuser zeugen von der Geschichte der Stadt. Der Zauber enger Gassen lädt ein zu verweilen und die niederländische Küche kennenzulernen. Serviert wird unter anderem das frühere Nationalgericht Stamppot aus gestampften Kartoffeln und Gemüse.

Bis zum 7. Oktober ist die nur alle zehn Jahre stattfindende Welt-Gartenbau-Ausstellung Floriade einen Besuch wert. Königin Beatrix eröffnete die Ausstellung zu den Themen Gartenbau, Ernährung und Nachhaltigkeit im Frühjahr. Auf einem Gelände mit der Größe von einhundert Fußballfeldern können Besucher wunderschöne Gärten betrachten und Ausstellungspavillons besuchen. Auf dem Gelände gibt es neben den für die Floriade angelegten Elementen 5.000 Jahre alte Hügelgräber und mittelalterliche Wälle, die in die Ausstellung einbezogen sind. Trotz großem Besucherinteresses bleibt auf dem weitläufigen Gelände Platz für Momente der Ruhe. So hat der Künstler Will Beckers unter dem Titel „The Willowman“ Baumhütten, Kuppeln und Kunstwerke aus natürlichen Materialien angelegt.

Am Abend wird es Zeit Venlo wieder zu verlassen. Das Schiff lichtet die Anker und nimmt über den Prinz-Albert-Kanal Kurs auf das 194 km entfernte Antwerpen. Die belgische Diamantenmetropole beheimatet den drittgrößten Hafen Europas. Das Rathaus der Stadt gilt als Meisterwerk der flämischen Renaissance und ist genauso einen Besuch wert wie der Grote Markt und die Liebfrauenkathedrale. Vom Liegeplatz Kattendijkdok erreicht man die Innenstadt mit prachtvollen Zunfthäusern und moderner Architektur in wenigen Minuten. Der alte Hauptbahnhof gilt aufgrund der Bauweise als Eisenbahnkathedrale. Das Diamantenmuseum ist genauso sehenswert wie das Schiffsmuseum in einer alten Burg. Selbst in der gehobenen Gastronomie isst man hier als Beilage zweimal frittierte Pommes frites. Ein Geheimtipp für ruhige Stunden sind die Wandelterrassen mit Blick auf den Fluss Schelde.

Von Antwerpen aus sind es 100 km nach Gent. Die Hauptstadt der Provinz Ostflandern ist sehenswert aber oft nur Ausgangspunkt für einen Tagesausflug nach Brügge. Die Stadt Brügge hat ihre mittelalterlichen Strukturen zum Großteil erhalten und zählt daher zu den schönsten Städten der Welt. Kanäle, Pferdekutschen und Baukunst aus dem 17. Jahrhundert sorgen für eine besondere Atmosphäre. Schon im Jahre 1320 wurde in Brügge ein Beginenhof als Rückzugsort für begüterte Frauen eingerichtet. Er kann genauso besichtigt werden wie die Liebfrauenkirche mit Kunstwerken von Michelangelo und die Heilig-Blut-Kathedrale. Jährlich besuchen mehr als vier Millionen Touristen die Altstadt von Brügge. Bekannt ist die nur vier Meter über dem Meeresspiegel gelegene Stadt auch für ihre Pralinen. Chocolatiers bereiten nach alten und neuen Rezepten süße Köstlichkeiten zu, die weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sind.

Wer in Gent bleibt, hat vom Schiff aus einen weiten Fußmarsch oder eine Taxifahrt vor sich. Im Gegensatz zu den meisten anderen Städten liegt der Hafen außerhalb des Stadtzentrums. Trotzdem lohnt sich der Weg, denn im Zentrum der im Mittelalter aufgrund der Textilindustrie einflussreichen Stadt gibt es viel zu sehen. Neben dem Belfried , einem schlanken Glockenturm am zentralen Platz, sind die romanische Grafenburg und die gotische Kirche am Korenmarkt einen Besuch wert. In der Kathedrale kann man den von Jan van Eyck gestalteten Genter Altar besichtigen. Über die mit der Nordsee verbundene Westerschelde geht die Reise weiter nach Amsterdam. Vorbei an Windmühlen, Windrädern und Bojen legt das Schiff die 233 km lange Strecke bis zur Hauptstadt der Niederlande zurück.

Mit 1,1 Millionen Einwohnern ist Amsterdam eine pulsierende Großstadt. Aufgrund der vielen Kanäle und der historischen Bebauung hat die Stadt sich dennoch einen besonderen Charme bewahrt. Mit 51 Museen und zahlreichen anderen Attraktionen bietet Amsterdam für jeden Geschmack genau das Richtige. Wer zunächst einen Überblick gewinnen möchte, erkundet die Stadt am besten vom Wasser aus. Was in anderen Städten Busse möglich machen, gelingt in Amsterdam am besten per Schiff. Mit dem Canalbus kann man staufrei und schnell durch die Stadt fahren und an den schönsten Orten aussteigen. Noch flexibler ist man mit dem „Canal Bike“ genannten Tretboot. Rund 100 der für bis zu vier Personen geeigneten Boote sind auf Grachten und Kanälen unterwegs. Mit Muskelkraft gelangt man im eigenen Tempo durch die Stadt. Dabei erkundet man das zum Unesco-Weltkulturerbe gehörende Grachtenviertel. Ein Stadtplan erklärt welche besonderen Gebäude das Ufer säumen und gibt Tipps, wo sich das Fotografieren lohnt. Sehen kann man nicht nur das schmalste Haus der Stadt, das nur so breit wie die Haustür ist, sondern auch das Rijksmuseum oder das „Anne Frank Haus“ in der Prinsengracht, in dem das Mädchen während des 2. Weltkriegs sein weltberühmtes Tagebuch verfasste. Während der Fahrt kommt man immer wieder an einigen der in der Stadt vor Anker liegenden 2.500 Hausboote vorbei. Wer das Leben auf einem solchen Schiff kennenlernen möchte, hat im Hausbootmuseum in der Prinsengracht Gelegenheit dazu. Eine besonders schöne Zeit für eine Grachtenrundfahrt ist die Nacht. Nach Sonnenuntergang beginnen Cocktail- und Candlelight-Fahrten. In rund zwei Stunden fahren die Ausflugsschiffe durch die beleuchtete Stadt. Sie passieren große und kleine Grachten. Während die Gäste an Bord Cocktails und Snacks genießen, erklären mehrsprachige Kommentare die Stadt und ihre Besonderheiten. Zu denen gehören nicht nur die vielen Kontorgebäude, sondern auch der auf drei künstlichen Inseln erbaute Hauptbahnhof und die acht Windmühlen vor den Toren der Stadt. Den Liegeplatz in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs verlässt das Kreuzfahrtschiff erst bei Sonnenaufgang, sodass Nachtschwärmer die zahlreichen Bars besuchen können.

Nur 50 km entfernt liegt das beschauliche Städtchen Hoorn. Das auf einer Landzunge im Ijsselmeer gelegene Zentrum des Wassertourismus lädt ein zu einem Spaziergang durch den Yachthafen und die beschaulichen Gassen. Sehenswert sind die drei Kirchen und die Stadtwaage von 1609. Berühmtester Sohn der Stadt ist Willem Schouten, der 1616 die Südspitze Amerikas umsegelte und ihr nach seiner Heimatstadt den Namen „Kap Hoorn“ gab. Nach einem halben Tag geht die Reise für die Passagiere der Flusskreuzfahrt weiter. Zwei Stunden später erreichen sie Volendam. Anfang des 20. Jahrhunderts zog das einstige Fischerdorf zunehmend Künstler aber auch Touristen an, die von dem malerischen Dorf fasziniert waren. Heute ist das Städtchen ganz auf Touristen eingestellt, sodass auf der Hauptpromenade kaum noch ein leeres Fleckchen zu finden ist. Schön wird Volendam, wenn man den Trubel verlässt und die kleinen Wohnviertel und Gassen entdeckt. Traditionelle niederländische Handwerkskunst zeigt die Käserei und Holzschuhmacherei „De Simonehoeve“. Die Inhaber zeigen wie Holzschuhe geschnitzt werden und bieten Kostproben von ihrem Käse an.

Über Nacht fährt das Schiff weiter nach Nimwegen. Kurz vor Ende der Reise kann man hier ein letztes Mal „Goedemorgen“ sagen. Die älteste Stadt der Niederlande verbindet historische Gebäude und moderne Architektur. So kombiniert man Vergangenheit und Zukunft. Oberhalb der Anlegestelle liegen kleine Parks, von denen aus man über das Flusstal blicken kann. Eine Kapelle als Rest der karolingischen Pfalz erreicht man über einen verschlungenen Waldweg in wenigen Minuten. Ein gemauertes Labyrinth am Ufer, vielseitige Springbrunnen und eine gut sortierte Einkaufsstraße sorgen dafür, dass in Nimwegen keine Langeweile aufkommt. Während die einen einer gut ausgeschilderten Route folgen, die die Rolle der Stadt im Zweiten Weltkrieg dokumentiert, ziehen sich andere Gäste in den schönen Kronenburger-Park zurück, in dem auch die Einwohner der Stadt ruhige Momente genießen.
Nach einem abwechslungsreichen Tag in Nimwegen überquert das Schiff die deutsch-niederländische Grenze und macht sich auf den 137 km langen Weg zurück nach Düsseldorf. Nach dem Frühstück heißt es Abschied nehmen von TC Bellevue. Wer Zeit hat, bringt das Gepäck ins Schließfach und macht noch einen Bummel durch die erwachende Großstadt. Von Bänken auf der Uferterrasse folgt der Blick den vorbeiziehenden Schiffen. Im Gepäck hat man die Erinnerungen an interessante Städte und zwei Nachbarländer, die man schon bald wieder besuchen möchte.

Autor:

Christian Kolb aus Essen-Steele

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