Polizeieinsätze wegen Otto Bartning
Fett besprühte Kirchen-Wandfläche sorgt für Aufregung, Gesprächsstoff!
Mülheimer Straße. Wir fahren fast am Apostel-Haus vorbei. Plötzlich – Stau. Bremsen. Riesenbuchstaben prangen auf der Wandfläche der Apostel-Notkirche. Ein Mann steht auf der Leiter, sprüht am helllichten Tag, ein anderer filmt. Autos stoppen. Leute halten inne. Ich steig aus. „Was tun sie denn hier?“ frag‘ ich den Sprayer. „Ich arbeite im Auftrag von Gott!“. Er lächelt und sprüht weiter…
Aber dann, nach meinem irritierten Blick, steigt er von der Leiter, sagt: „Schon zweimal war die Polizei hier…“ Klar!
Er stellt sich vor: „Gigo!“ Zusammen mit Fatmir Dolci, Filmemacher aus Dortmund, gehen wir nebenan ins „Forum“. Wie gerufen kommt Pfarrer Werner Sonnenberg. Doch nach meiner Frage, ob Gigo hier sprühen darf, freut er sich diebisch. „Ja! Aber wir rechneten nicht mit so einem Aufsehen.“
Wer ist Gigo? Künstler und Kunstnomade aus Profession und Leidenschaft, der schon an vielen Hauswänden und Institutionen Wandmalerei gesprüht hat. Ehrenamtsträger „Essens Beste“ 2005.
Jetzt spult in Essen-Frohnhausen eine aufregende Sache ab. Sonnenberg fächert auf: „Ausgangspunkt der Aktion war, dass die Apostel-Notkirche von außen als Kirche nicht wahrnehmbar ist. Hier fehlt der Turm; der gehört nämlich zur Apostelkirche. Überwiegend Trümmerfrauen haben die Notkirche1949 aus Backsteinen des ehemaligen Gemeindehauses errichtet. Also kamen wir zusammen mit dem Presbyterium auf die Idee - nach monatelangen Gesprächen Für und Wider – Gigo zu fragen, wie man diesen historisch wichtigen Raum öffentlich erkennbar machen kann.“
Tja, der 36-Jährige, auch Spitzen-Straßenkünstler, zündete mit dem Gedanken, ein Portrait der Gemeinde und des Ortes zu erstellen. Klartext: „Das geschriebene Wort – wie „Otto Bartning“ ruft spontan Bilder hervor. Gesprühte Worte lösen Assoziationsketten aus; es findet eine Kommunikation von innen nach außen statt.“
Gesagt, gesprüht. In fetten Buchstaben leuchtet riesig „Otto Bartning“. Die zündeten. Brachten Aufregung. Einige sprachen von Schmiererei, riefen die Polizei an. Andere griffen zum Smartphone, tippten den Namen ein, stellten fest, dass er fünf Kirchen in Essen gebaut hat. Irritierte Nachbarn informierten den Pfarrer.
Bis jetzt leuchtet also auf der gräulich-weißen Fläche folgendes:
Otto Bartning - wer genau hinschaut erkennt noch die Spuren des Krieges - in nur 5 Monaten errichtete die Gemeinde die Notkirche.
Der Pfarrer räumt ein: „Eine Einschränkung gibt es. Wenn die Notkirche in ein paar Jahren UNESCO-Welterbe werden sollte und die Richtlinien wollen, dieses Kunstwerk zu entfernen, wird es auch gelöscht. Das ist die Absprache.“
Übrigens die Krönung: Die künstlerischen Prozesse werden filmisch von Dolci, Filmemacher aus Dortmund, festgehalten und dokumentiert.
Gigo vielversprechend: „Wir verraten noch nicht alles. Diese Worte auf der Fassade sind nur die Spitze des Eisbergs. Innerhalb von 14 Tagen entsteht auf dieser Wandfläche ein Kunstwerk.“
Autor:Ingrid Schattberg aus Essen-West |
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