Mut zu Neuem

In schlimmem Zustand: das Gebäude der Gesamtschule Bockmühle.
7Bilder
  • In schlimmem Zustand: das Gebäude der Gesamtschule Bockmühle.
  • hochgeladen von Mareike Ahlborn

In Altendorf hat die Gesamtschule Bockmühle hat ein klares Ziel: Schule für das ganze Viertel sein.


Das Schulgebäude ist in einem miserablen Zustand. Der 70er-Jahre-Beton bröckelt. Überall hängen Kabel von den Decken. Die Klassenräume haben keine Jalousien, im Sommer werden sie zum Teil extrem heiß, und in einige regnet es sogar hinein. Dabei halten die Schüler ihre Klassenräume sauber, betont Lehrer Reto Stein: „Darauf achten wir von Anfang an“.

Sanieren, aber richtig!

Ende März 2016 wird die Stadtpolitik entscheiden, welche Gelder im Rahmen des Förderprogramms „Gute Schule 2020“ in die Gesamtschule Bockmühle fließen. Dazu findet Rektorin Julia Gajewski deutliche Worte: „Wenn wir 80 Millionen Euro für das Gebäude bekommen, würde das nicht reichen.“ Nötig sei eine Sanierung mit Teilneubau. Getragen von einem Konzept, das die Menschen aus dem Stadtteil anspricht.
Auch nachmittags, so die Rektorin, könne die Schule ein lebendiger Ort sein. Mit einem Café zum Beispiel, mit einer Bühne für Gemeindeveranstaltungen, mit Beratungsstellen vom Jugendamt oder der Caritas. Ein Begegnungsort für Altendorf. Julia Gajewski: „Früher war diese Schule eine Stadtteilschule mit gemischter Klientel. Das sollte wieder so werden.“

„Eine Schule für alle“

Glücklich ist die Rektorin darüber, dass etwa ein Drittel der Schüler in jedem Jahrgang das Abitur schafft. 80 Prozent der Fünftklässler an der „Bockmühle“ bringen nämlich nur eine Hauptschulempfehlung mit. „Wir sind eine Schule für alle“, erklärt Rektorin Gajewski. Viele Kinder kommen aus anderen Stadtteilen. Und die Mehrheit hat ausländische Wurzeln: In der Schule begegnen sich Schüler aus über 50 unterschiedlichen Herkunftskulturen.
Seit Jahren gehören auch Kinder mit Behinderung zum Schulalltag. Im Schnitt haben 3 Kinder pro Klasse einen besonderen Förderbedarf – für die Mitschüler eine wertvolle Erfahrung, sagt die Rektorin. Die Lehrer und die Sonderpädagogen, die bis zu 15 Schüler betreuen, leisteten herausragende Arbeit. Natürlich gebe es zu wenig Personal. „Noch kommen wir klar“, sagt Julia Gajewski, „aber wenn die Schulministerin sagt, dass es genug Stellen gibt, weiß sie nicht, wovon sie spricht!“

Individuelles Lernen

Not macht erfinderisch. Wegen der großen Leistungsspannen in den Klassen ist die Gesamtschule Bockmühle seit 2006 „Teamschule“. Das bedeutet, dass alle Lehrer einer Klasse eng zusammenarbeiten. Zwei Klassenlehrer leiten in wöchentlichen Sitzungen das Lehrerteam. Sie unterrichten oft mehrere Fächer in ihrer Klasse.
2015 hat die Gesamtschule zudem eine neue Unterrichtsform eingeführt. Bei dem von der Hamburger Max-Brauer-Schule entwickelten (und mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichneten) Konzept hat jeder Schüler einen eigenen Lernplan, der mit den Lehrern abgesprochen wird. Bis zur 8. Klasse stehen Mathe, Deutsch und Englisch als „Selbstlernzeit“ auf dem Stundenplan. Im „Lernlabor Naturwissenschaft“ und „Lernlabor Geisteswissenschaft“ findet fächerübergreifender Unterricht statt. „Die Hamburger Kollegen, die uns anfangs beraten haben, haben gesagt: Ihr traut euch was!“, berichtet Reto Stein, der didaktische Leiter. „Wir haben gewagt, das Konzept auch mit schwächeren Schülern anzugehen. Und unsere Erfahrungen sind positiv.“

Vorbereitung auf die Arbeitswelt

Seit ihrer Gründung achtet die Gesamtschule Bockmühle auf einen guten Draht zur Arbeitswelt. Sehr erfolgreich sind die internen „Schülerfirmen“. Das Firmenprojekt läuft in den Bereichen Gärtnern, Tischlern und Hauswirtschaft, es gibt einen Schülerladen für Büroartikel und einen Malerbetrieb. Ab der 9. Klasse sorgen die Firmen dafür, dass die beteiligten Schüler fit für praktische Aufgaben werden.
Einmal jährlich findet auf dem Schulgelände der „Markt der Berufe“ statt. Die kleine Messe ist für Betriebe ein beliebtes Forum. Außerdem kommen neuerdings „Talentscouts“ der Universität Duisburg-Essen an die Gesamtschule. Sie begleiten gute Schüler bei der Studienwahl und beraten bei Fragen zu Förderung und Stipendien.

Sportsgeist

Rektorin Julia Gajewski kennt sich aus an der Gesamtschule Bockmühle. 2013 hat sie die Leitung übernommen, aber fast zwei Jahrzehnte unterrichtet sie schon hier. Die Sport- und Pädagogiklehrerin hat im Ruhrgebiet studiert, wohnt in Oberhausen, ist heimatverbunden.
Früher hat die Pädagogin in der Basketball-Bundesliga gespielt und war Trainerin für unterschiedliche Altersgruppen. Sie hat lange überlegt, den Sport zum Beruf zu machen. Es kam dann anders. Aber Sportsgeist und ihre Erfahrung mit Gruppen hätten ihr im Lehrerjob sehr geholfen, sagt Julia Gajewski: „Die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit ist: den Schülern auf Augenhöhe begegnen.“
Was die Gesamtschule angeht, ist die Rektorin Überzeugungstäterin. Trotz aller Schwierigkeiten. „Wir sind viel besser als unser Ruf!“, betont sie, und: „Ich bin stolz darauf, dass die Kollegen das so hinkriegen.“

Infos
Städtische Gesamtschule Bockmühle
Adresse: Ohmstraße 32, 45143 Essen
Gegründet: 1972
Anzahl Schüler: 1.420
Anzahl Lehrer: 150
Anzahl Sozialpädagogen: 4
Schulleiterin: Julia Gajewski
Website: www.home.ge-bockmühle.de

Autor:

Mareike Ahlborn aus Essen-Süd

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.