Nach Bärendelle jetzt ein weiteres Gebäude-Aus

Foto: privat

"Essen-West-Viertel rutscht ab! Schluss mit Lutherhaus - samt Jugendarbeit !…"

Es gibt kein Eventuell. Kein Vielleicht. Nur: Schluss! Das Gesicht von Pfarrer Wolfgang Knopp spricht Bände. Traurig ist er. Bald ist Schluss mit lustig, lachen im Lutherhaus. Ade! „Die Jugendarbeit findet in der Kerckhoffstraße 22, neben dem Friedrichsbad, seit Menschengedenken statt. Endgültig, am 31. Dezember, wird das gesamte Lutherhaus und auch die Jugendarbeit geschlossen.“ Grund ? Geldmangel!

So ganz von der Essener Szene verschwinden die Jugendlichen allerdings nicht. „Der Umzug geht in die Ohmstraße. Mit dabei sind weiter Regina Grave sowie Carsten Kraus, bewährte Jugendarbeit-Begleiter“, tröstet der Pfarrer.

Fakt ist, dass ab Januar 2014 mal wieder ein großartiger Bau, völlig intakt – mit allem Pipapo wie Bolz-, Grillplatz , mit sanierten Räumen, vielleicht demnächst wohl als Ruine endet. Der Komplex gehört der Luther-Kirchengemeinde Essen-Altendorf.

„Seit Jahren suchen wir händeringend für das drei-geschossige Gebäude einen Mieter oder Käufer, möglichst im Sozialbereich“, betont Wolfgang Knopp. „Wir könnten es uns sehr gut vorstellen, wenn hier ein Familienzentrum wäre. Denn die KiTa, Kerckhoffstraße 22 a, bleibt bestehen.“

Aber auch hier sieht es nicht so rosig ein. „Locker könnten wir im Kindergarten noch drei oder vier Sozial-Pädagogen zusätzlich gebrauchen für die Familien-Betreuung, als Anlaufstelle mit Erziehungshilfe. Denn es gibt immer mehr Eltern mit Kindern, die zu fördern sind, die keinen Plan haben, wie Familie funktioniert, Essen frisch gekocht wird und …“

Tatsache ist, das Haus neben der roten Backstein-Lutherkirche würde der Pfarrer „liebend gern schnellstens wieder mit Leben füllen. Doch wir haben zu wenig Geld, sonst würden wir das Zentrum weiter betreiben.“

Mal wieder werden Jugendliche aus ihrem Umfeld vertrieben. Kleiner Pluspunkt: „Die sind trotzdem sehr mobil. Wir haben eine sehr stabile und gute Arbeit gemacht. Regelmäßig treffen sich mindestens 30 junge Leute hier. Wir hoffen, dass die Jugendarbeit noch wächst. Zielgruppe an der Ohmstraße wie auch hier sind unsere Konfirmanden; davon ausgehend bauen wir die Jugendarbeit auf.“
Klar, die Teenies hocken nicht immer in der Bude. Knopp zählt auf: „Die Jugendarbeit verlagert sich teilweise in Kletterhallen. Oder auf Weidekoppel, Stall. Das Tolle ist, dass Regina Grave ein Pferd besitzt…Beliebt ist nach wie vor das Kochen, weil zunehmend Jugendliche erleben, dass in der Familie nicht mehr geschnibbelt, gebrötschelt wird - danach am Tisch gemeinsam gegessen wird. Die Gemeinschaft wird vermisst.“

Weiter listet der Pfarrer auf: „Ich fänd es schön, wenn es in der Schule durchgehend das Fach „Leben“ gäbe. Beispiel: Wie koche ich, welche Verträge sollte man nicht abschießen, wie wickelt man ein Baby. Techniken, die kaum noch vermittelt werden, um lebenstauglich zu werden. Wie geht man mit Geld um, welche Versicherung, welche Ämter sind wofür zuständig. Eigentlich Aufgaben des Elternhauses, die aber immer weniger vermittelt werden. In diesem Punkt leistet die Jugendarbeit auch Beiträge. Jugendliche kommen mit sehr vertraulichen Fragen zu den zwei Betreuern, die für sie quasi Elternstatus besitzen.“

Knopp resümiert: „Zu Beginn der Jugendarbeit gab es ein festes Programm. Allerdings wurde schnell festgestellt, dass das „Lockmittel“ anders gewünscht wird. „Miteinander Sprechen, einfach im Sessel sitzen – abhängen, Musik hören. Forderungen von Erwachsenen sind das Letzte, was sie reizt. Zumal der Druck von Schule, Eltern wächst. Raus wollen sie; in Ruhe gelassen werden.“

„Wir verstehen Jugendarbeit als Beitrag zur Sozialarbeit im Stadtviertel, der in der Gemeinde wahrgenommen wurde. Dass die Bärendelle nicht weiter genutzt wird, sehen wir als Minus für die Stadt. Jetzt kommt hinzu, dass ein weiteres großes Gebäude, das Lutherhaus geschlossen wird. Wir bedauern es sehr! Man muss aufpassen, dass ein Viertel nicht weiter abrutscht. Das kann schnell passieren mit vielen 16- bis 18-jährigen Jugendlichen. Was machen die am Wochenende? Wenig Angebote, Platz. Viele hängen im Riehlpark, vor der Christuskirche rum“, warnt eindringlich Pfarrer Wolfgang Knopp.

Hoffentlich wird das nicht ein Bumerang für die Stadt. Sparen an falscher Stelle kann die Stadtväter sehr schnell wie ein Hammer total teuer treffen.

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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