Krankenpfleger wäre ein toller Beruf

Fleißig am Werk: In einer Gruppe für Anfänger und für Fortgeschrittene lernen die Jungs die deutsche Sprache. Brigitte Rohde unterstützt sie dabei als Deutschlehrerin.
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  • Fleißig am Werk: In einer Gruppe für Anfänger und für Fortgeschrittene lernen die Jungs die deutsche Sprache. Brigitte Rohde unterstützt sie dabei als Deutschlehrerin.
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Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Holsterhausen

Ihre neue Heimat befindet sich nun in der Martin-Luther-Straße, unweit der S-Bahnhaltestelle Essen-West. Sie kommen aus Afghanistan oder Syrien, haben Tage und Wochen der Flucht hinter sich und versuchen sich hier ein neues Leben aufzubauen. Die Rede ist von mehreren unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die in den Räumlichkeiten des Mehrgenerationenhauses Essen-West ihren Platz gefunden haben.

„Insgesamt gibt es drei Häuser, in denen Jungs, die dieses Schicksal teilen, untergebracht sind“, erklärt Brigitte Rohde, Leiterin des Deutschkurses. „Mit der Unterbringung in unseren Räumlichkeiten haben wir den wichtigsten Schritt getan: Obdachlosigkeit vermieden. Nun sollen sie deutsch lernen, zur Schule gehen und eine Ausbildung anfangen.“
Die Unterkunft in Essen West ist kein Gefängnis: Mehr als ein Dutzend Jungs wohnen hier in Verselbstständigungs-WGs. Das heißt, dass zwar immer ein Betreuer vor Ort ist, sich die jungen Männer aber eigenständig bewegen können. „Das klappt alles prima“, betont Rohde nochmal. „Wer etwas braucht fragt nach und dann versuchen wir das zu regeln. In Vogelheim, wo etwa 15 Jungs untergebracht sind, sind wir schon einen Schritt weiter. Dort befinden sich alle auf einer Etage in Mehrbettzimmern und es gibt auch eine Küche, wo regelmäßig zusammen gekocht wird.“
Der erste Junge, der in die Räumlichkeiten in Essen-West eingezogen ist, war Najib (17). Er kam im Oktober 2017, hat sich gut eingelebt und macht ungeheure Fortschritte beim Lernen der deutschen Sprache.

Einige haben die Familie bei der Flucht verloren

„Die Flucht war für uns alle sehr schwierig und gefährlich“, erklärt Najib. „Ich habe mich alleine auf den Weg gemacht, was bedeutet, dass meine Familie noch am Leben ist. In unserer Gruppe gibt es aber auch einen Jungen, der seine Eltern und seinen Bruder auf der Flucht verloren hat. Ob sie nun noch am Leben sind oder nicht, kann er nicht sagen. Einfach mal anrufen geht nicht.“ Wie lange die Jungs unterwegs waren, ist unterschiedlich: Bei Najib waren es knapp 45 Tage, bei Emran (14) war es ein Monat. „Wir mussten den ganzen Weg zu Fuß zurück legen und manchmal wussten wir nicht, wie wir an Wasser und etwas zu essen kommen sollten“, erklärt er. Sicherlich wissen die Jungs noch mehr von ihrem beschwerlichen Weg nach Deutschland zu erzählen, aber irgendwie fühlt es sich schlecht an, in dem Erlebten und den persönlichen Erfahrungen, wie der Verlust der Eltern und Geschwister, herumzustochern.
Viel lieber erzählen die Jungs dann vom Deutschkurs und den Fortschritten, die sie machen, um später, nach der Schulausbildung, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. „Deutsch ist eine sehr schwere Sprache, aber wenn man viel lernt, dann klappt das irgendwann sehr gut. Mittlerweile verstehe ich schon gut und ich kann mir vorstellen, später als Kranken- oder Altenpfleger zu arbeiten. Ich mag es, anderen zu helfen“, so Najib.

Cricket ist das neue Fußball

Auch gibt es viel zu berichten, wenn es um die Freizeitaktivitäten geht. Viele spielen gerne Fußball, kochen zusammen, vor allem, wenn jemand wie Masihullah (17) ind er Gruppe ist, der schon sehr gut kochen kann, und manche haben das Glück, dass sie einen Verwandten in der Umgebung haben. „Ein Höhepunkt in letzter Zeit war der Besuch von Brian Mantle vom Deutschen Cricket-Bund“, meint Brigitte Rohde. „Auch hier in Essen existiert eine Cricket-Gruppe und uns wurde gesagt, dass ein paar der Jungs richtige Talente seien. Vielleicht entwickelt sich dahingehend ja noch einiges.“
Sehr stolz sind einige von ihnen auch auf das eigene Fahrrad. Diese wurden zunächst gespendet und die Jungs mussten, um einen Drahtesel ihr Eigen nennen zu dürfen, zuerst einen Kurs absolvieren, in dem sie lernten, wie man ein Fahrrad repariert und in Stand hält. Eine symbolische Summe von fünf Euro musste dann bezahlt werden, um so den „Kaufvertrag“ abzuschließen.
Auch hat sich gezeigt, dass manche der jungen Männer musikalisch begabt sind. Leider mangelt es an Musikinstrumenten. Spenden in dieser Richtung sind daher mehr als willkommen. Zudem ist geplant eine kleine Bibliothek einzurichten, vor allem mit Sachbüchern, dass sich jeder eigenständig weiterbilden und die Sprache verbessern kann. Dabei würden Buchspenden, die dem Alter und Interessen der Jungs entsprechen, äußerst dienlich sein, ebenso wie Sportgeräte wie beispielsweise Tischtennisschläger oder Federballzubehör.

Autor:

Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West

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