"In Essen habe ich Wärme eingeatmet" - Schauspielerin Iris Berben im LK-Interview

Schauspielerin Iris Berben liest bei der lit.Ruhr Texte zur Ehe. Foto: gens/Archiv
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Ein Leben ohne Bücher? Für Schauspielerin Iris Berben unvorstellbar. Die begeisterte Leserin liest auch gerne vor. Als Vorleserin eröffnet sie mit Christoph Maria Herbst und anderen am 4. Oktober die erste lit.Ruhr in der Essener Philharmonie. Im Lokalkompass-Interview spricht sie vorab über ihre Liebe zu Büchern, ihre Beziehung zu Essen und ihre Einstellung zur Ehe.

Frau Berben, Sie sind Stammgast bei der lit.Cologne, der „Mutter“ der lit.Ruhr. Was reizt Sie daran?

Iris Berben: Ich bin schon im Kindesalter auf gesündeste Weise zum Lesen geführt worden. Meine Mutter hatte immer ein Buch in der Hand. Ich lese aber auch deshalb extrem viel, weil ich Figuren und Stoffe suche. Lesen ist die Möglichkeit, immer wieder in total andere Lebensformen oder Welten, Fragen oder Verstörungen einzutreten und sich darauf einzulassen. Ich bin auch ein haptischer Mensch, ich mag Bücher im Regal und habe viele Bücher um mich herum. Es werden immer mehr. Das gehört zu meinem sehr intimen Kreis von Leben. Anderen ein bisschen von der eigenen Leidenschaft zu vermitteln, dafür ist die lit.Cologne eine besondere Möglichkeit. Darum bin ich von Anfang an ein begeisterter Mitmacher.

Plattform für Austausch

Wie viele Bücher besitzen Sie?

Iris Berben: Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe noch nie gezählt. Sie sind einfach bei mir, es kommen immer wieder neue dazu, manche Gäste nehmen welche mit, das ist so ein Austausch. Das mag ich. Es werden aber immer mehr.

Sie lesen bei der Eröffnungsgala in Essen. Was erwarten Sie von der lit.Ruhr?

Iris Berben: Dass man Menschen begeistert für Bücher, dass man eine Plattform für den Austausch findet. Ich hoffe, dass sie auch Menschen anderer Nationalitäten anspricht und einbezieht, die im Ruhrgebiet leben. Es gibt einige mehrsprachige Veranstaltungen, die das möglich machen. Und ein Drittel der Autoren kommen aus dem Ausland.
Es wäre auch schön, wenn die lit.Ruhr nicht nur ein Ableger der lit.Cologne wird, sondern gleichberechtigt. Dass sie angenommen wird. Das ist in Köln wirklich ein Phänomen, mit welchem Enthusiasmus die Leute dort mitgehen. Und es gibt dort wunderbare Orte, an denen gelesen wird. Ich hoffe, dass das in Essen auch funktioniert. Manche der Orte kenne ich, meine Familie kommt ja aus Essen.

Es gibt ja gewisse Mentalitätsunterschiede zwischen Rheinländern und Ruhrgebietsmenschen. Wie würden Sie den „Ruhrie“ charakterisieren?

Iris Berben: Nichts ist schöner, als Klischees aufzubrechen. Das Wort Maloche kommt nicht von ungefähr. Das sind Menschen, die viel gearbeitet haben, die im Leben stehen. Ich habe lange in Hamburg und München gelebt, das kann man nicht vergleichen. Im Ruhrgebiet sind die bodenständigsten Menschen, sie sind verlässlich, es sind treue Menschen. Und sie sind offen. Wenn ich an familiäre Wärme denke, dann denke ich an die Weihnachtsfeste bei meinen Großeltern in Essen-Rüttenscheid. Da waren nur zweieinhalb Zimmer, aber ungefähr 15 Leute darin. Alles, was ich an Wärme kenne, habe ich dort eingeatmet und von dort mitgenommen.

"Versuchen, Ehe-Versprechen zu halten" 


Bei der lit.Ruhr werden Sie zum Thema Ehe lesen…

Iris Berben unterbricht lachend, sagt: Ich bin 67 Jahre alt und immer noch nicht verheiratet.

Obwohl Sie durchaus langdauernde Beziehungen hatten. Wie ist Ihr Verhältnis zur Ehe?

Iris Berben: Mein Verhältnis zur Ehe ist geprägt von den späten Sechzigern, wo man das als das Spießigste überhaupt empfand. Wir wollten uns frei machen von Konventionen und unseren Eltern nicht folgen. Meine Mutter war zweimal verheiratet und zweimal geschieden und hat sich dann für ein Leben von absoluter Selbstbestimmung entschieden. In ihr habe ich ein emanzipatorisches Vorbild gehabt.
Ehe ist aber auch ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und ich finde es wichtig, dass Menschen, die eine Ehe eingehen, versuchen, das Versprechen zu halten. Wir leben in einer Zeit, in der es sowas wie „Ehe light“ gibt. Wenn es nicht läuft, dann lässt man sich eben scheiden. Ich finde, das ist die schlechteste Voraussetzung. Wenn man heiratet, sollte man überzeugt davon sein, dass man den Partner für sein Leben gefunden hat. Dass es Arbeit ist, diese Liebe zu erhalten, die sich ja auch verändert, das wissen wir alle. Dass es jetzt die Ehe für alle gibt, ist ein wichtiges politisches Statement und gut für Minderheiten. Ich nehme das Thema nicht leicht, habe aber eine andere Biografie.

Sie lesen bei der lit.Ruhr unter dem Titel „Bis dass der Tod uns scheidet“. Damit können Sie also durchaus etwas anfangen?

Iris Berben: Absolut. Ein Satz, der mir wirklich gefällt ist „In guten wie in schlechten Zeiten“. Wir leben heute alle in Möglichkeiten, Liebe und Gefühle über Bord zu werfen, weil es anfängt schwierig zu werden. Ich finde, die werden zu oft wahrgenommen. Gefühle, Freundschaften und Liebe sind etwas, was man pflegen muss, mit dem man behutsam umgehen muss, was man aushalten muss. Und nicht nur wegen der Konventionen.

Angekündigt sind „Perlen der Ehe-Literatur“. Haben Sie die Texte selbst ausgesucht oder sind das Vorschläge der Macher?

Iris Berben: Das funktioniert ganz unterschiedlich, ich habe durchaus schon eigene Vorschläge gemacht. In diesem Fall ist das anders, ich habe gerade vier Monate Drehzeit hinter mir und habe um Texte gebeten. Christoph Maria Herbst und ich sind sehr einverstanden gewesen mit der Auswahl.

Die Funke Mediengruppe (zu der auch der Lokalkompass gehört) ist Partner der lit.Ruhr. Tickets gibt es in allen Leserläden oder unter www.lit.ruhr.de

Autor:

Martin Dubois aus Essen-Süd

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