Klartext von einem Asyl-Zeltdorf-"Engel"

Container auf dem Spielplatz Hamburger Straße, der von Flüchtlingen gesäubert und bemalt wurde. Fotos: Schattberg
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Flüchtlings-Kinderbetreuung „Hamburger“ endete abrupt. Quasi über Nacht - von der Stadt. Aus! Aber nicht mit dieser tollen Truppe...!

Waren Sie bei der März-Zeltdorf-Begehung Hamburger Straße? Viele waren geschockt. Eiskalt wurde es ihnen ums Herz. Null Privatsphäre. Doch es gab sofort Zupackende. Was die seitdem leisten? Himmlisches. Jetzt mischen sich Euphorie und Enttäuschung. Sie sind zwar bei der Schutzengelpreis-Nominierung! Aber Preis-"los"- Ein „Engel“ packt aus…

Was der Arbeitskreis „Kinderbetreuung vom runden Tisch des Zeltdorfes“ seit März schafft, ist wahnsinnig. Ehrenamtlich! Seit Monaten. Zur Elfer-Himmelsgruppe zählt Ulla Lichte-Ruppe. Dann folgte quasi über Nacht im Oktober das Stadt-Aus! Zelt-Leerung. Jetzt?

Ulla Lichte-Ruppe bilanziert: „Eine arbeitsreiche, aber erfüllende, freudige Arbeit mit den Flüchtlingskindern in der Hamburgerstraße ging zu Ende. Abrupt und schneller, als alle Aktiven es sich haben vorstellen können!“

Rückblick: „Mit Hilfe großzügiger Spenden insbesondere der Frohnhauser Bevölkerung, konnten wir im Aufenthaltsraum einen kleinkindgemäßen abgetrennten Kinderraum mit vielfältigem Spiele-Angebot, ähnlich einer Kindergartengruppe, einrichten. Dazu gehörten u.a. ein Bau- und Konstruktionsteppich mit Duplosteinen, Holzeisenbahn, viele Tischspiele, Puzzles, Mal-, Bastelmaterialien.

Mit Hilfe der Stadt, Grün und Gruga, bekamen wir einen Monat später einen Spielplatzcontainer auf dem Spielplatz Hamburger, der mit Spiel-, Bewegungsmaterialien gefüllt werden konnte, wie Dreiräder, Roller, Laufräder, Sandspielzeug. Unsere Angebote unterstützen, ergänzten die Arbeit der Kinderpflegerin.

Circa 90 Kinder des Zeltdorfes, die meisten konnten bis zum Sommer noch nicht zur Schule gehen oder einen Kindergarten besuchen, nahmen unsere Angebote mit Begeisterung an. Wie – Dienstag und Samstagnachmittags Angebote auf dem Spielplatz, d. h. neben der Ausleihe der Spielmaterialien z. B. Spiele mit dem Schwungtuch. Hier fanden Kontakte zwischen Kindern der Nachbarschaft und Flüchtlingskindern statt. Montags unterstützten wir nach einem Spielkreis, der vor allem die Sprache der Kinder stärken sollte, die Arbeit der beiden Damen vom Landschaftsverband. Highlight bei den Spielen war besonders das Fingerspiel "Wo ist denn der Daumen" und "Ich bin die kleine Hexe", bei denen auch 10-, elf-Jährige noch gern mitmachten.

Mittwochnachmittags gab es einen Spielkreis mit anschließendem Spiel-, Bastelangebot; donnerstags: mit dem Spielmobil des Kita Zweckverbandes Bewegungsangebote auf dem Außengelände des Zeltdorfes. Seil-Springen, Wasserspiele waren besonders beliebt. Zunehmend konnten wir bei unseren Aktivitäten auch Eltern zum Mitmachen motivieren. In den großen Ferien konnten wir die Essener Verkehrspolizei gewinnen, mit 20 Flüchtlingskindern im Zeltdorf spielerisch Verkehrsregeln einzuüben.

Um den Kontakt zur Nachbarschaft zu unterstützen, wurde mit dem Spielmobil des Kinderschutzbundes ein großes Fest mit vielen Aktivitäten und Leckereien auf dem Spielplatz gefeiert. Im September wurden alle Frohnhauser Kindergärten eingeladen, zusammen mit den Flüchtlingskindern das Puppenspiel einer Bremer Puppenbühne "Vom Drachen, der nicht Feuerspucken konnte" anzuschauen. Finanziert von der Deichmannstiftung, toll unterstützt von der Kita Adelkampstraße.

Diese Arbeit wurde dann im Oktober jäh abgebrochen, so schnell, dass wir kaum Gelegenheit hatten, dies alles zu erfassen. Am Donnerstag erfuhren wir, dass ab Montag die Bewohner/-innen des Zeltdorfes in feste Unterkünfte umziehen. Wie konnten wir uns von den Kindern verabschieden? Was machen wir mit all den Spielmaterialen, die für die Kinder im Zeltdorf gespendet wurden? Bis Sonntag musste alles abgeschlossen sein. Da waren spontan fleißige Ideen und Hände gefragt.

Eine von uns sammelte bis Sonntag 50 Schuhkartons, die eigentlich den Zweck hatten, um daraus mit den Kindern Schatzkisten zu basteln. Die wurden jetzt dekoriert und 10 Beutel genäht, Namen drauf - mit Hilfe von 2 Sozialbetreuern - gefüllt mit Spiel- und Bastelmaterial. Sodann den Kindern bis 10 Jahren als Abschiedsgeschenk mit auf den Weg gegeben. Einige Materialien, z. B. die Duplosteine und Tischspiele, haben wir verwahrt, werden sie in die Flüchtlingsunterkunft in der Münchener Straße bringen, wo die Schulkinder des Zeltdorfes nun wohnen.

Was wird aus dem Arbeitskreis?
„ 4 von 11 Aktiven machen weiter mit einem Sing- und Spielkreis, Sprachförderung in der Münchener Straße. Zwei haben die Patenschaft für den Spielplatz an der Hamburger Straße übernommen - werden, soweit Bedarf ist, auch weiter Spielplatzangebote für die Kinder der Nachbarschaft machen. Einige von uns übernahmen inzwischen Patenschaften für einzelne Flüchtlinge oder begleiten Familien mit Wohnung bei allen anstehenden Alltagsproblemen. Dort werden noch viele helfende Menschen gebraucht. Der runde Tisch wird weiter bestehen und sich in etwas anderer Zusammensetzung in der Münchener Straße engagieren. Interessierte können sich dort unter der alten Adresse"www.runder-tisch-hamburgerstrasse.de" melden."

Fazit? "Uns hat die Arbeit viel Freude bereitet. Wir haben viel gelernt, trotz teilweise beruflicher Vorerfahrungen. Eine Stiftung des Bistums Essen für Kinder hat uns nominiert für den Schutzengelpreis. Auch das ist eine Anerkennung, auch wenn wir nun keinen Preis bekommen. Der schönste Preis ist immer das Lächeln der Kinder, die immer freudige Begrüßung und vor allem die Lernfortschritte, die wir in vielen Bereichen erkennen können.“

Fakt: Die "Hamburger" Helfer-/innen sind bei der Schutzengel-Norminierung. Leider Preis-los". Kommentar von Theo Körber, Ratsherr: "Die Nominierung allein ist schon eine Auszeichnung! Der Dank gilt allen Beteiligten für eine herausragende Leistung!"

Stiftung „Für Kinder“ - Schutzengel-Preis
28.11., 18 Uhr, Räumlichkeiten Evonik Industries.

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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