„Kriegsschauplatz“ Essen-West

Noch unvollendete Zukunftsmusik am KRUPP-Gürtel | Foto: Bildschirm-Foto aus thyssenkrupp-realestate.com
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  • Noch unvollendete Zukunftsmusik am KRUPP-Gürtel
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Zum Hickhack zwischen Frohnhausen und Altendorf

Das häufige Wehklagen aus Frohnhauser Kreisen einschließlich der Berichte im Lokalkompass stellt immer wieder die SPD und den Oberbürgermeister an den Pranger. Vordergründig betrachtet mag das auch als berechtigt erscheinen. Das Oberhaupt der Stadt Essen scheint demnach wohl nicht viel mehr als ein gewählter repräsentativer „Spaziergänger“ zu sein und damit dem Anschein nach auch zufrieden.

Bewegen kann er nicht viel. Die fast überbordende Anzahl an gemeinsamen Anträgen der „Fraktionen von CDU/Grünen/FDP und EBB im Rat der Stadt Essen“ zeigt, wo es gegen die Mehrheitspartei SPD langgeht. (Das EBB listet sie gern genüsslich auf wie hier: http://buergerwaehlen.de/joomla/index.php?option=com_content&task=category§ionid=13&id=46&Itemid=132.)
Damit ist auch die SPD nicht der geeignete Buhmann für den gelegentlichen Zorn von Bürgern. Denn in der eigentlichen „Koalition der Macht“ scheint sie nicht vertreten. (Es sei denn, wie auch nicht gerade selten, die SPD macht mit, schließt sich dem Viererbündnis an und gibt sich neoliberal statt sozial. Herrlicher Einblick in das Ratsgeschehen HIER durch die Linke.)

Hickhack ist angesagt auch über die Aufteilung in Stadtteile und deren Zuordnung zu Bezirksvertretungen. Da wurde großenteils zusammmengemixt, was nicht zusammen gehört oder passt. Zunächst ein Überblick:

Stadtteilname und -nummer / Bezirksvertretung
http://www.essen.de/de/Leben/Stadtteile/Stadtteilliste.html
Sortiert nach BV:
Frillendorf (36) / I - Huttrop (11) / I - Nordviertel (3) / I - Ostviertel (2) / I - Stadtkern (1) / I - Südostviertel (6) / I - Südviertel (5) / I - Westviertel (4) / I - Bergerhausen (13) / II - Rellinghausen (12) / II - Rüttenscheid (10) / II - Stadtwald (14) / II - Altendorf (7) / III - Frohnhausen (8) / III - Fulerum (15) / III - Haarzopf (28) / III - Holsterhausen (9) / III - Margarethenhöhe (41) / III - Bedingrade (17) / IV - Bergeborbeck (23) / IV - Bochold (22) / IV - Borbeck - Mitte (21) / IV - Dellwig (19) / IV - Frintrop (18) / IV - Gerschede (20) / IV - Schönebeck (16) / IV - Bredeney (26) / IX - Fischlaken (42) / IX - Heidhausen (30) / IX - Kettwig (49) / IX - Schuir (27) / IX - Werden (29) / IX - Altenessen - Nord (24) / V - Altenessen-Süd (25) / V - Karnap (40) / V - Vogelheim (50) / V - Katernberg (39) / VI - Freisenbruch (45) / VII - Horst (46) / VII - Kray (35) / VII - Leithe (47) / VII - Schonnebeck (37) / VII - Steele (34) / VII - Stoppenberg (38) / VII - Burgaltendorf (48) / VIII - Byfang (33) / VIII - Heisingen (31) / VIII - Kupferdreh (32) / VIII - Überruhr - Hinsel (43) / VIII - Überruhr - Holthausen (44) / VIII

Zusammenfassung von Stadtteilen in der Bezirksvertretung III:
Altendorf - Frohnhausen - Fulerum - Haarzopf - Holsterhausen - Margarethenhöhe >

Dazu noch die Wahlergebnisse für die Bezirksvertretungen:
http://www.essen.de/de/Rathaus/Aemter/Ordner_12/Wahlen/KW/Kommunalwahl09BV.html
Daraus bei der Kommunalwahl 2009 für den Stadtbezirk III:
http://old.essen.de/Wahlen/Ergebnisse/KW-2009/bezirksvertretung/bv3/javascript/ergebnisse.htm

Wie oft unvereinbar die Interessen verschiedener Stadtteile in einer gemeinsamen Bezirksvertretung auf einander prallen können und müssen, geht zum Teil schon aus den Stadtteilprofilen hervor.

Stadtteil-Portraits BV III
http://www.essen.de/de/Leben/Stadtteile/Stadtteilprofile/Altendorf.html
http://www.essen.de/de/Leben/Stadtteile/Stadtteilprofile/Frohnhausen.html
http://www.essen.de/de/Leben/Stadtteile/Stadtteilprofile/Fulerum.html
http://www.essen.de/de/Leben/Stadtteile/Stadtteilprofile/Haarzopf.html
http://www.essen.de/de/Leben/Stadtteile/Stadtteilprofile/Holsterhausen.html
http://www.essen.de/de/Leben/Stadtteile/Stadtteilprofile/Margarethenhoehe.html

Zu all dem gesellt sich dann noch das Interessengeflecht beim „Konzern Stadt Essen“:

Beteiligungen
http://www.essen.de/de/Aktuell/konzernbeteiligungen.html

akuras GmbH -/- ALLBAU AG (ALLBAU) -/- ALLBAU Managementgesellschaft mbH (AMG) -/- Altstadt-Baugesellschaft mbH &Co.KG (ABG) -/- Arbeit & Bildung Essen GmbH (ABEG) -/- Bfz-Essen GmbH (BFZ) -/- ComIn Genius GmbH (CG) -/- ComIn Personal- und Service GmbH (CPS) -/- ekz.bibliotheksservice GmbH (EKZ) -/- EMG - Essen Marketing GmbH Gesellschaft für Stadtwerbung, Touristik und Zentrenmanagement (EMG) -/- Entsorgungsbetriebe Essen GmbH (EBE) -/- Entwässerung Essen GmbH (EEG) -/- Entwicklungsgesellschaft Universitätsviertel Essen mbH (EGU) -/- Entwicklungsgesellschaft Zollverein mbH (EGZ) -/- enuvo - rhein ruhr partner Gesellschaft für Erneuerbare Energien mbH (ENUVO) -/- Essener Arbeit-Beschäftigungsgesellschaft mbH (EABG) -/- Essener Sport-Betriebsgesellschaft mbH (ESBG) -/- Essener Systemhaus (ESH) – eigenbetriebsähnliche Einrichtung -/- Essener Technologie- und Entwicklungs-Centrum GmbH (ETEC) -/- Essener Verkehrs-AG (EVAG) -/- Essener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (EVV) -/- Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (EWG) -/- Evangelisches Seniorenzentrum Kettwig gGmbH (ESK) -/- EVV Verwertungs- und Betriebs GmbH (EVB) -/- E-world energy & water GmbH (EWEWG) -/- Flughafen Essen/Mülheim GmbH (FEM) -/- Gemeinnützige Theater-Baugesellschaft Essen mbH (TBE) -/- Grün und Gruga Essen– eigenbetriebsähnliche Einrichtung (GGE) -/- Grundstücksverwaltung Stadt Essen GmbH (GVE) -/- GSE Service GmbH (GSESG) -/- GSE Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen mbH (GSE) -/- infralogistik ruhr GmbH(IRG) -/- Jugendhilfe Essen gGmbH (JHE) -/- KettwigService GmbH (KSG) -/- Kommunale Gasspeichergesellschaft Epe mbH & Co. KG (KGE) -/- Kommunale Gasspeicher Beteiligungsgesellschaft Epe mbH (KGBE) -/- Messe Essen GmbH (ME) -/- Otto Lingner Verkehrs-GmbH (OLV) -/- PerTransfer Essen GmbH (PTG) -/- Projektentwicklungs-Gesellschaft Essen mbH (PROESS) -/- pts GmbH (PTS) -/- Revierpark Nienhausen GmbH(RN) -/- RGE Servicegesellschaft Essen mbH (RGE) -/- rhein-ruhr partner Messdienstleistungsgesellschaft mbH (RRPM) -/- Ruhr 2010 GmbH (R2010) -/- RW Energie Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (RWEB) -/- Sport- und Bäderbetriebe Essen – eigenbetriebsähnliche Einrichtung (SBE) -/- Stadtbahn-Betriebsführungsgesellschaft Ruhr mbH (SBG) -/- Stadtwerke Essen AG(SWE) -/- Suchthilfe direkt Essen gGmbH (SDE) -/- Theater und Philharmonie Essen GmbH (TUP) -/- Verwertung und Entsorgung Karnap-Städte Holding GmbH (VEKS) -/- Via Verkehrsgesellschaft mbH (VIA) -/- Wassergewinnung Essen GmbH (WEG) -/- Weisse Flotte Baldeney-GmbH (WFB) -/- zebra. Gesellschaft für Baumanagement mbH (ZEBRA) -/- ZukunftsZentrumZollverein AG zur Förderung von Existenzgründungen -/- - Triple Z - (ZZZ)

Da kann es auch schon mal riesigen Ärger geben, wenn ausgerechnet bei einen gemeinnützigen Unternehmen im Bereich sozialer Dienste das Chefgehalt um fast 50 Prozent (von rund 100.000 auf rund 150.000 EUR plus Auto plus Pension) erhöht wird, während woanders beim Kampf und Lohn- und Gehaltserhöhungen um Prozentpunkte hinter dem Komma hart gekämpft wird. Das wurde in der WAZ als "Gehalts-Affäre" behandelt. Die „Stadt Essen“ sah sich genötigt, gegen diese und andere Meldungen und sogar gegen die Art der Wortwahl in einer eigenen Erklärung vehement zu protestieren und zu erklären: „Die Stadt Essen erarbeitet bereits seit einiger Zeit einheitliche Grundsätze für zukünftige Vergütungsregelungen in den Tochtergesellschaften. Ziel dabei ist es, die festgeschriebenen Anteile der Vergütungen zu verringern und die variablen Anteile, also Prämien, die nur bei Erreichung vorher vereinbarter Ziele gezahlt werden, zu erhöhen. ...“ – Wer sich erinnert, dass in der Wirtschaft infolge hoher Verluste sogar dramatisch gescheiterte Manager „Erfolgs“-Prämien und nach ihrem Rausschmiss fürstliche Abfindungen einstreichen konnten, darf gespannt sein, was die Stadt Essen angesichts ihres „Public Corporate Governance Kodex“ in dieser Hinsicht unternehmen mag. Auszubildende bei der Stadt Essen müssen sich selbst im vierten Ausbildungsjahr, in dem sie sicherlich schon gute Arbeit abliefern, mit 10.951,08 Euro pro Jahr abfinden. Das sind (natürlich auch ohne Auto) etwas über 7 Prozent dessen, was ein Geschäftsführer im gemeinnützigen sozialen Dienst mit dem Segen von Aufsichtsräten abgreifen darf. (Siehe auch HIER.)

Inwieweit bei diesem „Konzern Stadt Essen“ mit Stadt und Rat als Überbau auch noch Parteiinteressen und Postenschacherei für verdiente Parteisoldaten eine Rolle spielen, mag dahin stehen. Essen hat eine Transformation von Bergbau und Schwerindustrie zu einer Dienstleistungshochburg hinter sich und damit einen mühsamen Weg bewältigt. Nach einem Höchststand der Einwohnerzahl mit 731.220 Einwohnern im Dezember 1962 waren in Essen im Dezember 2011 nur noch 573.468 Einwohner zu zählen. Das bedeutet einen Rückgang um -21,6 Prozent. Darin sind die Migranten enthalten. Dagegen ist die Einwohnerzahl der Bundesrepublik Deutschland im gleichen Zeitraum um etwa neun Prozent angestiegen; ebenfalls einschließlich der Migranten. Hinter den Millionenstädten Berlin, Hamburg, München und Köln stand Essen 2011 an neunter Stelle der Großstädte in Deutschland und noch vor Bremen, Dresden, Leipzig oder etwa Hannover. (Aktuelle Zahlen zur Bevölkerungsstatistik findet man HIER.)

Der wirtschaftliche Hintergrund ist bei diesen Veränderungen zwischen Staat, Bundesland und Stadt oder Landkreis nicht einheitlich und auch nicht zu vergleichen. Essen hat praktisch alles verloren: Kohle, Stahl und Schwermaschinenbau sind weg und hinterließen zunächst einmal riesige Industriebrachen, die erst nach und nach kultiviert oder zeitgemäß umgewidmet werden konnten. Auch wenn Essen sich eine „Einkaufsstadt“ nennt, ist die Stadt doch eher zu einem Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum mutiert. Probleme bei der Ansiedlung neuer Unternehmen ergaben sich zum großen Teil aus der unseligen Praxis der Konkurrenz von Bundesländern und Städten bei der Gewährung von „Geschenken“. Mancher Investor hätte selbst nach vielen Jahren über seine Steuern und die Kaufkraft von Beschäftigten für die Kommune nicht eingefahren, was er als Morgengabe von der Stadt erwartete oder gar forderte. Wie schlimm im Vergleich zu Bund oder Land die Globalisierung mit ihrem Export von Arbeitsplätzen bei entsprechendem Import von Arbeitslosigkeit der Stadt zugesetzt hat, lässt sich nicht zuverlässig ermitteln.

Fest steht dagegen, dass die Stadt gegenüber den unteren Kaufkraftklassen immer bürgerunfreundlicher wurde. Dagegen wurden die oberen Kaufkraftklassen unübersehbar verwöhnt, so dass sich der Wohnwert der Stadt für sie spürbar erhöhte und auch die Gastronomie entsprechend aufblühte. Was dabei aus allgemeinem Steueraufkommen an Zuschüssen in den Unterhalt von Prestige-Objekten abfloss, mag dahin stehen, weil ein Ausufern ja dadurch gebremst wurde, dass die Stadt unter finanzielle Vormundschaft gestellt wurde. Und was weg ist, ist weg, es kommt nicht wieder. Die eigentlichen und wirklichen Probleme liegen ja nun auf anderen Gebieten und drohen noch anzuwachsen, wenn der Sanierungsbedarf bei der Infrastruktur erst voll durchschlägt.

Zu diesem Hintergrund, der alles andere als vollständig ist, gehört noch der Aspekt, das die gewählte Vertretungs- und die installierte Verwaltungs- und Entscheidungshierarchie unter rational kaufmännischen Gesichtspunkten alles andere als zielführend und somit eigentlich auch nicht so effizient wie eigentlich nötig arbeitet. Was im Wirtschaftsleben aus erkannter Notwendigkeit möglichst schnell entschieden wird, quält sich in den politisch dominierten Institutionen oft erst ätzend lange durch einen Debattier- und Konfrontationssumpf, der durch ideologische Regengüsse obendrein immer matschiger wird. Dabei stellt sich in politischen und von der Politik kontrollierten Fachbereichen nicht selten die Frage nach tauglicher Kompetenz. Parteien sind ja keine Vereine, die nur kosten wie etwa Brieftaubenvereine, Karnickelzuchtvereine oder Motorradclubs, aber hohe Kompetenz versammeln, sondern sie sind für gewitzte (nicht unbedingt auch gebildete und kultivierte) Bürger auch Pforten zu Karriere, Prominenz und oft unfassbar einträglichen Pfründen, ohne dass sie ein soziales Gewissen und eine echte fachliche Kompetenz mitbringen. Sie müssen sich nur gut vernetzen, eloquent daherreden und jedermann vorgaukeln können, dass sie für ihn die beste Wahl sind. Dann klappt's auch mit dem Gewählt- und Engagiertwerden.

Dadurch entsteht bei den offen vorgetragenen und nicht selten nur insgeheim verfolgten Interessen eine unzuträgliche Gemengelage, aus der heraus nicht selten Entscheidungen getroffen werden, die mit einem Wählerauftrag absolut nichts mehr zu tun haben und betroffene Bürger arg verprellen. Sie verstehen die Welt nicht mehr und würden sie im Glauben an „Demokratie“ erst recht nicht mehr verstehen, wenn ihnen die verborgenen Kungeleien bekannt würden. Dass es bei dem „Konzern Essen“ mit seinem verwaltungstechnischen Teil und den vielerlei Verflechtungen mit privatrechtlich aufgezogenen Unternehmungen zu manchmal irrationalen, unrationellen und vor allem unwirtschaftlichen Ausrutschern kommen muss, liegt auf der Hand, wenn man bedenkt, von welchem Kaliber manche „Volksvertreter“ sind, die kraft Mandat Druck ausüben können, obgleich sie besser erspart bleiben sollten.

Für die Gesamtheit dessen, was der „Konzern Essen“ leistet, die Verantwortung zu tragen, ist für jemanden wie den Oberbürgermeister ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Es ist ihm auch unmöglich, dafür zu sorgen, dass alles jederzeit mit rechten Dingen zugeht und allen Belangen der Bürger auch gerecht wird. Anders wäre es vielleicht, wenn ein Stadtoberhaupt allen Bediensteten und Beteiligten gleichzeitig in den Kopf schauen und deren Gedanken lesen könnte. Dann würden wohl zahlreiche Stellen frei und die übrigen Leute sinnvollere Arbeit leisten. Jemand an der Spitze einer Stadt wie Essen kann nur „die großen Linien“ sehen und verfolgen sowie hoffen, dass er selbst dabei nicht in eine falsche Spur rutscht.

Eine solche Spur könnte beispielsweise sein, wenn die Stadt den horrenden Wünschen des IKEA-Konzerns nachgäbe. Denn eine Vergrößerung der Niederlassung bei gleichzeitiger Ausweitung des Sortiments würde dem angestammten Essener Einzelhandel sehr gefährlich werden und ihm mit Sicherheit starke Einbrüche bescheren. Denn IKEA ist bei allem, was nicht ausgesprochen „Möbel“ ist, weitgehend ein China-Laden mit durchaus nicht schlechten, aber meist unschlagbar billigen Produkten. Da muss man – weil unfruchtbar – nicht unbedingt eine Debatte über die Arbeitsbedingungen in China und über das Los der dortigen Arbeiter führen. In jedem Fall muss man im Auge behalten, was ein umsatzträchtiger IKEA-Auftritt mit entsprechenden Produkten für den anderen Handel in Essen bedeuten würde. Denn IKEA sagt es nicht, insistiert es aber sinngemäß: „Geiz ist geil!“ Weil: Platz sparen beim Transport, der meistens mit dem eigenen Mobilchen klappt, und selbst die Möbel zusammen basteln… – das spart. IKEA nun auch noch den Weg frei zu machen für ein Konzept, das die Angliederung von Fachmärkten vorsieht, würde bedeuten, dass IKEA voraussichtlich zunächst über die Preise anderen Fachhändlern Kunden abjagen und sogar der City-Mall am Limbecker Platz Einbrüche bescheren würde.

Sieht man diese Aspekte und das Verhalten der Stadt noch eher positiv, so fällt es doppelt schwer, dem Gezerre um den Bau des RWE-Stadions Positives abzugewinnen, wo die Stadt viele Millionen versenkt hat und künftig noch versenken wird, während sie auf der anderen Seite für die OASE keinen Cent mehr aufwenden wollte. Es wurde auch einer gewissen Großmannssucht mit Millionen gefrönt, wie die Online-WAZ berichtete: „Die GVE baut das Stadion für Rot-Weiss Essen. Und anders als bislang vorgesehen, will die städtische Tochter für 3,9 Millionen Euro bereits jetzt den VIP- und Ausstellungsbereich der Arena bauen. Ursprünglich sollte dies erst geschehen, wenn der Viertligist RWE mindestens in die dritte Liga aufsteigt.“ Argumentiert wurde mit der Feststellung, „dass der Verein in die Lage versetzt werden müsse, durch die Vermarktung der Mehrfläche weitere Einnahmen zu erzielen“. Von sicherer Kostendeckung keine Rede. Solche Luftschlösser als Begründung für eine Geldverschwendung zugunsten von „VIP“s passt in das Bild, dass sich eine klüngelnde Elite nicht angemessen um die wirklichen Belange von Bürgern ohne VIP-Status sorgen mag; dass gesellschaftlich und politisch Bessergestellte sich prominent vom gewöhnlichen Volk in einem besonders geschützten Bereich als eine besondere Klasse darstellen möchte.

Da scheint nun auch ins Bild zu passen, was sich in den Köpfen der Bürger von Frohnhausen und Altendorf an Spannungen aufgebaut hat. Altendorf erhielt eine großzügige Unterstützung bei der Stadtteil-Umgestaltung. Frank Blum vom Lokalkompass schrieb unter der Überschrift „Altendorfer Aufwärtstrend“ (http://www.lokalkompass.de/242495): „Während die Stadt in Frohnhausen gerne mal den Rotstift zückt, geht‘s in Altendorf weiter aufwärts: Nach der Eröffnung des Krupp-Parks sind nicht nur die Bauarbeiten rund um den Niederfeldsee und das Fachmarkt-Zentrum an der Haedenkampstraße in vollem Gange. Auch die Christuskirche erstrahlt nun in neuem Glanz und der Ehrenzeller Platz ebenso. Im einstigen „Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf“ tut sich also sichtbar eine ganze Menge. Hoffen wir einmal, dass Frohnhausen dabei nicht auf der Strecke bleibt und demnächst auch „erneuert“ werden muss... – Was meinen Sie, liebe Leser?“

Was meint der Leser wohl? – In Altendorf leben auf einer Fläche von rund 256 Hektar über 21.000 Menschen. Fast 30 Prozent der dortigen Bürger (Zahl von 2006) gehören zur „nichtdeutschen“ Bevölkerung, während der Ausländeranteil in der gesamten Stadt mit 12,8 Prozent knapp über dem Landesschnitt liegt (Zahl von 2010). Bei Statistiken muss man höllisch darauf achtgeben, ob nur Menschen mit ausländischem Pass oder auch Deutsche mit ausländischer Herkunft gezählt sind. Zählt man diese mit, kommt man auf wesentlich höhere Anteile. Manche Bürger fragen sich (nicht nur in Thekengesprächen): „Warum Altendorf?“ Wo doch Altendorf nicht selten als „Klein-Antalya“ diffamiert wird. – Das hat Gründe: Altendorf folgt insgesamt einem weitgreifenden Masterplan, der sogar eine günstigere Beeinflussung der Luftbewegungen in der Stadt einschließt – sozusagen die klimatische Beeinflussung und Belüftung Essens bis in die City hinein.

Und Frohnhausen? – Diesem Stadtteil nähert man sich am besten durch die Gegenüberstellung von zwei Feststellungen zu Fläche, Einwohnerzahl und Bevölkerungsdichte:
Stadtbezirk IX: Werden/Kettwig/Bredeney weist 54,91 Quadratkilometer mit 50.148 Einwohnern bei einer Bevölkerungsdichte von 913 Einwohnern je Quadratkilometer auf.
Dagegen der Stadtbezirk III: Essen-West beherbergt auf 16,41 Quadratkilometern 93.780 Einwohner, was einer Bevölkerungsdichte von 5.715 Einwohnern je Quadratkilometer entspricht.
Auf nur rund einem Drittel der Fläche drängt sich im Stadtbezirk III das mehr als Sechsfache an Bürgern. Dabei gehört zum Stadtbezirk III mit den Stadtteilen Haarzopf und Fulerum auch relativ locker besiedeltes Areal.

In diesem drastischen Unterschied drückt sich auch ein Wohlstandsgefälle aus. Das wiederum kongruiert weitgehend mit einem Bildungsgefälle und mit den Arbeitslosenquoten. Doch alles – das eine wie das andere – ist Essen. Die Verwaltung bemüht sich um Ausgleich entsprechend den Gesetzen, den guten Vorsätzen, den wohlfeilen Sonntagsreden und unter dem Gewitter der nicht immer braven Medien, obendrein von der Politik nicht selten eher behindert als gefördert.

Hinzu kommt, dass zwischen Arbeitsamt und Sozialamt oft kein Unterschied besteht, dass sich in bestimmten Stadtvierteln geradezu demokratiefreie Zonen gebildet haben, weil ein großer Teil der Bewohner ohne deutschen Pass nicht wahlberechtigt ist und auch kein politisches Interesse entwickelt. Da werden Verhaltensweisen aus Traditionen und Vorschriften abgeleitet, die nicht demokratischen, sondern streng religiösen Ursprungs sind. Es sind beispielsweise kaum „die“ Türken, die etwas fordern oder ablehnen, sondern bestimmte „Vertreter“, welche für ihre Landsleute sprechen und nicht von deutscher Seite demokratisch kontrolliert werden, sondern eher ihren übergeordneten Stellen in ihrem Herkunftsland verantwortlich sind. Die Verwaltung muss auch den Spagat zwischen einer faktisch existierenden und sich weitgehend selbst organisierenden Parallelgesellschaft und dem Befremden der angestammten Bevölkerung schaffen.

Was ist dagegen die einer „Neiddebatte“ ähnelnde Auseinandersetzung von Frohnhausen versus Altendorf gegenüber der Politik? – Es geht der Stadt, ohne dass sie es auch so ausdrückt, in Altendorf auch darum, einen Stadtteil nicht total absaufen zu lassen, ihn durch eine Erhöhung des Wohnwertes, durch Schaffung modernen Wohnraums attraktiv zu machen, wozu später auch gehören mag, dass ganze Häuserzeilen im Bereich des Wohnquartiers Amixstraße abgerissen werden. (Näheres zum gesamten Themenkomplex: http://www.staedteregion-ruhr-2030.de/cms/shared/datei_download.php?uid=33815a0a14ddb6d04c0607e481ed8c61) Die Anlegung des Niederfeld-Sees ist nur ein kleiner Anfang. Im Zuge der dort erst einmal realisierten Wohnbebauung und nach Realisierung „hochwertiger Wohnnutzungen und kleinteilig gemischter Bauflächen“ im Bereich des heutigen Real-SB-Warenhauses wird die Stadt wohl mit Erfolg vermieden haben, dass dem Essener Westen ein ähnliches Schicksal widerfährt wie Berlin-Neukölln. Dort ist der nördliche Teil auf dem besten Wege zu einem „Scharia-Land“, in das sich selbst die Polizei kaum noch hinein traut, während arrivierte Migranten sich eher gutbürgerlich im südlichen Teil Neuköllns ansiedeln.

Wenn Essen mit einem jetzt noch geringeren Anteil an Migranten als etwa Dortmund oder Duisburg vorbeugen statt später aussichtslos heilen will, muss die Stadt klotzen statt kleckern, wobei das „Gerechtigkeitsempfinden“ von Frohnhausen gegenüber Altendorf sich gestört fühlen mag. Nur eine gründliche „Aufforstung“ von Stadtteilen mit auch sich anschließenden verteilten Durchmischungen der Wohnbevölkerung bei gleichzeitig gut geplanten und durchgesetzten Einkaufsmöglichkeiten (Nahversorgung) beim Einzelhandel verspricht eine Wiedergewinnung und Erhaltung von Attraktivitäten. Sonst hätte der Begriff „Soziale Stadt“ nicht erst geprägt werden müssen.

Im Rahmen des „Masterplans Ruhr“ kann man all diese Aspekte in viel weiträumigerer Sichtweise wiederfinden und auch einsehen, denn das Ruhrgebiet zwischen Duisburg und Dortmund ist dabei, sich zu einer Mega-City von hohem kulturellen und wirtschaftliche Niveau zu entwickeln, der nur noch ein gemeinsamer Name fehlt und die von vielen Politikern trotz aller Beschwörungen noch immer nicht verstanden wird. Da stehen noch zu viele Kirchtürme in diesem Bereich, um die herum Politik gemacht wird, auch wenn es den Nachbarn schadet. Was fehlt (und wegen der Einflugschneisen für den Düsseldorfer und Mülheimer Flughafen nicht realisierbar ist) ist ein 300 Meter hoher Sendemast mit Aussichtsplattform, der als „Kirchturm“ für das gesamte Ruhrgebiet angesehen werden könnte.

Für Frohnhausen wird es eine Weile zu einer „Durststrecke“ kommen, bis erkennbar wird, dass auch der Streit zwischen BV I und BV III eigentlich völlig überflüssig ist, weil es zu viele Bezirksverwaltungen gibt, die alles nur komplizieren und zum Teil rausgeworfenes Geld und verschwendete Lebenszeit bedeuten. Auch hier wird die Stadt klotzen müssen, ohne Rücksicht auf jene zu nehmen, die aus verständlicher Eitelkeit oder aus Angst vor Machtverlusten eine Verschlankung der Verwaltung blockieren möchten. Verabschieden sollten sich auch viele Klein-Klein-Politiker von einem Denken in Wahlperioden, von ihrer periodischen Gefallsucht im Interesse ihrer Partei, die sich oft eher als eine Glaubensgemeinschaft mit einem Programm als Katechismus geriert und sich nicht als Werkzeug zur Erledigung von Aufgaben und zur Lösung von Problemen erweist.

Trotz allem muss Frohnhausen nicht untätig sein und mag das kommende Jahr 2013 dazu nutzen, dass die vorhandenen lokalen Institutionen sich darauf besinnen oder erarbeiten, was notwendig ist, um auch wirklich effizient (effizient!) aus eigener Initiative die Situation im Stadtteil zum Besseren zu wenden. Letztlich, was auch immer die Stadtspitze entscheidet, bleibt sowieso das Wesentliche an den Frohnhausern selbst hängen. Und wenn sich bei notwendigen und wirklich mit Sicherheit nützlichen Maßnahmen herausstellt, dass es ohne die Mitwirkung der Stadt nicht geht, können sie mit klaren und wohlbegründeten Forderungen an die Stadtspitze herantreten, ohne nur herum zu jammern und auf Altendorf oder andere Stadtteile zu schielen.
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Viele nützliche Informationen einschl. Karten.
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Wohin die Reise gehen mag, wird auch schon für ESSEN.2030 angedacht.
(Schön koloriertes Bla-bla unter teurer Assistenz von Roland Berger...
Thomas Kufen (CDU-Fraktionsvorsitzender) "fragt sich, ob das bisher Geleistete nicht genauso gut oder besser von den städtischen MitarbeiterInnen anstelle von Roland Berger hätte erarbeitet werden können".)
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Autor:

Manfred Schuermann aus Essen-Ruhr

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