„Wir vermitteln aktiv“

Links: Hendrik Volmert (stellvertretender Schulleiter), rechts: Ludger Dornebeck (Schulleiter).
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  • Links: Hendrik Volmert (stellvertretender Schulleiter), rechts: Ludger Dornebeck (Schulleiter).
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Zur Theodor-Fliedner-Schule gehen Kinder mit dem Förderbedarf „Lernen“ und „emotional-soziale Entwicklung“. Hier stehen die einzelnen Schülerpersönlichkeiten im Mittelpunkt. Viel Wert legt die Förderschule auf Berufsorientierung.

Ludger Dornebeck ist schon seit 30 Jahren Förderschulrektor. Aus Überzeugung: „Ich bleibe bis zum letzten Tag. Die Arbeit bereitet mir immer noch Freude“, sagt der erfahrene Sonderpädagoge, der in genau einem Jahr pensioniert wird.

Eine Schule – zwei Standorte

Dornebeck leitet eine Schule, die sowohl zum Essener Westen als auch zum Süden gehört. Zwei Schulhäuser (Lübecker Straße 15 und Fischlaker Straße 62) bilden zusammen die Theodor-Fliedner-Schule. Wie kam es dazu? Die Erklärung fällt unter das Stichwort „Inklusion“. Bedingt durch das Recht der Eltern, auch eine Regelschule als Förderort für ihr Kind wählen zu können, erlebten die Essener Förderschulen im letzten Jahrzehnt einen deutlichen Schülerrückgang. So auch die Einrichtungen in Fischlaken und Frohnhausen. Dadurch, dass die beiden Förderschulen 2013 zusammengelegt wurden, gelang es dem Schulträger, die Schulen für die jeweilige Region zu erhalten. Hauptstandort der Fliedner-Schule ist heute Frohnhausen, während sich in Fischlaken die Dependance der ehemaligen Ruhrtalschule befindet.
Bei der Schulwahl beobachtet die Fliedner-Schule mittlerweile einen gegenläufigen Trend: Eltern nehmen ihre Kinder vermehrt aus der Regelschul-Inklusion heraus und wechseln zur Förderschule. „Viele Eltern halten die Ressourcen an den Regelschulen nicht für ausreichend“, bemerkt Konrektor Hendrik Volmert. „Sie wünschen sich eine Schule, in der jede Stunde individuell auf ihr Kind eingegangen wird.“

Lernen auf eigenem Niveau

Die Theodor-Fliedner-Schule unterrichtet in kleinen Klassen mit 10 bis 15 Kindern. Jedes Kind lernt auf seinem eigenen Niveau. Die Grundlage dafür ist ein individueller Förderplan, der halbjährlich überarbeitet wird. So bekommen Schülerinnen und Schüler, die das „normale Lernprogramm“ einer Grund-, Haupt- oder Gesamtschule einfach nicht erfüllen konnten – egal, wie sehr sie sich anstrengten – ihre persönliche Chance. Das gilt auch für die etwa 30 Prozent der Fliedner-Schüler, die neben Lernen zusätzlichen Förderbedarf haben, weil sie z. B. stark impulsgesteuert sind oder Probleme haben, sich an Regeln zu halten. Differenzierte Förderung wirkt da Wunder. An der Theodor-Fliedner-Schule schafft so mancher im 10. Schuljahr den Hauptschulabschluss.
Versetzungsdruck gibt es an der Förderschule nicht. Nach jedem Schuljahr entscheidet die Klassenkonferenz neu, wie sich die Lerngruppen zusammensetzen. Und statt Noten gibt es bis zur 9. Klasse ein Textzeugnis, das die persönlichen Lernfortschritte spiegelt. Rektor Dornebeck: „Die Kinder kommen mit vielen Misserfolgserlebnissen zu uns. Hier bekommen sie ein neues Selbstbewusstsein, weil ihre Stärken gewürdigt werden. Eine pauschale Notenzuschreibung wird unseren Kindern und Jugendlichen nicht gerecht.“

Abschlüsse im Blick

Die individuelle Art des Unterrichtens in einem familiären Rahmen führt oft zu einer engen Bindung an die Förderschule. Viele Ehemalige schauen noch Jahre später an „ihrer“ Schule vorbei. Umgekehrt freuen sich die Lehrer über den persönlichen Kontakt und tun viel dafür, dass ihre Schützlinge einen guten Start ins Leben haben. Eine wichtige Rolle spielt die Berufsvorbereitung: Praktika, Kompetenzchecks, ein ständiger Kontakt mit dem Arbeitsamt … „Wir vermitteln aktiv passende Angebote“, erklärt Konrektor Volmert.
Und dann, wie geht es weiter? Erfahrungsgemäß schaffen die wenigsten Schüler den direkten Sprung in die Ausbildung. Die Anforderungen sind hoch, klassische Handwerks- oder Einzelhandelsstellen Mangelware. Doch dass jedes Jahr etwa 80 Prozent der Schüler auf eines der vielen Berufskollegs wechseln, um weiterführende Schulabschlüsse zu erwerben, ist ein glatter Erfolg für die Förderschule.

Von Betreuung bis Skifahren

Zum Angebot der Theodor-Fliedner-Schule gehört die Betreuung im Offenen Ganztag (Stufe 1 bis 6) und eine Übermittagsbetreuung für die höheren Stufen. Es gibt einen Computerraum, einen gut ausgestatten Werkraum und eine Lehrküche – letztere gern mitgenutzt von der benachbarten Realschule und dem Krupp-Gymnasium. Kooperationspartner von der Polizei oder der Schuldnerberatung kommen regelmäßig ins Haus, um vorbeugend über Themen wie Diebstahl, Mobbing, Überschuldung o. Ä. aufzuklären.
Ein Highlight im Schulalltag ist der integrative Reitunterricht am Carolinenhof in Kettwig: Jeweils 14 Schülerinnen und Schüler – wechselweise aus der Primar- oder der Abschlussstufe – dürfen daran teilnehmen. Auf große Begeisterung stoßen auch klassenübergreifende Fahrten. Gerade ist eine Gruppe vom Skifahren im Zillertal zurückgekommen. „Alle Schüler haben es geschafft, rote Pisten zu bewältigen!“, freut sich Ludger Dornebeck, der die Fahrt geleitet hat.

Mission schönerer Schulhof

Viel Engagement für benachteiligte Kinder also – ganz im Sinne des Schul-Namensgebers Theodor Fliedner (der Gründer der Kaiserswerther Diakonie). Zu tun bleibt dennoch genug. Ein Projekt liegt den Schulleitern besonders am Herzen: „In Frohnhausen wünschen sich die Kinder schon lange eine neue Schulhofgestaltung. Mehr Grün, mehr Spielgeräte und einen umzäunten Bereich zum Fußballspielen. In Fischlaken hat die Sparkasse uns mit Auszubildenden unter großem Einsatz einen richtigen Abenteuerspielplatz gebaut – diese tolle Unterstützung bräuchten wir auch im Essener Westen!“

Infos

Theodor-Fliedner-Schule
Städtische Förderschule für Lernen und emotional-soziale Entwicklung
Adresse: Lübecker Straße 15–17, 45145 Essen / Fischlaker Straße 62, 45239 Essen
Gegründet: 1965 (Standort Frohnhausen) / 1937 (Standort Fischlaken)
Anzahl Schüler: 155
Anzahl Lehrer: 23
Anzahl pädagogische Mitarbeiter: 2
Schulleiter: Ludger Dornebeck
Website: www.ruhrtalschule.de

Autor:

Mareike Ahlborn aus Essen-Süd

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