Warum pokert STEAG um „Ost“Braunkohle

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Aufmacher in der Tageszeitung (WAZ/NRZ) „Braunkohle: Steag bietet für Vattenfall im Osten“ Der Essener Stromkonzern gibt in einem Konsortium mit dem australischen Investor Macquarie ein Angebot ab, neben tschechischen Energiekonzernen und auch die „Grünen“. Die Gründe könnten unterschiedlicher nicht sein.

Die unsichere Zukunft der Braunkohle wird nur scheinbar zum schwer kalkulierbaren Wagnis für die Konzerne. Es wird gepokert. Noch sind die notwendigen Stromspeicher und ein geordnetes Strommanagement nicht in Sicht. Hintergründe werden nicht aufgearbeitet.

In der Tagespresse war bisher nicht zu lesen, dass der Bundesrat am 18. Dezember 2015 der Regelung des Vorrangs der Erdverkabelung beim Netzausbau zugestimmt hat, wie durch die Bundesregierung am 1.7.2015 festgelegt wurde. Damit erhält Seehofer, als Gegner der Energiewende, für Bayern zur Ausstiegserleichterung aus der Kernkraft die gleichen Bedingungen, wie sie Bundeswirtschaftsminister Gabriel in seinem Wahlkreis vereinbart hat. Weitergehend das Gutachten für die FREIEN WÄHLER in Bayern.

Bisher ist allgemein ein Netzausbau in zwei Hauptrichtungen bekannt:

Es sind zwei Gleichstrom-Höchstspannungsleitungen (HGÜ) geplant (vgl. die folgende Abbildung):
• SuedLink (von Raum Hamburg über KKW Grafenrheinfeld in den Raum Stuttgart),
• SuedostLink (von Raum Mecklenburg/Brandenburg zum KKW Gundremmingen).

Betrachtet man die Abbildung, zeigt sich der Bereich der Ostbraunkohle als ein weißes ungeplantes Gebiet. Keine übergeordnete Stromtrasse ist vorhanden. Trotzdem bietet Steag beim Verkauf mit.

Welche Grundüberlegungen sind ausschlaggebend:

Nach Stilllegung der Kernkraftwerke und vieler älterer Kohlekraftwerke könnte sich mittelfristig ein Stromdefizit bei Starkwind und damit einhergehenden Abschaltung der Rotoren ergeben, eine sogenannte Dunkelflaute. Bei sehr niedriger erneuerbarer Stromeinspeisung würden dann die noch verbliebenen konventionellen Kraftwerke nicht mehr zur Versorgung Deutschlands ausreichen. Zusätzliche Stromleitungen aus den Windreichen Gebieten im Norden in den Süden würden daran nichts ändern. Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit muss deshalb schrittweise ein Mix aus Neubau von Reservekraftwerken, Speicherung und Nachfragemanagement umgesetzt werden.

Brisant wird die Frage bei Windflaute, d.h. fehlender Stromerzeugung in Deutschland, wenn nach Abschaltung der Kernkraftwerke bis 2023 und einer Reduzierung der am Markt befindlichen Kohle- und Gaskraftwerke wird dann irgendwann in der Zukunft der kritische, netzdimensionierende Fall nicht mehr, wie derzeit, ein erwarteter Stromüberschuss bei Starklast/Starkwind sein, sondern ein erwartetes Stromdefizit bei Starklast/Dunkelflaute. Laut Netzentwicklungsplan 2024 sollen ost- und westdeutsche Braunkohlekraftwerke als Ersatz für süddeutsche Kernkraftwerke dienen. Dafür sind starke neue Übertragungsleitungen zu den süddeutschen Kernkraftwerksstandorten geplant: Eine einfache und sichere Lösung, die aber die Energiewende konterkariert. Dazu kommt: Die Abdeckung eines erneuerbaren Stromdefizits durch ein europaweites Super-Stromnetz wäre mit enormen Kosten verbunden, wie DESERTEC gezeigt hat, und es sind geringe Auslastungen zu erwarten.

Die Energieleitungen werden von jedem Bundesland eigenständig geplant. Von einer europäischen Energieplanung ist nichts zu erkennen. Es ist weitsichtig sich die Möglichkeit preiswerte Energiereserven zu sichern und zu erhalten. Bei noch fehlender Stromspeicherung und geordnetem Strommanagement, könnte die Prokon eG als größte Energiegenossenschaft der Republik Zeichen setzen, seit Jahren bietet sie gleichbleibende Strompreise.

In der derzeitigen Planung wird davon ausgegangen, dass zusätzliche Stromnachfrage in Süddeutschland zuerst durch Kohlekraftwerke abgedeckt wird, auch wenn sie in Norddeutschland stehen und in Süddeutschland Gaskraftwerke verfügbar wären. Marktwirtschaft heißt, dass derjenige einspeisen darf, der für den Stromverbraucher Strom zu geringsten Kosten anbieten kann. Dies wäre der Strom aus Braunkohle. Dies rechnet sich noch besser, solange die Marktwirtschaft bei den Übertragungsnetzen nicht gilt und nicht der Kostenverursacher sondern der Endverbraucher die Kosten trägt. Noch hat die Kohlelobby mehr Gehör als die Erzeuger der regenerativen Energie, zu schweigen vom Bürger als Verbraucher, der die Mehrkosten auch der Industrie trägt.

Auch wenn ein Umdenken durch die Weltklimakonferenz möglich erscheint, hat sich die Steag, in der Hoffnung TTIP wird unterzeichnet, durch die Kooperation mit den Australiern abgesichert und der entgangene Gewinn kann über ein Schiedsgericht eingefordert werden. Die STEAG hat ein gutes Blatt, solange die notwendige europäische Energieplanung ausbleibt.

Autor:

Siegfried Räbiger aus Oberhausen

Webseite von Siegfried Räbiger
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