„Kosten werden gescheut - aber Mühen nicht!“

Sie blicken über den Tellerrand hinaus, die Galeristen Jesse Krauß, Ulrich Penquitt und Michael Walter mit dem aktuellen Künstler Jens Dornheim. Foto: Gerd Kaemper
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  • Sie blicken über den Tellerrand hinaus, die Galeristen Jesse Krauß, Ulrich Penquitt und Michael Walter mit dem aktuellen Künstler Jens Dornheim. Foto: Gerd Kaemper
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Es war schon eine zukunftsweisende Idee, die Ulrich Penquitt im Jahr 2011 dazu brachte, das Festival „Hinterm Tellerrand...“ auf den Weg zu bringen. Denn es sollte dazu dienen, dass die Kunst- und Kulturschaffenenden der unterschiedlichsten Genres sich gemeinsam in einem Festival präsentieren und sich wie sonst üblich „nur in ihrem eigenen Saft schmoren“, wie es so schön heißt. Das Festival sorgte nicht nur für Spaß bei den Machern und den Zuschauern, es sorgte auch für neue Netzwerke zwischen den Künstlern und das genreübergreifend.

Ziel erreicht - aber nicht auf Dauer

Man könnte sagen: Das Ziel wurde erreicht. Aber das stimmt nur im Ansatz, denn die Nachhaltigkeit ging baden, weil der Aufwand und die Kosten eines solchen Festivals nicht zu unterschätzen sind. Die Kontinuität wäre aber erforderlich gewesen, um immer wieder neue Künstler und Zuschauer ansprechen zu können. Doch so leicht geben Gelsenkirchener Kunsttreibende nicht auf.
Aus dem lockeren Treffen einiger Beteiligter entstand eine kleine, aber feine Gruppe von Galeristen, die sich den Luxus einer eigenen Galerie leisten, die sie fast nichts kostet. Unterstützt werden sie dabei vom forum kunst verein(t). Ganz getreu dem Ausspruch von Galerist André Wülfing „Kosten werden gescheut, aber Mühen nicht!“

Galeristen der verschiedenen Genres

Man nehme also einen Grafiker wie Jesse Krauß, einen Komponisten wie Michael Walter, einen Erzähler und Regisseur wie André Wülfing und einen Schauspieler und Regisseur wie Ulrich Penquitt und schon findet man die Reize der realen Welt auch in der digitalen Welt des Internet wieder. Denn nur hier betreiben die vier (Stamm-)Galeristen ihre Galerie, doch das so gekonnt, dass der Besucher sich ein wenig fühlt wie in der realen Welt, wenn er beispielsweise um die Ton-Objekte des derzeit ausgestellten Künstlers Jens Dornheim herum geht, um sie aus allen Perspektiven in Augenschein zu nehmen.

Über den eigenen Tellerrand hinaus blicken

„Das gibt uns die Chance an der Idee des über den eigenen Tellerrand blickens, über das eigene Atelier, die eigene Sparte und die eigene Stadt hinaus zu blicken. Und wir schaffen eine Ausstellungsfläche der Begegnung für Künstler“, erläutert Wülfing, der die Idee des Festivals als Selbstdarstellungsform in der Galerie fortgeführt sieht.
Die Galerie bietet Künstlern die Chance, ihre Arbeiten zu präsentieren. Welche Künstler berücksichtigt werden und zwei Monate lang ihre Werke vorstellen dürfen, entscheiden die vier Galeristen.

Wer vorgestellt wird - entscheiden die Galeristen

„Wir sind die Jury und entscheiden, wen wir Lust haben zu präsentieren. Mit den Künstlern, die wir auswählen, wollen wir eine Befruchtung erreichen und Impulse setzen. Darum überlegen wir gemeinsam, ob der Künstler, den einer von uns vorgeschlagen hat, auch zu uns passt“, schildert Ulrich Penquitt.
Jens Dornheim spielte gemeinsam mit Jesse Krauß in der Passion, die Elmar Rasch im vergangenen Jahr erstmals im Revier inszeniert hatte. Zum Dank durfte er auch die Laudatio auf den Künstler schreiben und das in sehr gelungener Weise, wie der Besprochene selbst sagt.

Aktuell ist Jens Dornheim an der Reihe

Dornheim ist in Gladbeck aufgewachsen, lebt heute in Essen und hat während des Studiums in der Schauburg Buer gejobbt. Mit den Akteuren des Geheimnisvollen Filmclubs Buio Omega ist er befreundet und Jesse Krauß lernte er bei der Passion kennen. Der Schauspieler und gestaltende Künstler hat seine eigene Theatergruppe und war mit dem Theater glassbooth auch schon zu Gast in Gelsenkirchen und will es vielleicht noch in diesem Jahr auch mit dem neuen Stück „Container Love“ sein. Seine Regieassistentin ist Dea Sink, die vielen Gelsenkirchenern als Veranstalterin des Poetry Slam in Buer in der werkstatt an der Hagenstraße bekannt sein dürfte. Und so lassen sich die Begegnungen mit Gelsenkirchenern und Kulturschaffenden anderer Genres unendlich fortspinnen.

Jeder Künstler wird individuell präsentiert

Den Galeristen und hier vor allem ihrem Grafiker Jesse Krauß ist es ein Anliegen, jeden vorgestellten Künstler individuell zu präsentieren. Der Musiker erfährt eine andere Präsentation als der Objektkünstler oder die Malerin und doch gibt es auch übergreifende Elemente.
So können die Ton-Objekte von Dornheim nicht nur mit Cursor gedreht und von allen Seiten betrachtet werden, als ob man in einer realen Galerie einmal um das Kunstwerk herum geht, es gibt auch eine musikalische Untermalung. Michael Walter hat sich von den Objekten inspirieren lassen und setzt sie nun in der Galerie Tellerrand auch musikalisch in Szene.

Objekte betrachten wie in einer Echtzeit-Galerie

Die interaktive Präsentation zeigt 15 Objekte und zwei Wandobjekte, die in den Text eingebettet sind. Jesse Krauß schreibt in seiner Einführung zur Ausstellung über die „kleinen Skulpturen aus gebranntem und emailliertem Ton“, dass sie „unheimliche, düstere Gestalten, Büsten oftmals, gequält verzogene Gesichter, deformiert und aufgelöst, skurril und karikaturenhaft, auf eine sehr eigene Art auch komisch sind. Das Wort, mit dem Dornheim selbst sie noch am ehesten beschreiben würde: abgründig.“
Der Künstler hat ein „Faible für alles Absonderliche, Fantastische, Grenzwertige.“

Dornheim bewegt sich in den Abgründen der Kunst

Er ist, wie Jesse Krauß es ausdrückt: „Sehr bewandert, was das Abgründige in der bildenden Kunst, im Film, aber auch auf der Bühne angeht. Für sein „Theater Glassbooth“ wählt er gezielt selten gespielte Stücke mit düster verschrobenem Charakter und teils brisanten Themen aus. Ein Spiel mit Grenzen. Und nicht jedermanns Geschmack. Wie auch seine Skulpturen stets sehr unterschiedliche Reaktionen hervorrufen.“
Noch bis zum 30. September ist die Ausstellung „International Madness of the subconscious Mind“ in der Galerie Tellerrand zu sehen. Wer als nächster Künster zu sehen sein wird, ermitteln die Galeristen gerade.

Wer wird der nächste Künstler sein? Gute Frage!

„Es ist alles möglich. Der nächste könnte Musiker, Fotograf, Schriftsteller oder Tänzer sein“, freut sich Ulrich Penquitt. Jesse Krauß greift die Idee auf: „Einen Tänzer 24 Stunden am Stück in Bewegung zeigen kann eine echte Galerie nicht, wir können das!“
Wer Interesse hat, sich und seine Kunst in der virtuellen Galerie zu präsentieren, sollte direkt Kontakt zu den Galeristen aufnehmen oder sein Interesse auf der Internetseite, www.galerie-tellerrand.de, kund tun.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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