Atemloser Enthüllungs-Akt

Was flattert denn da an der städtischen Schulwand...Fotos: Schattberg
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Welches zehn-jährige Kind hat Courage, einer über 100-jährigen Fit-Flotten mit buntem Buchstabensalat zu überschütten? Gar zu Taufen - mit Sektglas in der Hand? Es kommt noch perlender: 402 Schüler fingerten Stunden für die festliche Front-Seite der alten Dame. Dann der Enthüllungsakt: Zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins…Du lieber Gott! Ladehemmung…

Rückblick. Die Altendorfer Hüttmann-Grundschule hat über ein Jahrhundert auf dem „Rücken“. Doch im Gebäude wirbeln täglich große, kleine, alte und junge, arme und reiche, langsame und schnelle Menschen mit und ohne Behinderung; mit und ohne Sorgen. Also, vielseitig wie der Altendorfer Stadtteil.

Aber unbeachtet der Jahrzehnte döst die ergraute Seitenfront mit klitzekleinem städtischem Namenschild. Potz Blitz! Die erlösende Idee…

Im Gemeinschafts-Kunst-Projekt mit Künstler Fritz Pietz wurde ein Puzzle-Stein-Anstoß so flammend den Kindern ans Herz, in die Hände gelegt, dass der Schaffensprozess letztendlich für alle – Schüler, Anwohner, Besucher – auf ewig sichtbar bleibt. Wie?
„Weiße Steine wurden in den schönsten Farben des Regenbogens in ganz verschiedenen Mustern von Schülern bemalt“, so Ulrike Henßen, Lehrerin. „Kunst-Stücke preist Pietz die vielen kleinen drei- und viereckigen oder auch rautenförmigen Plättchen an, die er aus Duripanel aussägte."

Nachdem die Lütten ihrer Farbenfreude freien Lauf ließen, wurden die zig bunten „Kunst-Stücke“ vom Künstler zum Schriftzug „Hüttmannschule“ aneinandergereiht. Oho – ohne Geld kein Glanz: Die Finanzspritze setzte „Integration durch Kunst“.

Aber Buchstaben fliegen ja nicht so einfach an die Wand? Und Riesen leben nur in Märchen. Richtig! Ein Gerüst musste her; hochgeklettert, Buchstaben wurden wand- und standfest gemacht.

Endlich. Es ist so weit!!! Schüler stürmen auf den Schulhof, rennen zum Gebäudeende. Was ist das? Buchstaben verhüllt. Voll Wonne strahlt Klärchen am Himmel. Ein federleicht-farbiges Schwungtuch verdeckt den Namen, wedelt vor Freude ab und an im Frühlingswind.

Die Spannung steigt. Auf bunten Tischen stehen Sektgläser! Die 10-jährige Ruqaya sucht noch vergebens ihr blaut-rot-grünes Steinchen. „Meins ist mit Punkten belebt“, verrät Melissa (8). „Mein Stein ist dunkelbau mit rotem Untergrund plus blauen Punkten“, sagt Ayse-Nur, 10. Pssst! Der Festakt beginnt.

Barbara Linden, Rektorin, erinnert, wie die Kunst-Geschichte ihren Lauf nahm. „Ihr erinnert euch, dass das Schild aus vielen kleinen bunten, unterschiedlichen Kunststückchen – Steinen – besteht. Das hat natürlich eine besondere Bedeutung. So wie wir alle unterschiedlich sind – auch die Kinder. Alle bilden eine bunte Gemeinschaft an unserer Hüttmannschule. Jeder gehört dazu.“
Ausatmen. Einatmen!

„Jetzt kommt der spannende Moment. Das schöne bunte Schutzschild geht runter.“ Im Takt rufen alle: „10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1…“ Nichts! Wiederholung: „10, 9… Das Schwingtuch segelt seitwärts. „Prost!“ Schnellstens schnappen sich die kleinen Künstler Sektgläser, füllen die mit…“Bio-Orangensaft, der ist sehr lecker“, so Hamza. Stolz zeigt der 7-Jährige mit dem Finger hoch: „Der Stein ist von mir!“

Och, im Glanz der Sonnenstrahlen sehe ich nur kompakte Buntheit…

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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