Mit dem „Lebens(†)raum“ eng bei den Menschen sein

Künstlerin Angelika Hinkelmann (ganz rechts stehend) betreut den Kunstraum-Malkurs in den Räumlichkeiten des Lebentraums. Foto: Gerd Kaemper
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  • Künstlerin Angelika Hinkelmann (ganz rechts stehend) betreut den Kunstraum-Malkurs in den Räumlichkeiten des Lebentraums. Foto: Gerd Kaemper
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Dass sich hier ein kirchlicher Raum befindet, vermutet man nicht, wenn man auf der Kirchstraße an Hausnummer 52 ankommt. Doch nach einem kurzen Weg in den Hinterhof öffnen sich schöne Möglichkeiten für ein Miteinander der Kulturen, von Jung und Alt und einfach eine Begegnung von Menschen, die mit anderen ins Gespräch kommen möchten.

Der „Lebens(†)raum“

Die Räumlichkeiten gehören dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland. Vor gut einem Jahr beschloss die immer weiter schrumpfende Gemeinde, dass sich etwas ändern müsse und es einfach zu schade sei, dass die Räume nur sonntags zu Gottesdiensten und dann auch nur von wenigen Leuten genutzt wurden.
„Macht etwas Neues und belebt die Räume!“ war die Aufgabe für Pastor Heinz Noche, seine Gattin Lissette, die pastrale Referentin Steffi Herhaus und den Rest des Leitungsteams sowie einige Ehrenamtler.
Die Flüchtlingswelle führte dazu, dass das Leitungsteam mit der Caritas eine Anlaufstelle für Flüchtlingsfamilien einrichtete. Im Februar haben sich die Zuordnungen durch die Stadt verändert und nun ist das DRK der Kooperationspartner des Lebenstraums in Sachen Flüchtlingshilfe.
Martin Hinkelmann, der Flüchtlingskoordinator beim DRK in Gelsenkirchen, schildert: „In der Stadtverwaltung war man der Ansicht, dass die Caritas über Gebühr in die Flüchtlingshilfe eingebunden wäre und das DRK noch Kapazitäten hätte. So kamen wir mit dem Lebenstraum in Berührung und sind froh darüber, dass uns die Statistik zusammengeführt hat.“
Inzwischen bietet das DRK einen Malkurs für Frauen an, der unter dem Motto „Kuns-T-raum“ steht und durch die Awo-Stiftung gefördert wird, um die Materialien bereitstellen zu können. Geleitet wird der Kurs von Angelika Hinkelmann, die ihr künstlerisches Können jeweils dienstags von 14 bis 16.30 Uhr zur Verfügung stellt, um Frauen mit und ohne Flüchtlingshintergrund zu unterweisen.
„Der Kurs steht natürlich auch Mutttersprachlerinnen offen, denn hier soll auch durch das gemeinsame künstlerische Schaffen die Sprachkompetenz der Flüchtlingsfrauen gesteigert werden. Schön wäre es aber auch, wenn Freundschaften zwischen den Kulturen entstehen würden, die sich im Alltag festigen“, wünscht sich Martin Hinkelmann.
In jedem Kurs, der jeweils vier Wochen oder besser an vier Terminen stattfindet, können sechs Frauen künstlerisch tätig werden. Die Kinderbetreuung stellt für Kinder ab vier Jahren kein Problem dar, denn der Lebenstraum verfügt über den eigentlichen Betsaal, der mit Freizeitangeboten ausgestattet ist.
Damit es mit der Kommunikation klappt, stehen die arabisch sprechende Amira und eine weitere Ehrenamtlerin mit Persischkenntnissen für Übersetzungen zur Verfügung.
Doch das Angebot des Lebenstraums ist noch sehr viel breiter: Neben dem Malkurs öffnet dienstags von 16 bis 18 Uhr auch das Café seine Pforten. Donnerstags gibt es von 19 bis 20 Uhr ein Sportangebot speziell für Frauen, bei dem eine Südamerikanerin zu Zumba-Rhythmen zum Hüftenschwingen anregt. An den Sonntagen findet natürlich auch ein Gottesdienst statt und zwar immer um 17 Uhr.
Der Montag gehört von 16.30 bis 18.30 Uhr den Kindern und auf dem Programm stehen Chillen, gemeinsam Kuchen essen, in der Runde miteinander plaudern, ein Gespräch über ein aktuelles Thema und verschiedene Workshopangebote, wie Sport, Theater oder Kreatives.
„Die Kinder lernen dann gemeinsam am Tisch zu sitzen und miteinander zu essen, aber auch zu reden, über das, was sie am Tag erlebt haben und was sie bewegt. Das ist heute in den Familien nicht mehr selbstverständlich, dass die Kinder dazu Gelegenheit bekommen“, weiß Steffi Herhaus aus Erfahrung.
Doch der Lebenstraum würde gern noch viel mehr bieten. Dazu werden Sportutensilien, aber auch ein Raum wie eine Sporthalle gesucht, in der ein Sportangebot für junge Männer angeboten werden könnte. „Pastor Heinz Noche würde gern mit den jungen Männern Fußball spielen, damit sie sich verausgaben können, aber auch um miteinander ins Gespräch und in Aktion zu treten“, verrät Steffi Herhaus.
Denn auch wenn ein Kicker, ein Billardtisch und zwei Tischtennisplatten in den Räumen schon für sportliche Betätigungen zur Verfügung stehen, so würde das gemeinsame Kicken auch ein Gemeinschaftsgefühl erzeugen.

Neue Besucher sind herzlich willkommen

Ansonsten würde sich auch die Pastoralreferentin über deutschsprachige Besucher jeden Alters freuen: „Menschen, die Lust auf Begegnung haben, sind hier jederzeit willkommen. Leider sind immer mehr Flüchtlinge als Muttersprachler zu Gast. Für die Integration der Neubürger wäre es aber sinnvoll, das Verhältnis zu verbessern.“
Die Besucher stammen vornehmlich aus Syrien, Iran, Irak, Afghanistan, Ägypten, Eritrea.... Ihnen werden Beratungen und Hilfsangebote beim Ausfüllen von Anträgen, Ämtergängen und mehr geboten. First-Steps-Sprachkurse gehören ebenso zum Angebot wie die Hausaufgabenbetreuung und zwar nicht nur der Kinder, sondern auch der Erwachsenen, die sich in Sprachkursen befinden.

Hier gibt es Raum für das Ehrenamt

„Dabei wäre es egal, ob jemand nur eine Stunde in der Woche erübrigen könnte oder mehr. Ob jemand eine Patenschaft übernehmen möchte und könnte oder etwa ein Familienprojekt, das mir vorschwebt, beleben möchte, wir sind für alles dankbar, was die Menschen zusammenführt“, erklärt Martin Hinkelmann, der die Idee eines Projektes hat, bei dem sich unter dem Motto „Zu Gast bei Freunden“ Familien gegenseitig zum Essen bitten und miteinander kochen. „Aber es gibt viele Ideen und Möglichkeiten, wie Einheimische und Flüchtlinge, aber auch einfach Bulmker Bürger miteinander ins Gespräch kommen können.“
Dem schließt sich Steffi Herhaus an und erklärt: „Als Mitarbeiter sind wir dankbar so viele tolle Leute kennen zu lernen bei unserer Arbeit. Das ist eine echte Bereicherung und darum planen wir für Mai auch einen gemeinsamen Ausflug, weil es einfach Spaß macht, Zeit mit ihnen zu verbringen. Denn uns ist es vor allem wichtig, eng bei den Menschen zu sein.“

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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