Ohne Tobias Becker wäre Essen arm dran

Tobias Becker - Gründer von "Essen packt an". Foto: Privat
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Essen packt an! Wie geht’s weiter? Er trägt einen Allerweltnamen: Becker! Leicht zu merken: Tobias Becker. Von ihm spricht innerhalb von nur vier Wochen fast ganz Essen.

Die den 28-Jährigen noch nicht kennen, laufen täglich vorbei an seiner Schwerstarbeit - und die seiner Mithelfer. Sie ahnen immer noch nichts? Zentnerberge Laub, Äste, Stämme: Heiße, schweißtreibende Maloche. Handarbeit! Made in Essen. Machbar durch und mit Tobias Becker.

Fast vier Wochen ist es her, dass Orkan Ela die Großstadt Essen in zwei Stunden für immer veränderte, die grüne Lunge schwer traf. Baumteile liegen ordentlich gehäufelt an Weg-, Park-Rändern. Dank sei Becker mit seinen „Engeln“. Aber wie geht’s weiter? Spannendes von dem anziehenden Altendorfer.

West Anzeiger: Erste Gedanken, die Ihnen durch den Kopf schossen, nachdem der Orkan Essen verwüstete?
B.: Gut, dass meinen Freunden und Bekannten nichts passiert ist – so ungefähr muss es nach einem Bombenangriff ausgesehen haben.
W: Wie entstand Essen packt an!
B.: Am Folgetag des Sturms abends. Ich wollte eine Plattform schaffen, auf der sich Menschen schnell und unbürokratisch helfen konnten.
W: Wie viel Mithelfer haben sie nach drei Wochen?
B.: Aktuell haben sich 4425 Helfer bei uns angemeldet - kommen und gehen allerdings auch jeden Tag ein paar Menschen.
W: Sie sind 28 Jahre, wohnen in Altendorf, vorher Essen-Süd, und beruflich?
B.: Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung zum Möbelschreiner, danach Abitur gemacht, danach Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann. Nun arbeite ich seit 4 Jahren als Projektleiter bei virtualnights.
W: Wie planen, organisieren Sie die zig-tausenden Helfer – wer hilft ihnen dabei?
B.: Es gibt in der Gruppe einige Administratoren, diese betreuen die Hilfegesuche und die Hilfsangebote – dafür wurde auch extern eine Orga Gruppe gegründet, um möglichst effizient vorgehen zu können, dazu gibt es eine interaktive Karte – auf der die einzelnen Stellen mit Hilfsbedarf vermerkt sind: https://mapsengine.google.com/map/edit?mid=zTbsiFSDhXmI.k2qftQL1zwiY
W: Der Alltag nach Ela ist bei den Bürgern eingetreten – doch längst noch nicht das Baum-Chaos in der Stadt beseitigt. Wie geht es weiter?
B.: Die Gruppe ist immer noch aktiv, jeden Tag sind 150-200 Helfer draußen, räumen auf. Am Wochenende sogar bis zu 600 Menschen. Aktuell ist die Abstimmung mit Grün und Gruga sehr gut voran geschritten, sodass Hand in Hand gearbeitet werden kann.
W: Was vermissen sie von Stadt, Politik? Freiwillige monieren, nicht die kleinste Unterstützung der Stadt, keine Handschuhe Müllsäcke. Woher kommen die Sachen?
B.: Die Stadt tut alles, was im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten liegt – es gibt in Essen nun mal keine Handschuhausgabestelle – das ist für einige nur schwer nachzuvollziehen… Vieles wird privat gespendet, wir haben mit Markus Pajonk einen extrem engagierten Helfer, der sein privates Konto zur Verfügung gestellt hat – um entsprechend benötigte Utensilien aus Spendengeldern kaufen zu können.
W: Welche Hilfen gab’s bisher wie EVAG-Tickets, DANKE-Schriftzug an Omnibussen, Bahn…
B.: Da gab es schon einiges, am besten in der Dankesliste der Gruppe nachzusehen: https://www.facebook.com/notes/essen-packt-an/danke-liste/726597920730827
W: Was stößt sauer auf bei Ihnen und Mitmachern?
B.: Eigentlich nichts, ich bin ein geduldiger Mensch – und da wir eine offene Gruppe sind – darf auch jeder seine Meinung und seine Gedanken äußern. Die Gruppe ist in sich stabil – bremst an den richtigen Stellen diverse Auswüchse gekonnt aus – bei so vielen Menschen - menschelt es halt hier und da mal.
W: Woher beziehen alle Ehrenamtlichen immer wieder die Energie zum Helfen?
B.: Gute Frage – ich glaube es ist die Einsicht, dass, wenn man nicht selbst etwas bewegt, es viel länger dauert bis die Schäden beseitigt sind. Dazu das Gefühl, gebraucht zu werden und in einer tollen Gemeinschaft etwas erreichen zu können.
W: Wochenlange schweißtreibende Arbeit von Tausenden – was passiert nach dem Aufräumen mit dem „Stadt-Juwel“ Essen-packt-an. Auflösung? Haben Sie schon neue Pläne?
B.: Aktuell ist noch so viel aufzuräumen, da steht die Zukunft der gruppe noch in den Sternen. Schön wäre, wenn am Ende der Aufräumarbeiten ein Kern bestehen bleibt, der sich weiter im nachbarschaftlichen Sinne engagiert und den Grundgedanken – Helfen statt Ignorieren - weiter lebt.
W.: Die Menschen ackern kostenlos seit Wochen im Akkord für die Großstadt Essen. Teilweise Leute ohne Job? Hohes Lob kommt u. a. von Firmen, die mit Grün Gruga arbeiten. Wurden zwischenzeitlich einigen Anstellungen in Aussicht gestellt?
B.: In der Gruppe ist in der Tat jede gesellschaftliche Schicht vertreten. Das macht allerdings keinen Unterschied, da man an einem gemeinsamen Projekt arbeitet – ob nun Arbeitsloser oder Akademiker – wenn der Baum im Weg liegt, kommen beide nicht durch. Von Seiten Grün und Gruga wurde anscheinend über Kurzanstellungen und temporäre Urlaubsvertretungen nachgedacht; dies würde dann allerdings von Grün und Gruga zum passenden Zeitpunkt kommuniziert werden, aktuell passiert noch alles im Ehrenamt.

E wie Ehrenamt. Alle ziehen an einem Strick für unsere Stadt. Einzigartig. Einmalig. Wir bleiben am Ball. Becker – nicht Boris; Tobias mit toller Truppe sind unsere Helden.

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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