"Wir wollen eine Marke werden": Am Viktoria-Gymnasium engagieren sich Schüler und Lehrer gemeinsam

Ein Transparent zeigt an, dass sich Schüler und Lehrer für den Erhalt des Gymnasiums und seine Attraktivität einsetzen.
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  • hochgeladen von Sabine Pfeffer

Dass Schüler sich darum drängen, Engagement für ihre Schule zu ergreifen, ist nicht der Normalfall. Am Viktoria-Gymnasium aber ist das Engagement ungebrochen, seit Ende April der Kampf um den Fortbestand aufgenommen wurde. "Viktoriaschule soll bleiben" schrieben Schüler nicht nur auf ein Transparent an der Fassade, sondern erklärten Politikern, warum sie sich dafür engagieren. Mit Erfolg.

Das Problem wurde akut, als die Diskussion begann, wo in Essen eine weitere Gesamtschule angesiedelt werden soll. Irgendwo im Süden und warum nicht an der Kurfürstenstraße, wo die Anmeldezahlen des Viktoria-Gymnasiums seit Jahren vor sich hin dümpeln und die Hauptschule an der Wächtlerstraße quasi nebenan liegt - 'nur' durch die A40 getrennt. So die Idee aus Stadtverwaltung und Politik.
Das wollten die Schüler nicht akzeptieren. Sie luden Mitglieder aus Rat und Bezirksvertretung ein, um ihnen zu erklären, warum sie die Umwandlung in eine Gesamtschule ablehnen und dass die Anmeldezahlen nur auf den ersten Blick gering sind. "Das war kein Politikunterricht, sondern Politik zum Anfassen", bilanziert SoWi-Lehrerin Lina Borchers die Diskussionen.

Gesamtschulstandort ist vom Tisch

"Das Ergebnis war produktiver als wir erwartet haben", stellen Schüler mit gewisser Verwunderung fest. Besonders fix waren die Sozialdemokraten. Schon einen Tag nach dem Termin mit Viktoria-Vertretern versandten sie eine Pressemitteilung, wonach der Standort für eine Gesamtschule ungeeignet sei. Ähnliches verlautete aus der CDU. Konträr dagegen verlief die Debatte mit den Grünen, die an dem Umwandlungsplan festhalten möchten. Obwohl das nicht dem Schülerwunsch entspricht, gibt es Anerkennung: "So sollte eine Diskussion ablaufen", kommentiert Jan Olmes.

Anmeldezahlen sind nur für die Unterstufe schlecht, für die Oberstufe gut

Obwohl der Gesamtschulplan für die Kurfürstenstraße offenbar vom Tisch ist, bleibt das Problem der niedrigen Anmeldezahlen. Jedoch: "Die sind zwar für die Unterstufe schlecht, für die Oberstufe dagegen gut", sagt Schulleiter Klaus Wilting. Wenn es also um einen Wechsel von der Realschule zum Gymnasium geht, hat die 'Viktoria' bei vielen Eltern gute Karten.
Und warum hat sie bei ihren Schülern so gute Karten, dass die sich für den Erhalt als Gymnasium einsetzen? "Diese Schule wertet den Stadtteil auf", lautet ein Argument, das mit Blick auf das eher schwierige Umfeld genannt wird. "Es wird kulturell - im theaterpädagogischen Schwerpunkt - viel geboten", ist ein weiteres. "Wir sind eine von nur fünf NRW-Schulen, die zum Landesschülertheatertreffen eingeladen worden sind. Der Theaterkurs kann bei uns sogar auch in der Q2 als Abiturkurs belegt werden", erläutert Sascha Kirdan. Freiarbeit für die 5./6. Klasse habe man ebenso zu bieten wie als Pilotschule das Fach Spanisch ab der 6, ergänzt Wilting.
Der Schulleiter und viele andere wissen zu schätzen, dass das Gymnasium mit nur 600 Schülern ein vergleichsweise familiärer Betrieb ist: "Nicht so anonym". Die Schülerin Anna Kolesnikow nennt ein praktisches Beispiel: "In der 7. Klasse gibt es jemanden mit Rechtschreibschwäche. Die Lehrer gehen wirklich auf ihn ein und helfen ihm."

Integration wird schon lange gepflegt

Integration wiederum ist ein Wort, dass man am Viktoria-Gymnasium nicht erst lernen muss. "Bei uns sind viele Nationen", sagt Schülersprecherin Amira El-Jarbi, "aber sie bilden keine Gruppen, die für sich bleiben, wie an manchen großen Schulen." Schnelle Integration funktioniere auch mit den Einsteigerklassen, wo Schüler erst einmal Deutsch lernen müssen.
Nachdem man in Sachen Gesamtschule durchatmen kann, geht es allen nun darum, Werbung für das Viktoria-Gymnasium zu machen, damit mehr Eltern ihre Kinder anmelden. Nicht ganz einfach angesichts der Schulvielfalt in der Umgebung. "Wir wollen unser Profil stärker entwickeln, eine Marke werden", sagt Klaus Wilting. Einen Arbeitstitel gibt es schon dafür: "Weltoffenheit". Und die große Zuversicht: "Viktoria wird bleiben!"

Autor:

Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig

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