Von Knutschkugeln und Rasenverdrängern

In der 1-2-3 Autowerkstatt begeisterte die Konzeptkünstlerin Veronika Maruhn mit Liedern rund ums Thema Fortbewegung.
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„Kultur im Laden“ zum dritten Mal in Altendorf veranstaltet

Musik in der Autowerkstatt, Tanz im Waschsalon und poetische Texte im Blumenladen? Das kann nur die Veranstaltungsreihe „Kultur im Laden“ der Essener Künstlerin Veronika Maruhn in Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro der Stadt Essen sein.

Bereits zum dritten Mal in Folge fand die Altendorfer Kulturveranstaltung nun statt und zog mit ihrem originellen und abwechslungsreichen Programm Alt und Jung in die Geschäfte des Stadtteils. Geöffnet waren die Geschäfte wieder von 18-20:30 Uhr, mit einem großen Tanzfinale auf dem Ehrenzeller Platz.
Die Konzeptkünstlerin und Schauspielerin Veronika Maruhn hat bereits mehrere Kulturprojekte in Altendorf durchgeführt und viele Kontakte zu den Geschäftsleuten, Vereinen und Institutionen geknüpft. „Der Stadtteil hat unglaublich viel Charme, wenn man sich auf ihn einlässt“, so Maruhn.
Sie will so mit künstlerischen Mitteln das Potenzial sichtbar machen, das aus dem Miteinander vieler verschiedener Kulturen erwächst: Die Sängerin steht vor der Hebebühne, die Schauspielerin agiert im Blumenladen, der Ehrenzeller Platz wird zur Hip-Hop Bühne. Im afghanischen Restaurant verzaubern Saz-Spieler mit ihren traditionellen Instrumenten. Damit das Publikum am besten alle Veranstaltungen mindestens einmal besuchen und sich die Reihenfolge selbst zusammen stellen konnte wurden alle Veranstaltungen zu unterschiedlichen Zeiten drei Mal wiederholt. Im circa 20-minütigen Takt konnte man sich alle Künstler dann jeweils einmal ansehen.

Keine Langeweile im Waschsalon, kein Angstschweiß in der Autowerkstatt

Beginnen konnte man zum Beispiel in der 1-2-3 Autowerkstatt. Dort traf man dann gleich auf Maruhn selbst. Sie und ihr Duettpartner Alexander Kalweit, der auf dem Akkordeon begleitete, unterhielten die Gäste mit bekannten Liedern rund um das Thema Losfahren und Fortbewegung. Dabei kamen alle Vehikel auf ihre Kosten: Egal, ob Knutschkugel-Liebhaber, Fahrrad-Öko oder Eisenbahn-Schönheit, einem war gar nicht bewusst, wie viele Lieder zu dem Thema existieren. Mit jedem Lied wechselte Maruhn den Hut und traf so den Nerv des Liedes noch mehr.
Wer nach der Autowerkstatt in zartere Gefilde wechseln wollte, konnte sich in den Blumenladen Sonntag begeben. Dort wurde dem Gast zunächst ein Getränk und eine kleine Nascherei angeboten und man konnte den Duft der zahlreichen Blumen auf sich wirken lassen. Die Entertainerin im Blumenladen war die Schauspielerin Sabine Paas. Sie gab in der Rolle der Blumenverkäuferin Lieder-Texte zum besten, eben „Durch die Blume gesagt“. Eine tragende Rolle spielten zudem drei libanesische Mädchen, die, verkleidet als Sonnenblumen, auch Gedichte auswendig gelernt hatten und zum Start des Vortrags die Anwesenden nach ihren Lieblingsblumen fragten. Nach dem Klassiker „Mein kleiner grüner Kaktus“ startete Paas eine Ode an den Löwenzahn. „Blumen sind auch der Mode unterworfen“, sinnierte Paas. „Es gibt aber eine Blume, die zu gemein und zu gewöhnlich ist, als dass ihre große Stunde schlagen würde. Sie wächst zwischen Pflastersteinen, auf Fabrikdächern, wird als Rasenverdrängerin angeklagt und keine Bäuerin schimpft, wenn man sie in Massen abrupft. Leider wird sie nie in Mode kommen.“ Na, erraten? Richtig, es handelt sich um den Löwenzahn. Und weil man dem Löwenzahn auch nie ein Lied gewidmet hatte, holte Pass das an diesem Abend nach.

„Kultur im Laden“ könnte sich als Marke für Altendorf etablieren

Als nächstes konnte man in den 30-60-90 Waschsalon weiterziehen. Dort gab es das „Volle Programm“ im Stil eines Tanztheaters. Murat Alkan, Choreografie-Student an der Folkwang Musikschule, begeisterte die „Wartenden“ mit einer faszinierenden Tanzeinlage. „Ich will eine Reflexion meiner eigenen Entwicklung darstellen und diese Entwicklung vom Anfang bis jetzt zeigen“, so der Student. „Ich improvisiere beim Tanzen und nehme alles auf, was als Inspiration auf mich einwirkt. Das können Klamotten sein oder einfach unterschiedliche Musik. Mit ist Veränderung wichtig, weil mir bei einer Tanzrichtung alleine langweilig wird und die Motivation stagniert.“ Dann legte er los und machte Roboter-Bewegungen, tanzte liegend auf dem Boden oder bediente sich des im Raum stehenden Tisches. Die beiden anderen Stationen waren im Bamyan Kebab und Theater-Comedy im Frisör Jian. Das Finale fand dann auf dem Ehrenzeller Platz statt: Zusammen mit den amtierenden deutschen Speed-Dance-Meistern wurde eine Hip-Hop-Choreografie mit Jugendlichen aus dem Stadtteil aufgeführt.
„Ich bin so dankbar, dass sich auch in diesem Jahr Geschäfte gefunden haben, die sich an der Kulturaktion beteiligt und sich so toll um die Gäste gekümmert haben“, erklärt Veronika Maruhn. „Wenn es klappt, wollen wir 2017 auch wieder „Kultur im Laden“ veranstalten, dann aber vielleicht in einer helleren und wärmeren Jahreszeit. Natürlich wollen wir den Ehrenzeller Platz wieder mit einbinden, denn der kann noch mehr von diesen Aktionen vertragen. Schön fand ich auch, dass sich viele Besucher den Zeitungsartikel ausgeschnitten haben und damit zu den Veranstaltungen gelaufen sind. Nach der Aktion hat man wieder deutlich gemerkt, dass Altendorf ein Stadtteil mit Potenzial ist, der interessante und liebevolle Menschen beherbergt. Vielleicht können wir zusammen mit dem Kulturbüro die Kulturaktion als Marke etablieren.“

Autor:

Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West

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