Versteckter Schatz entdeckt!

Störche als Liebespaar... Fotos Schattberg
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Im größten Essener Stadtteil, mit massig Müllecken - ein verstecktes Paradies!

Anruf von Heide Bauer. Sie möchte uns was Besonderes zeigen. Och, mitten in Frohnhausen… Abwarten. Rechts, links dunkle, verschmierte Häuser. Bürgersteige voll Wildwuchs. Klingeln. Öffnen. Wie eine alte Bekannte strahlt mich Heide Bauer an. „Kommen Sie rein.“ Tür auf. „Und?“ Sie kennt den erstaunten Blick. „Was sagen Sie jetzt?“ Sprachlosigkeit steht im Raum. Das gibt’s nicht. Doch…

Wohnraum und Terrasse trennen eine riesige Glas-Schiebetür. Klar, jetzt beim herrlichen Sonnenschein geöffnet. Vor mir liegt quasi der Himmel auf Erden. Mauersegler kreisen ihre Runden. „Kommen jedes Jahr wieder. Die nisten unterm Dach.“ Rotkehlchen, Höhlenbrüter, schwirren in Hecken. „Damit spreche ich immer. Gucken mir bei der Gartenarbeit zu“, sagt die junggebliebene 70-Jährige, die weiß Gott nicht die Realität verloren hat. „Oft schäme ich mich für meine Mitbürger. Über den Dreck, den die neben Container schmeißen. Häufig telefoniere ich mit der Stadt wegen der Müllberge; die zwar danach abgeholt werden… Nächster Tag, gleiches Dilemma…“

Himmlisch dieses Haus, die Flur-Atmosphäre, die Wohnung, der Garten. Überall, zwischen leuchtenden Blumen, dick blühenden Sträuchern, lugen zwischendrin, davor Skulpturen. Ulkige Figuren. „Das ist die kleine Erna. Hier Napoleon, dort meine Minna, da hinten die Gänse. Ach ja, Fritz und Lilli sind schon ziemlich alt. Der Paradiesvogel steht zwischen Hortensien; Störche als Liebespaar…
Ein leichtes Fräulein mit fettem Po, roter Tasche, löst meine Zunge: „Woher stammen die Kunstwerke?“

Wir sitzen auf der Pergola, getöpferte Kugeln mit Ornamenten bringen Farbe aufs Holz. Andächtig lauscht in der Ecke ein Riesenhund. Getöpfert. „Alles hier elbst gemacht!“

Rückblick. Baujahr 1907 hat das Haus auf dem Dach-Buckel. Drinnen früher Mietwohnungen, jetzt Eigentumswohnungen. „Mein Mann, er starb leider vor zwei Jahren, war Architekt, Bauingenieur. Er entkernte vor 22 Jahren von Grund auf die ungepflegte Fläche auf dem Hof, über 300 qm. Was da alles untergebuddelt war – Konservendosen, Schrott – schlimm.“ Danach wurde die jungfräuliche Fläche fantasievoll bepflanzt, gehegt, gepflegt. „Jetzt helfen mir bei der Gartenarbeit meine Söhne.“

Früher war ihre Arbeitsstätte das Büro. Doch das Töpfern fasziniert sie schon lange. „Seit 35 Jahren sind wir eine nette Gruppe. Wir treffen uns im kath. Stadthaus, Bernestraße, Kurs „Kreativ-Töpfern“; entwickeln uns stets weiter dank unserer Leiterin. Würde sie irgendwann ausfallen, wäre das für uns das Töpfer-Ende. Daran wollen wir nicht denken.“

Ja, in drei Unterrichtsstunden buhlen fabelhafte Ideen und Handfertigkeiten um Anerkennung. „Zwischendurch Kaffeepausen, Quatschen, Töpfern.“
Woher das Talent? „Meine Mutter war Schneiderin. Allroundtalent. Ich muss auch immer was mit den Händen schaffen. In der Gemeinschaft - macht noch mehr Spaß. In den 80-er Jahren mietete ich einen Ofen. Doch so allein…Fehlt die Freude. Gemeinsame Anregungen bringen mehr.“

Guck mal, da auf der Mauer lauern unterschiedliche Nikoläuse… „Ja, viele Bekannte raten mir, doch mal einen Tag der offenen Tür zu machen. Das möchte ich nicht. Der Aufwand ist mir zu hoch…und so gesund bin ich leider nicht mehr.“

Quatsch. Hier im Hinterhof hat Heide für Anwohner, Nachbarn, Gäste ein Paradies auf Erden geschaffen. Und haste nicht gehört und gesehen: Das Rotkehlchen startet soeben Höhenflug mit Gezwitscher. Fühlt sich hier wohl auch „Sau wohl“ im duftenden Grün, in frischer Luft. Tut einfach gut!

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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