Assauersche Sturköpfe und andere Anekdoten

Das Strahlen ist Bettina Michel nicht zu nehmen. Allen Anspannungen der Betreuung ihres Vaters zum Trotz ist die Hertenerin immer „gut drauf“, wie man hier im Revier sagt.  Mit ihrer guten Laune steckte sie auch Sabine Pieniak (links) und Petra Weishaupt (rechts) an.  Foto: Gerd Kaemper
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  • Das Strahlen ist Bettina Michel nicht zu nehmen. Allen Anspannungen der Betreuung ihres Vaters zum Trotz ist die Hertenerin immer „gut drauf“, wie man hier im Revier sagt. Mit ihrer guten Laune steckte sie auch Sabine Pieniak (links) und Petra Weishaupt (rechts) an. Foto: Gerd Kaemper
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„Bitte sagen Sie gern Bettina zu mir...“, mit diesen Worten stellte sich Rudi Assauers Tochter Bettina Michel den Promi-Trefflern des Stadtspiegel vor und sorgte direkt zu Anfang für klare Verhältnisse und dafür, dass gar nicht erst eine Hemmschwelle aufkommen konnte.

Rudi schaut lieber Schalker

Eigentlich hatte keiner der Stadtspiegel-LeserInnen damit gerechnet, dass Rudi Assauer seine Tochter zu deren Promi-Treff begleiten würde, aber ein wenig enttäuscht waren die Anwesenden schon. Doch als Bettina Michel erklärte, dass Rudi lieber zu Hause bleiben und Fußball schauen wollte, hatten alle Verständnis. Schließlich stand „sein“ Verein an diesem Abend vor der schweren Aufgabe in Maribor für das Weiterkommen in der Champions League zu sorgen.
Für die Versorgung des an Alzheimer erkrankten ehemaligen Schalke-Managers sorgten derweil Bettinas Mutter und deren Lebenspartner, die den Hausherrn wie Bettina unkte vermutlich ordentlich verwöhnen würden.

Thema Nummer 1: Rudi - Thema Nummer 2: Alzheimer

Aber bei dem Promi-Treff drehte sich natürlich alles um Rudi Assauer und seine Erkrankung, denn Bettina Michel ist seit beinahe auf den Tag genau drei Jahren mit der Pflege ihres Vater betraut und seitdem eine echte Fachfrau in Sachen Alzheimer geworden.
Das führte bei Petra Weishaupt zu Erstaunen, denn sie ist durch ihre Mutter auch mit der Krankheit vertraut und staunte, dass Assauer kaum noch Medikamente nehmen muss und es ihm trotzdem angesichts der Dauer seiner Erkrankung sehr gut geht.

Gute und schlechte Tage

„Das Sprachzentrum setzt manchmal aus, aber dann gibt es wieder Tage, da quatscht er einen tot. Überhaupt gibt es natürlich gute und schlechte Tage und wenn dann wieder ein sehr guter Tag da ist, denke ich manchmal: Das ist nicht der Mann von gestern, da muss einer meinen Vater vor der Krankheit geklont haben!“, schildert Bettina Michel ihre Erfahrungen, die jeden Tag aufs neue überraschen und manchmal auch gefühlsmäßig regelrecht überwältigen.
Als ihr Vater bei ihr einzog, stand er unter der üblicherweise verordneten Neuroleptika. In Absprache mit dem Arzt setzte Bettina das Medikament ab. Der Arzt kommentierte den Schritt: „Versuche es. Wenn etwas passiert, bist Du diejenige, die es ausbaden muss.“
Gesagt, getan: „Nach zwei Wochen dachte ich mir, ob das wirklich so gut war, aber schon die dritte Woche hat mir bewiesen, dass es der richtige Schritt war“, weiß Michel heute.

Rudi allein zu Haus? Gibt es nicht!

Allein bleiben kann er natürlich nicht, es muss immer eine Betreuung gegeben sein. „Als ich in der letzten Woche für zwei Tage in Leipzig war zur Buchlesung und der Aufzeichnung der MDR-Talkshow „Riverboat“, war es das erste Mal in drei Jahren, dass ich meinen Vater zwei Nächte allein lassen musste. Natürlich nicht wirklich allein, aber ohne mich“, schildert Bettina Michel, die froh ist, dass es so gut geklappt hat.
Und wo wir gerade beim Buch sind. „Der erste Vorschlag für den Buchtitel lautete: Papa, jetzt bin ich für Dich da. Aber das hätte ja suggeriert, dass er vorher für mich da war und das wär gelogen und gleich mit einer Lüge wollte ich das Buch nicht beginnen“, erklärt die Autorin.

Die Assauerschen Sturköpfe

Denn die Geschichte von Rudi Assauer und Bettina Michel war lange Zeit alles andere als eine Bilderbuch-Familiensaga.Nicht zuletzt dank der „Assauerschen Sturköpfe“ von Bettina und Rudi.
Doch schon bevor Rudi Assauer sich seine Krankheit selbst eingestand, hatte sich das Verhältnis zwischen ihm und seiner Tochter gebessert, auch wenn es immer noch vorkommen konnte, dass man im gleichen Restaurant gesessen hat, ohne ein Wort miteinander zu wechseln.
Inzwischen hat eine neue Zeit in der Vater-Tochter-Beziehung begonnen, vielleicht nicht zuletzt dadurch, dass Rudi Assauer für sich beschlossen hat, die Krankheit anzuerkennen und auch öffentlich dazu zu stehen.

Drei Dinge, die Rudi Assauer immer Angst machten

„Mein Papa hatte in seinem Leben vor drei Sachen Angst: Arm zu sein, kein Dach über dem Kopf zu haben und Alzheimer zu bekommen. Letztere Angst kam nicht von ungefähr, denn in unserer Familie gibt es gleich mehrere Fälle von Alzheimer“, weiß Bettina Michel.
Die ersten Anzeichen erkannte Assauers „rechte Hand“ Sabine Söldner. Aber der damals noch mächtigste Mann auf Schalke hat immer wieder versucht die Krankheit zu verheimlichen. Später erklärte er seiner Vertrauten und seiner Tochter, dass er lieber für Betrunken gehalten werden wollte, als preiszugeben, dass er dement würde.

Lieber als Alkoholiker abgestempelt werden als krank zu sein

„Ist das nicht ein Hammer! Sich lieber als Alkoholiker abstempeln zu lassen, denn als kranker Mann?“, entrüstet sich Bettina auch etliche Jahre später noch immer.
Stolz ist die Tochter darüber, dass ihr Vater dann doch den Schritt in die Öffentlichkeit gewagt hat, denn sie ist sich sicher, dass er damit der Krankheit zu einem anderen Verständnis geholfen und sie aus der Tabu-Zone geführt hat. „Heute gibt es Filme über Alzheimer-Erkrankte, es gibt Info-Veranstaltungen und mehr. Und ich bin überzeugt davon, dass sehr viel mehr Familien ihre erkrankten Lieben zu Hause versorgen würden, wenn ihnen die passenden Hilfestellungen geboten würden“, ist sich Bettina Michel sicher.
Nach den Freunden Rudis gefragt, erklärte Bettina Michel frank und frei, dass sich durch die Krankheit die Spreu vom Weizen getrennt habe und viele, denen ihr Vater zuvor so manche Hilfestellung gegeben hatte, einfach weggeblieben sind. Andere sind geblieben und halten die Treue.

Lass' Dich überraschen...

Und auch wenn jeder Tag eine kleine Überraschung darstellt, weil sie nie weiß, wie ihr Vater drauf ist, setzt sich Bettina Michel immer neue Ziele. So hat sie im Februar eine Einladung zu „50 Jahre Goldene Kamera“ angenommen, natürlich mit der Prämisse absagen zu können, wenn die Tagesform es nicht hergibt.
Allen, die davon reden, dass sie Rudi Assauer in die Öffentlichkeit zehrt, entgegnet Bettina Michel mit klaren Worten: „Mein Papa geht weiterhin zum Fußball, raucht seine Zigarre und kann mit Messer und Gabel essen. Er gehört nicht weggesperrt, schließlich hat er keine ansteckende Krankheit.“
Ein Schalke-Fan kam kürzlich in der Arena auf Bettina zu und sagte: „Schalke wird Meister und ihr Vater wird dabei sein!“ Worte, die Bettina Michel nicht nur zu Tränen rührten, sondern auch in ihrem und dem Kampf ihres Vaters gegen die Krankheit bestärkten.

Das Versprechen von Rudi Assauer

Denn Rudi Assauer hat sich selbst und seinen Lieben versprochen: Ich werde der erste sein, der diese Krankheit besiegt!

Das Strahlen ist Bettina Michel nicht zu nehmen. Allen Anspannungen der Betreuung ihres Vaters zum Trotz ist die Hertenerin immer „gut drauf“, wie man hier im Revier sagt.  Mit ihrer guten Laune steckte sie auch Sabine Pieniak (links) und Petra Weishaupt (rechts) an.  Foto: Gerd Kaemper
Rolf und Regina Waldau, Ulrich Krug, Bettina Michel, Sergio Cabras vom Vitali, Sabine Pieniak und Petra Weishaupt verlebten einen unterhaltsamen und aufschlussreichend Abend miteinander im Vitali - im Haus Rohmann  an der  Horster Strasse 20. Foto: Gerd Kaemper
Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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