Bücherkompass - Rezension: Roland Bleimaier „Der Detektiv – Als Beschatter im Einsatz“

Foto: Droemer-Knaur

Verlag: Knaur Taschenbuch

Ein Mensch, der einen Beruf Jahre lang ausübt wird auch immer wieder mal die ein oder andere Anekdote zu erzählen haben über besonders kuriose, gefährliche oder spannende Erlebnisse. Einige davon lassen sich gut im Familien- oder Freundeskreis am Stammtisch erzählen, andere wiederum werden vielleicht nur kurz in einer aufgeräumten Ecke des Bewusstseins als Erfahrung verbucht und sind kaum erwähnenswert. Es wäre zu mühsam zu ermitteln, wann es damit angefangen hat, aber in letzter Zeit füllen immer mehr Bücher die Regale der Buchhandlungen, in denen hauptberuflich anderweitig Beschäftigte sich als Autor versuchen und ihre Erlebnisse aus der Dienstzeit vor einer möglichst breiten Leserschafft ausbreiten wollen. Nicht jeder Beruf weckt aber gleichermaßen das Interesse der Außenstehenden. Eine erhöhte Präsenz in den Medien fanden zuletzt z.B. die Werke von Rettungssanitätern, Feuerwehrmännern oder Kriminalbiologen. Mit ähnlicher Beachtung ist bei dem Buch von Roland Bleimaier zu rechnen.

Roland Bleimaier ist Detektiv. Zugegeben, ein Beruf den man nicht mehr zwingend als ungewöhnlich bezeichnen muss, mit dem aber unvermeidlich die klassischen Klischees assoziiert werden, die der Leser sonst nur aus Kriminalromanen kennt. Also erhofft man sich von dem Buch einen Einblick zu bekommen, in wie fern das, was aus den fiktiven Geschichten bekannt ist, in der Realität auch stattfindet. Bleimaier kommt den Erwartungen nach, ohne unnötig aufgeblähte Spannungsbögen oder unsachliche Übertreibungen.

Im Prolog schildert der Autor, wie er vom gelernten Feinmechaniker zum Detektiven wurde. Der Weg führte über eine private Firma, bei der er sich als Objektschützer bewarb. Eine schicksalhafte Fügung war es, dass es sich bei den zu schützenden Objekten um zwei geheime Stützpunkte der NATO handelte und er deshalb einer sehr intensiven und herausfordernden Ausbildung von Mitarbeitern des MAD und der GSG9 unterzogen wurde. Auch Begegnungen mit CIA, FBI und Delta Force blieben nicht aus. Wer sich jetzt aber in einem spannenden Agentenkrimi wähnt, hat zum falschen Buch gegriffen. Bleimaier hebt klar hervor, dass dieser Job lediglich eine vorteilhafte Grundlage für seine Zeit als selbstständiger Detektiv war. Zur Sicherung des Grundeinkommens bleibt es auch für jemanden mit seinen Fachkenntnissen nicht aus, einen großen Teil der Arbeitszeit als Kaufhausdetektiv zu verbringen. Aber auch aus dieser Tätigkeit gibt es Lesenswertes zu berichten. Interessant, wenn auch nicht ganz neu, sind die mannigfachen Tricks der Ladendiebe und wie diese vom Autor frühzeitig entlarvt werden. Genauso wie das unterschiedliche Verhalten der Langfinger, wenn sie ertappt und verhört werden.

Natürlich kommen in dem Buch auch die Einzelaufträge als Privatermittler nicht zu kurz. Sie decken die gesamte Bandbreite ab vom Beschatten vermeintlich untreuer Partner, der Suche nach Vermissten, der Überführung von Mitarbeitern, die in organisierten Strukturen systematisch den Arbeitgeber bestehlen bis hin zu investigativen Untersuchungen in der Privatwirtschaft. Im letzten Kapitel finden schließlich auch Mord und Totschlag Erwähnung. Auch hier benutzt der Autor seine Erlebnisse nicht zum Aufbau einer künstlichen Dramatik, sondern erläutert durchgehend sachlich, die Gefahren, die ein Beruf, bei dem man regelmäßig Umgang mit gesetzesabtrünnigem Klientel hat, zweifelsohne mit sich bringt.

Das Buch wäre an sich auch nicht empfehlenswerter als die Erzählungen einer Supermarktkassiererin, eines Fensterputzers oder eines Bäckers, wenn die genannten die besten Geschichten aus ihrem Berufsleben in ähnlicher Form zu Papier brächten. Schließlich sind Autobiographien schon lange nicht mehr ausschließlich berühmten Sportlern, Schauspielern oder Sängern vorbehalten. Wobei eine Vielzahl dieser Prominenten in der Regel ohne einen Mitschreiber kaum drei zusammenhängende Sätze hintereinander gestellt bekäme – und meist bestehen deren Werke auch dann nur aus einer Aneinanderreihung von abgegriffenen Bild-Überschriften ergänzt durch die ein oder andere Lästerei über die jeweiligen medienbekannten Widersacher.

Was „Der Detektiv“ von den üblichen Alltagserzählungen eines unprominenten Arbeitnehmers hervorhebt und zu einer unterhaltsamen Lektüre macht, ist vor allem der sprachlich angenehme Schreibstil, der es schafft sachlich die realen Abläufe einer Ermittlung zu schildern. Das ein oder andere Klischee mag sich dabei bestätigen, die Illusionen einer Philip-Marlowe-Romantik werden dabei jedoch gar nicht erst heraufbeschworen. So ist das Buch eine gute Wahl für Leser, die sich fern aller Fiktion dafür interessieren, wie die Arbeit eines Detektivs abläuft. Krimifans werden dabei genauso auf ihre Kosten kommen, wenn Sie sich von der Erwartung einer spannenden, zusammenhängenden Story befreien können und Spass daran haben in einem kurzweiligen Sachbuch zu schmökern.

Autor:

Sebastian Cappellacci aus Essen-Süd

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