Kultursterben im Essener Westen - Über die Folgen städtischer neoliberaler Sparmaßnahmen

Frühjahr 2015 - Das gesamte Gebäude steht unter Denkmalschutz Bärendelle Nummer 830 Essen - Frohnhausen
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Eine Chronik der Bärendelle Teil 1

Vor der Industrialisierung zeichneten Wälder, saubere Bachläufe und wenige Bauernhöfe die Landschaft. Der Beerenbach von dem der Name Bärendelle abgeleitet wurde, floss vom Frohnhausener Markt über die Sybelstraße, an der sich heute eine Stadtteilbibliothek befindet, die die Stadt nicht geschlossen hat. Weiter floss der Bach über den Riehlpark und durch die heutige Bärendelle nach Altendorf. 'Bärendelle' bezeichnete ein bestimmtes Stück Land. Die Bauern mussten zur Erntezeit, in der es eine Befreiung von der Schule gab, ihre Abgaben an die Stiftsdamen des Oberhof Ehrenzell leisten.

Ein Bauinspektor aus Hamburg Herr Albert Erbe, der dort Museen, Kunsthallen und Schulen errichtet hat, verwirklicht in der Bärendelle um 1910 den Bau einer Doppel-Volksschule. Später baut er auch die Viktoriaschule, die altkatholische - also die ohne Unfehlbarkeitsdogma - Friedenskirche in Essen als Beigeordneter der Stadt Essen für das Hochbauamt vom Herbst 1911 bis zum Jahre 1920.

Die steigernde Arbeiterzahl in der Rüstungsindustrie verursachte einen solche Wohnungsnot, dass Holzbaracken als Notunterkünfte errichtet wurden. Neben den Notsiedlungen wurden Dauersiedlungen wie die Bärendelle errichtet. 1915-1917 wird die Planung und Errichtung der richtungsweisenden Siedlung Bärendelle durch das Krupp'sche Baubüro von Robert Schmohl betrieben, der seit 1891 bis 1925 bei Krupp tätig zeichnet. Die 'Rüstungssiedlung' ging später zu Thyssen-Krupp dann nach Immeo. Eine Kindertagesstätte des Arbeitersamariterbundes befindet sich ebenfalls auf dem Arreal.

In den sechziger Jahren ging man von dort aus zu Kursen der 'Volkshochschule für Jugendliche' dem Essener Jugendzentrum (EJZ) in der Papestraße. Man nannte das Volksschule für Jugendliche, weil man rechtlich ab 21. Jahre erst zur Volkshochschule gehen durfte. Gäste und Highlights dort waren unter anderem Günther Grass, Gustav Heinemann, Frank Zappa, Klaus Lage, Herbert Grönemeyer, die Gruppe Kraftwerk, Alexis Korner, Hanns Dieter Hüsch, Franz-Josef Degenhardt, Helge Schneider sowie die Münchener Lach- und Schießgesellschaft.

Zur Abrisspolitik der Stadt Essen

Im 19. Jahrhundert ging man zur Naherholung in den Essener Süden oder auf einen Spielplatz wo sich später ein Freibad das Kuhlhoff- und Nöggeratbad befand. Dieses wurde von der Stadt zum Bauland erklärt und seitdem einige Einfamilienhäuser darauf standen, liegt es brach. Ein Freizeitbad die Oase wurde dann Anfang der achtziger Jahre im Essener Westen eröffnet. Zunächst war das Bad ein kommunaler Erfolg. Im Gildehofbad Stadtmitte, nach deren Eröffnung die Besucherzahlen in der Oase sanken, befindet sich heute die Zentralbibliothek. Die Oase und das EJZ wurden im März 2014 dem Erdboden gleichgemacht. Soweit zur Abrisspolitik der Stadt Essen.

Das Nöggeratbad war ein Freibad und das ist schon länger her. Zur Zeit gibt es im Essener Westen kein Freibad mehr. In Essen gibt es natürlich mehrere Freibäder - beispielsweise das Grugabad und in Dellwig eins. Man müsse jetzt flexibel sein und sich bis dahin bewegen. Für mich ein typisches Wort aus der neoliberalen Zeit Gerhard Schröders - "flexibel".

Mit Oase meine ich eigentlich so ein überdachtes Freizeitspassbad mit Saunaangebot wie es im Kleineren das Wananas-Bad von Wanne-Eickel war oder im Größeren das Copa Ca Backum in Herten ist.

Im Essener Westen (Hosterhausen, Frohnhausen, Altendorf) gibt es da noch das Friedrichsbad. Das hat nur morgens bis 9.30 Uhr und Donnerstag nachmittags auf. Das Hallenbad ist Sonn- und Feiertags geschlossen. Jedenfalls kann man sich nicht während des Tages spontan entscheiden zum Beispiel auch mit Kindern dort schwimmen zu gehen. Das Hallenbad hat dann zu. Möglich ist es vor der Arbeit noch ein paar Bahnen in dem Becken zu ziehen oder an Kursen teilnehmen für zirka 60 Euro aufwärts pro Kurs.

Das sind Entscheidungen des Ausschusses der Stadt Essen für Sportanlagen und Bäder. Ein entsprechendes Angebot oder ein Ersatz findet sich momentan nicht vor Ort. Man wird dann gebeten auszuweichen in andere Städte oder Stadtteile. Die Oase wurde privaten Anbietern überlassen und später per Beschluss durch die Stadt Essen abgerissen. Die Bürgerinitiative Oase hat sich sich nach dem Abrissbeschluss zunächst aufgelöst. Hier zum Anklicken eine Stellungnahme von Gert Bierikoven (Oase-Initiative und Essen steht AUF) zum Beschluss über den Abriss der Oase.

Neoliberal ist daran, dass man die Dinge aus der öffentlichen Hand gibt, verkauft, privatisiert und dem Markt überlässt - so auch geschehen mit der Bärendelle. Allerdings wurden dort auch die Intressen der Bürgerinitiative wie folgt berücksichtigt.

Eine Chronik der Bärendelle Teil 2

Am 13.09.1994 wurde die Hauptschule an der Bärendelle Nummer 830 unter Denkmalschutz gestellt. 2007-2012 werden für die Sanierung des Gebäudes etwa 3 Millionen Euro ausgegeben. 2011 wird die Hauptschule geschlossen, da mindestens weitere 4 Millionen benötigt werden. Nach erfolgter Besetzung vom 21.07 bis zum 23.07.2013 wird das Gebäude von der Stadt geräumt. Die Stadt Essen bietet das Gebäude zum Verkauf an.

Die Doppelvolksschule Bärendelle steht heute für mich symbolisch dafür, dass es keinerlei Freizeitbad wie früher beispielsweise die Oase und kein Essener Jugendzentrum in ganz Essen mehr gibt. Eine Bürgerinitiative tritt dafür ein dieses Gebäude nicht zu veräußern, sondern als soziokulturelles Zentrum zu nutzen. Schließlich geht es um die Lebensqualität vor Ort. Ein Treffen der Bürgerinitiative Bärendelle fand gewöhnlich jeden ersten Montag im Monat statt.

Es verbinden sich Menschen und vertreten ihre Interessen was meinem Verständnis von Demokratie entspricht. Solche Interessen sollten Politiker eigentlich vertreten, durchsetzen und fördern anstatt postdemokratisch nur dem Diktat des Geldes und der Wirtschaft Folge zu leisten.

Zur Bürgerinitiative Bärendelle und dem Verkauf des Objektes

Während einer Versammlung der Bezirksvertretung III am 19. Februar 2015 sagt der amtierende Bezirksbürgermeister Herr Persch beiläufig er würde 2-3 Vertreter der Bürgerinitiative Bärendelle am 11. März 16.30 Uhr zu einem Gespräch mit dem Investor einladen. Es läge folgendes Konzept vor.

Das erste und zweite Obergeschoss sei für 51 Wohnungen zu einem Preis von je 6-8 Euro pro Quadratmeter vorgesehen dagegen im Erdgeschoss eine gewisse Fläche für soziokulturelle Nutzung, die allerdings die Nachbarn nicht stören dürfe. Auf den Schulhof käme eventuell ein "tiefer gelegter Parkplatz" mit Begrünung.

Der Herr Persch kann hier nach dem von ihm vermittelten Gespräch des Investors mit der Bürgerinitiative kein Buhmann sein. Die Leute von der Bürgerinitiative müssen jetzt vom Protest weg und Initiative zeigen. Es hätte kein Konzert im Anyway stattgefunden und auch kein Eiersuchen wären das nur Protestler.

Eine kleine Satire zum Status quo

Nun folgt nach einem Gespräch mit einem, der sich ein Button von den Linken angeheftet hatte, etwas Satire - wie geschehen am Sonntag dem 5. April 2015 ab 17.11 Uhr.

Ein Essener: "In eine wandelbare Mehrzweckturnhalle a 25 Länge wäre im Moment ein soziokulturelles Zentrum wie das Grend in Essen-Steele entrückt. Ein Clo ohne Duschmöglichkeit und die brauchen Sponsoren für Veranstaltungen. Soll das etwa nach dem Motto immer ein Verein nach dem andern oder Suppenküchenausgabe + 3 Raumteiler laufen?"

Empörung eines Bürgers: "3 Euro pro Qudrat sind also schonmal etwa 1600 Euro pro Monat für die Nutzung. Und die Restaurierung des gesamten Komplexes dauert 2 statt einem Jahr kostet wahrscheinlich 8 statt 4 Millionen."

Der Essener: "Die Initiative gründet dann eventuell eine Trägerschaft e. V. . Und das alla Zeche Carl mit Förderturm e.V. und Hausaufgabenhilfe für Schüler. Die Peanuts sind die Kinder bei jeder Veranstaltung. Ich selber habe damals bei 3 Vernissagen mit Herrn Hubertus Salinger aus Bochum Musikstücke vorgetragen. Mit Kindern muss man dann auch umgehen können."

Jemand fragt: „ Hat die Initative noch den Plan oder waren das Dilettanten? Mein Wohnen will Geld sehen. Billiardtische beispielsweise müsste man mitbringen durch Sponsorengelder finanziert oder privat erstanden. Ein Schachverein trifft sich wohl eher in einer Kneipe. Die Nutzung Wohnen und Soziokultur müsste doch schon bald vom Rat beschlossene Sache sein und das Konzept mit der Stiftung abgestimmt und koordiniert sein. Wie soll das funktionieren?!?"

Die dummen Bürger, die nichts tun und stattdessen nur meckern und schimpfen und auch nicht zur Bürgerinitiave gehören sowie der Eindruck eines genervten Außenstehenden, der sich anhören muss, was ihm der Herr mit dem Button erzählt, haben mich zu diesem Unsinn veranlasst – diesen letzten 4 Absätzen. Man muss die Dinge selber tun, um Ahnung davon zu haben. Ich muss die Dinge hier nun richtigstellen.

In Wirklichkeit handelt es sich um 560 Quadratmeter. Die Betriebs- und Nebenkosten zahlt bisher wohl der Nutzer. Ich weiß auch nicht genau wie hoch diese Kosten sein werden. Die Bürgerinitiative versucht zunächst ein Konzept für die Nutzung zu erstellen.

Aktuelles vom neuen Investor

Ich habe Gerüchte gehört über Dritte von Herrn Klaus-Dieter Schmitt beispielsweise die Stiftung Mein Wohnen und das Management Cepheus könnte oder würde nicht nur mit der Bürgerinitiative Bärendelle Gespräche über ein Konzept zur soziokulturellen Nutzung der dafür vorgesehenen Geschossfläche im Erdgeschoss führen, sondern auch parrallel mit anderen Interessenten.

Ich weiß das nicht. Ich weiß das nicht so genau. Herr Schmitt hat behauptet er wäre bei der öffentlichen Versammlung der Bürgerinitiative am Montag, den 13. April 2015, dabei gewesen.

Übrigens habe ich selber in den öffentlichen Treffen der öffentlichen BIB Versammlungen weder Gewalt noch sonderliche Wut wahrgenommen oder verspürt. Vom Wutbürgertum weit und breit keine Spur.

Markus Dorka

Autor:

Markus Dorka aus Essen-West

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