„Sie betreiben Schönfärberei!“ Heißes Eisen Asyl im Kutel – Sozialdezernent Peter Renzel stellte sich den erbosten Anwohnern

Computeranimierte Ansicht der neuen Einrichtung.
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  • Computeranimierte Ansicht der neuen Einrichtung.
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Fischlaken. Overhammshof. Der Veranstaltungsort ist schon speziell, es hat was von Richtfest. Bierzeltgarnituren, ein paar Stehtische. Kein Licht, keine Heizung. Durch die Fenster pfeift der Wind. Im verwaisten Milchhof Kutel stellt sich Sozialdezernent Peter Renzel den Anwohnern und seine Pläne vor.

Eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes für Asylbewerber. Ein 13.500 Quadratmeter großes Areal mit zehn Gebäuden für bis zu 800 „Bewohner“, einer Mensa, einem Spielhaus für Kinder, Frei- und Grünflächen, einem Bolzplatz, Fitnessräumen, Kiosk, Cafeteria, Sanitätsstation, Waschmaschinenräumen, Räumlichkeiten für eine zentrale Ausländerbehörde und einer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Die Gebäude werden in Modulbauweise errichtet, sind um einen zentralen „Dorfplatz mit Aufenthaltsqualität“ angeordnet.
Die Stadt schließt mit dem Land, dem Betreiber dieser Einrichtung, einen kostendeckenden Mietvertrag über 20 Jahre, die Fertigstellung ist für Herbst 2015 geplant.
Hier werden Asylbewerber registriert, nach Infektionsschutzgesetz geröntgt, der Immunstatus wird geprüft, Minderjährige und Personen mit besonderen Bedürfnissen sowie Folgeantragsteller werden identifiziert, die Asylbewerber erst einmal untergebracht, bis ihr Transfer in NRW-Kommunen und andere Bundesländer organisiert ist. Dies kann zwischen einem Tag und drei Monaten dauern.
Die 800 Plätze werden voll auf das „Asylbewerber-Kontingent“ der Stadt Essen angerechnet. Das bedeutet, dass in anderen Stadtteilen entweder überhaupt keine zusätzlichen Heime gebaut werden müssen oder zumindest 800 Plätze weniger.

Anwohner verunsichert

All‘ dies konnte die Bewohner von Hammer Straße, Ludscheidtstraße, Am Richrath, Pörtingsiepen, Hespertal, Margrefstraße, Hammer Mark, Sellscheidt oder Augustaweg wenig begeistern. Die Fragen und Stellungnahmen machten schnell klar, dass hier Verunsicherung das Bild prägt:
- „Wir genießen die Ruhe im Landschaftsschutzgebiet, deswegen wohnen wir doch überhaupt hier. Das wäre dann ja vorbei!“
- „Wie garantieren Sie die Sicherheit unserer Kinder auf deren Schulweg?“
- „Sie reden von hohen Standards. Das kostet doch viel Geld. Wann ist das alle?“
- „Bauanträge direkter Nachbarn wurden abgelehnt, weil das Amt keine ‚Splittersiedlung‘ wollte. Kinderhäuschen von 3 mal 3 Metern wurden verboten. Aber ein riesiges Asylbewerberheim darf man bauen?“
- „Im ursprünglichen Vertrag mit den Michbauern gibt es eine Klausel, dass das Gelände renaturiert werden muss, wenn dort kein Milchbetrieb mehr ist. Kennen Sie diese Klausel überhaupt?“
- „Für die fällige Renaturierung wurden damals 100.000 Mark zurückgelegt. Wo ist das Geld geblieben? Haben Sie da Betriebsausflüge von gemacht?“
- „Wo nimmt die Stadt die Frechheit her, hier 27 Millionen zu verpulvern? In 20 Jahren ist das zurückgezahlt? Nie und nimmer!“
- „Hilfesuchende so zu isolieren, ist der falsche Ansatz. Kein Schaufenster weit und breit, nur eine Buslinie. Wie können wir diesen Wahnsinn verhindern?“
- „Die dürfen ja auch raus. Aber hier ist eine ländliche Gegend, die Polizeistellen wurden geschlossen. Wie ist das Sicherheitskonzept? Nicht für die da drinnen, für uns da draußen!“
- „Ich bin Mutter und habe Angst, dass meine Kinder angepöbelt werden!“
- Diese Leute haben kein Geld in der Tasche. Was ist das Resultat? Unser Haus liegt einsam im Wald!“
- „Bei uns wird es schlimmer ablaufen als in Altenessen bei den Libanesen!“
- „Das Land wird doch Betreiber. Warum ist dann hier und heute keiner vom Land dabei?“

"Schönfärberei"

Peter Renzel moderiert geschickt, weicht auch schon mal aus, gibt aber auch bereitwillig der Eile geschuldete Strickfehler der Pläne zu: „Ich lade Sie bereitwillig dazu ein, sich mit Verbesserungsvorschlägen einzubringen!“ Auch gäbe es ja noch ein Bebauungsplanverfahren mit Bürgerbeteiligung.
Das Fazit der Anwohner bleibt jedoch deutlich: „Sie betreiben Schönfärberei!“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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