„Ein Raum für intimeVeranstaltungen“

Wo einst die Löhne an Gelsenkirchener Arbeitnehmer ausgezahlt wurden, zahlt heute das Publikum Eintritt, um Kultur wirklich hautnah erleben zu können. Das Foto entstand beim dritten Kultursalon, zu dem allerdings kein Eintritt erhoben wurde.Foto: Kurt Gritzan
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  • Wo einst die Löhne an Gelsenkirchener Arbeitnehmer ausgezahlt wurden, zahlt heute das Publikum Eintritt, um Kultur wirklich hautnah erleben zu können. Das Foto entstand beim dritten Kultursalon, zu dem allerdings kein Eintritt erhoben wurde.Foto: Kurt Gritzan
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Wo einst die Löhne an die Gelsenkirchener Arbeitnehmer ausbezahlt wurden, wird seit bereits mehr als 20 Jahren Kultur betrieben. Der Kulturraum „die flora“ wurde ins Leben gerufen, um der freien Szene eine Auftrittsmöglichkeit zu bieten und ist heute aus dem Gelsenkirchener Kulturleben nicht mehr weg zu denken.

In diesem Jahr dürfen sich die Gelsenkirchener aus mehr als 70 Veranstaltungen der verschiedensten Kulturrichtungen freuen, die sie in dem kleinen, aber feinen Raum präsentiert bekommen.
„Wegen der Sicht, die von den Marmorsäulen der ehemaligen Landeszentralbank schon ein wenig eingeschränkt wird, stehen uns bei Veranstaltungen auf der Bühne nur 99 Plätze zur Verfügung. Die 'flora' ist eben ein Raum für intimere Veranstaltungen, aber sie bietet auch rechts und links Raum zum Denken“, erläutert flora-Leiterin Wiltrud Apfeld.
Und das wissen die Künstler wie auch die Besucher zu schätzen. Zumal die „flora“ wirklich eine Menge zu bieten hat: Lesungen, Filme, Theater, Musik verschiedenster Genres, politische und auch heimatkundliche Themen. Dargeboten werden die Veranstaltungen von heimischen Eigengewächsen wie auch Gästen aus nah und fern.
Auch nach mehr als 20 Jahren ihres Bestehens bietet die „flora“ den Künstlern den Freiraum auf eigene Charge zu spielen. Das ist Wiltrud Apfeld wichtig: „Wir müssen die heimischen Künstler fördern, um sie hier in der Stadt halten zu können. Aber wir sind auch glücklich, wenn eine Produktion, die hier Premiere gefeiert hat, in einer anderen Stadt gespielt werden kann.“

Karrieresprung: Von der „flora“ in die weite Welt

Auch wenn sich an dem Ursprungsmotto „Wir haben kein Geld, aber wir machen was draus“ bis heute nicht viel geändert hat, gelingt es der „flora“ mitunter als Steigbügelhalter für Karrieren zu dienen. „Es muss ja alles finanzierbar bleiben“, weiß Wiltrud Apfeld und freut sich, dass es ihr und ihrem Team trotz alledem immer wieder gelingt „alte und junge Hasen miteinander zu verbinden“. Gern erinnert sie sich an den Auftritt der jungen Pianistin Schaghajegh Nosrati mit iranischen Wurzeln, die ihm Rahmen der Reihe „Musik erzählt...“ des Gelsenkirchener Musikers und Komponisten Michael Em. Walter im Jahr 2016 in der „flora“ zu Gast war und sich inzwischen auf einer Welttournee befindet.
„Gerade für Musiker ist der Raum eine Herausforderung, denn sie befinden sich beinahe mitten im Publikum, was für sie eher selten ist. Aber gerade bei der Reihe 'Musik erzählt...', in der eben nicht nur musiziert, sondern auch tatsächlich erzählt wird und ein Dialog zwischen Künstlern und Publikum zustande kommt, ist das eine Bereicherung“, freut sich die mit viel Herzblut agierende flora-Leiterin.
So bunt wie das Programm ist übrigens auch das Publikum. Wiltrud Apfeld erzählt, dass immer wieder andere Leute den Weg in die „flora“ finden und freut sich über die damit verbundene große Akzeptanz.

Immer offen für Neues, aber auch Bewährtes

Das liegt aber sicherlich auch daran, dass das Team um Wiltrud Apfeld immer offen ist für Neues und ebenso gern Bekanntes weiter fördert. So kam die Idee zum Kultursalon von Ulrich Penquitt und wurde gern umgesetzt, um die freie Szene und ihre Möglichkeiten vorzustellen. Und wie auch die gut besuchte dritte Auflage des Kultursalons bewiesen hat, nehmen die Gelsenkirchener das Angebot der Kulturhäppchen sehr gern an.
Hinzu kommen die moderaten Eintrittspreise, die von 2 Euro für Schülervorstellungen bis zu maximal 14 Euro reichen. Wobei für Ermäßigungsberechtigte der Eintritt maximal 10 Euro kostet.

Kleiner Streifzug durch das Programm 2018

„1967 - Als Pop unsere Welt für immer veränderte“, heißt es am Freitag, 26. Januar, um 20 Uhr, wenn der Musikjournalist Ernst Hofacker über die Vorgeschichte der 68er-Bewegung anhand der Musik berichtet.
Das Krimilese-Event „Kommt Zeit, kommt Tat“ des Niederrhein-Theaters dient am 30. Januar ab 20 Uhr dazu den Verein "Mentor - Die Leselernhelfer" zu unterstützen. Denn als Eintritt wird eine Spende erhoben, die dem Verein zugute kommt, der „eine unverzichtbare Arbeit leistet, indem er junge Menschen für das Lesen und Schreiben und die Kultur begeistert und damit unser Publikum von morgen generiert“, lobt Wiltrud Apfeld die Arbeit von „Mentor“.
Ein Heimspiel gibt es für ein Gelsenkirchener Kind, wenn am 9. Februar ab 20 Uhr Leonie Warnke einen Poetry Slam-Soloabend veranstaltet, zu dem sie sich einen Überraschungsgast eingeladen hat. Die junge Dame studiert inzwischen in Leipzig, treibt sich aber derzeit in aller Welt herum, um dem Poetry Slam zu frönen.
An Schulen richtet sich das Theaterstück „Mein Kampf“ von George Tabori, das am 21. und 22. Februar jeweils um 10.30 Uhr gespielt wird und in Form einer Groteske die jungen Jahre des Adolf Hitler schildert. Empfehlenswert für junge Leute ab 14 Jahren.
Ein Gitarrenkonzert der Extraklasse bieten Velo Žuljevic´und Linus Friedmann am 24. Februar um 20 Uhr mit ihrem „Impuls“ und Eigenkompositionen.
Politisch wird es am 27. Februar um 18 Uhr bei „Das Gegenteil von Grau“, einem Dokumentarfilm von Matthias Coers von Freiraum- und Wohnkämpfen über solidarische Landwirtschaft bis hin zur Refugees Kitchen. Dabei bittet Veranstalter Paul M. Erzkamp auch zur Diskussion zum Thema Ruhrstadt.

Aber es gibt noch sehr viel mehr zu erleben

Das Programm wäre jetzt noch mit Theater, einem Film, einer Lesung, der Fortsetzung der Reihe „Musik erzählt...“ und mehr weiter auszuführen. Wer sich über das Programm der „flora“ informieren möchte, dem sei der link www.gelsenkirchen.de/de/Kultur/Kultur-_und_Veranstaltungsorte/Kulturraum__die_flora empfohlen.

Zur Historie der "flora"

Im Jahre 1951 als Landeszentralbank NRW mit eleganter Kassenhalle und Marmorsäulen sowie moderner Möblierung eröffnet, prägte das Gebäude an der Florastraße 26 fast 40 Jahre lang das Stadtbild.
Als 1989 ein neues Gebäude an der Wildenbruchstraße bezogen wurde, beschloss der Rat der Stadt den Ankauf des Gebäudes, um es der freien Kulturszene zur Nutzung zur Verfügung zu stellen.
Unter dem Motto „Wir haben kein Geld, aber wir machen was draus“ wurde 1995 der Kulturraum „die flora“ aus der Taufe gehoben.
Der Name erinnert an die Boulevardtheater, die in den 1870er Jahren in deutschen Städten immer beliebter wurden und oft hießen diese Theater „Flora“ - nach der römischen Göttin der Jugend und der Lebenslust. In Gelsenkirchen befand sich das Boulevardtheater in der Gaststätte „Zur Flora“ an der Stelle der heutigen Grünanlage am südlichen Ende der Kurt-Schumacher-Straße/Franz-Bielefeld-Straße also vis-a-vis der heutigen „flora“.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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