Bezirkliches Bürgerbegehren „Pro-Von“ für die alten Militaristen Hans von Seeckt und Karl von Einem

Ab November diesen Jahres könnten dort wieder wie bis 1937 die Mädchennamen Ortrud und Irmgard den Autos und Fußgängern die Richtung angeben. Hat das Bürgerbegehren Erfolg, weisen auch in den nächsten Jahren die Generäle den Weg.
  • Ab November diesen Jahres könnten dort wieder wie bis 1937 die Mädchennamen Ortrud und Irmgard den Autos und Fußgängern die Richtung angeben. Hat das Bürgerbegehren Erfolg, weisen auch in den nächsten Jahren die Generäle den Weg.
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Schön dass Rüttenscheider BürgerInnen mit den neuen, durch die Rot-Grüne Landesregierung gesenkten Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide ihre demokratischen Rechte leicht in Anspruch nehmen können.
Auch dass die örtliche stellvertretende CDU-Bezirksbürgermeisterin Annemarie von Münchhausen oder der FDP-Bezirksvertreter Helmut Dinter hoffen, nach ihrer Abstimmungsniederlage in der Bezirksvertretung II durch ihre Unterstützung des Bürgerbegehrens die beiden Generäle doch im örtlichen Schilderwald überleben zu lassen, ist völlig legitim.

Es mag viele Menschen geben, für die erscheint blaues Blut auf dem Straßenschild heute immer noch edler, als es Personen sein können, die hinter ihren Vornamen Irmgard oder Ortrud eben kein „Von“ setzen können.
Für die Essener Geschichtskultur und die Außenwirkung bei internationalen Gästen der Stadt ist aber erschütternd, dass sich diese BürgerInnen ausgerechnet für die Ehrung der hochrangigen Nazi-freundlichen Generäle Karl von Einem und Hans von Seeckt einsetzen. Beide hatten beim Umwandeln der nach dem verlorenen 1. Weltkrieg auf 100000 Mann begrenzten Reichswehr in die auf Adolf Hitler vereidigte, wieder Angriffs bereite Wehrmacht mit ihrem Wirken und Vorarbeiten Deutschland tatkräftig in das Verderben des Zweiten Weltkrieg gestürzt.

Sehr wohl politische Verbrecher!

Deshalb trifft bei genauerem Hinsehen die These des WAZ-Lokalchefs Frank Stenglein nicht zu, dass diese Generäle „keine politischen Verbrecher“ gewesen seien. Schauen wir zuerst auf den 1934 in Mülheim verstorbenen ehemaligen preußischen Kriegsminister und expliziten Schwulenhasser Karl von-Einem. Der frühere gute Freund von Kaiser Wilhelm II. hatte in den Jahren vor der NS-Machtergreifung u.a. mit der Harzburger Front für ein Bündnis rechtskonservativer Kreise und Parteien mit den vorher eher skeptisch als zu proletarisch beurteilten Nationalsozialisten gesorgt.
Von Einem war eben nicht nur ein befähigter Kriegshandwerker, sondern ein politischer Kopf, der glaubte mit den Nationalsozialisten könnten mit 20 Jahren Verspätung vielleicht doch noch die deutschen Eroberungskriegsziele der Jahre 1914 – 18 erfüllt werden.
Erst recht hatte der im Dezember 1936 verstorbene Hans von Seeckt als Chef des Heeres dafür gesorgt, dass auch in der Weimarer Republik, die Armee wie zu Kaisers Zeiten ein Staat im Staate blieb, den weder das Parlament noch ein Reichskanzler tatsächlich kontrollieren konnte. Bereits 1920 hatte er die deutsche Reichsregierung militärisch schutzlos den Putschisten der Freikorps um Kapp und Lüttwitz überlassen.

Dreissiger Jahre - Die Öffentlichkeit militarisieren

Während nach 1933 die Vierjahrespläne zur Wiederaufrüstung des Deutschen Reiches anliefen, sollte auch die Öffentlichkeit weiter sichtbar militarisiert werden. In Essen hatte natürlich die Firma Krupp mit den langer langer Flaute wieder kräftig anlaufenden Rüstungsproduktionen und besseren Beschäftigtenzahlen ihren Vorteil davon.
Ein Mosaikstein, der bereits in den ersten Jahren der NS-Herrschaft wieder angekurbelten Aufrüstung war auch eine geistige Militarisierung der Öffentlichkeit. Seit 1933 wurde die Umbenennung vorher friedlicher Straßennamen nach Generälen, Kampffliegern, Admirälen, NS-Kämpfern und Kolonialhelden mit Lust betrieben.
Aber 67 Jahre nach Ende der Hitler-Diktatur müssten wir derartige Restbestände doch endlich einmal wegräumen können. Mit Straßennamen an falsche Helden zu erinnern, kann kein richtiger Weg sein, dafür gibt es Gedenk- und Mahnsteine oder auch das Essener Haus der Geschichte ( wenn auch mit zu geringen Öffnungszeiten).

Es reicht doch, wenn uns regelmäßig Blindgänger-Bombenfunde aus dem 2. Weltkrieg an die Ergebnisse dieser Eroberungspolitik der deutschen Generalität erinnern. Diese Ehrungen aus braunen Diktaturjahren müssen endlich ein Ende haben! Deshalb kann hier nur dazu aufgerufen werden, aktiv das Aufrechterhalten des gültigen Mehrheitsbeschlusses von SPD, Grünen und der Linken in der Bezirksvertretung II zu unterstützen. Für „Ortrud“ und „Irmgard“ statt waffenstarrender Generäle.

Walter Wandtke

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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