Direktkandidat Ralf Robert Hundt (FDP) zum BGE

Auch Herrn Hundt habe ich gefragt, wie er zu einem Bedingungslosen Grundeinkommen steht und ob es möglich wäre, Schnittstellen mit dem Bündnis Grundeinkommen in NRW zu erarbeiten. Auch ihm gilt mein Dank, dass er meine Fragen beantwortet hat. Im Anschluss seiner Antwort werde, wie bei den anderen Kandidaten auch, Bezug nahmen.

Hier die Antworten:

Wie stehen Sie grundsätzlich zum Bedingungslosen Grundeinkommen?

Aus meiner Sicht haben wir bereits so etwas wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen in Form von Harz IV (auch wenn der Name eine Katastrophe ist, angesichts des Namensgebers, aber das bedingt ja eine andere Diskussion).

Die Frage ist also: was stellen Sie sich denn unter diesem Einkommen vor?
Sie schreiben, dass sich dieses Einkommen nicht an Haushalten, sondern an einzelnen Personen festmachen soll. Es kann aber naturgemäß nicht über alle Altersgruppen, Geschlechter und Familienstände gleich gezahlt werden. Oder sollen 18jährige Schulabbrecher ebenso monatlich 1.200,- Euro netto bekommen, wie Menschen, die mit 55 oder mehr Jahren keine Festanstellung mehr finden und in ihrem letzten Beschäftigungsverhältnis 2.800,- Euro netto verdient hatten?

Um also diese erste Frage seriös beantworten zu können, fehlen mir Informationen, wie das im Detail funktionieren soll.

Hätte das Bündnis Grundeinkommen in Ihnen einen Partner, die erforderlichen Modalitäten erarbeiten zu können?

Auch zur Beantwortung dieser Frage fehlen mir umfangreiche, detaillierte Informationen dazu, wie das in der Praxis aus Ihrer Sicht funktionieren soll? Beruflich wie politisch muss ich jederzeit extrem wirklichkeitsnah planen und handeln, entsprechend stellt sich die Frage nach Ihrer Wirklichkeit?

Glauben Sie, dass die herkömmliche Arbeitswelt mit ebenso herkömmlichen volkswirtschaftlichen Instrumenten eine Perspektive erlangen kann?

Mit dieser Frage unterstellen Sie, dass die herkömmliche Arbeitswelt etc. keine Perspektive hätte. Gegenfrage: Wie kommen Sie darauf? Wenn beides keine Perspektive hat, worauf steuern wir dann aus Ihrer Sicht zu?

Welche Lösungsansätze haben Sie, um das Thema „Arbeit im 21. Jahrhundert“ so zu gestalten, dass auch die Armut eingedämmt, bestenfalls besiegt werden kann?

Bildung, Bildung und noch einmal Bildung. Dabei spreche ich nicht von Hochschulabschlüssen sondern auch vom Lernen der Fähigkeit, brauchbare Dinge herzustellen, interessante Dienstleistungen anbieten zu können. Bildung und Kreativität auf beiden Seiten, der der Arbeitnehmerschaft als auch der der Arbeitgeberschaft, sind die wichtigsten Instrumente, Armut einzudämmen und vielleicht sogar zu besiegen. Dabei ist es aber wichtig zu berücksichtigen, dass Bildung nicht nur eine Bringschuld ist, sondern auch eine Holschuld beinhaltet. Wer kein Interesse hat, sich zu bilden, wer nicht den entsprechenden Fleiß und die Leistungsbereitschaft mitbringt, der wird in der Tat von einem Bedingungslosen Grundeinkommen abhängig bleiben – und solange es ein solches nicht gibt, voraussichtlich auch verarmen.

Was bedeutet für Sie Arbeit?

Arbeit bedeutet für mich, einen Beitrag zum Wohle der Gesamtgesellschaft (über ihr „Funktionieren“ hinaus) zu leisten, mit oder ohne Einkommen. Arbeit leisten auch die vielen Ehrenamtlichen in unserem Land. Arbeit bedeutet für mich aber auch, dass Menschen eine Erfüllung finden, dass sie Anerkennung bekommen, sei es durch eine monetäre Zuwendung oder durch Dankbarkeit und besonderen Respekt vor den Ergebnissen ihrer Arbeit.

Mit den besten Grüßen,
Ralf Robert Hundt (FDP)“

Ich gebe zu, es fällt mir wirklich schwer, auf diese Antworten irgendwie Bezug nehmen zu können. Zunächst scheint Herr Hundt das Thema BGE noch nicht wirklich wahrgenommen zu haben. Nun gut, es ist ja nicht schlimm, etwas nicht zu wissen. Also sorgen wir für Bildung, Bildung und noch einmal Bildung. Und da bin ich auch gerne in der Position der Bringschuld.

Um überhaupt eine Diskussionsebene zu finden, werde ich im Anschluss ein paar Links veröffentlichten, unter denen man sich erst mal grundsätzlich über das Thema informieren kann. Es bringt wirklich nichts, über etwas zu diskutieren, wenn der Wissensstand so auseinandergeht.

Man erkennt auch ganz schnell, welches Menschenbild Herr Hundt zu haben scheint. Denn das Bedingungslose Grundeinkommen dient grundsätzlich zur Existenzsicherung ALLER Menschen, über jede Altersgruppe hinweg. Eben weil keine existenzsichernde Arbeit mehr für jeden da ist. Und es tut mir fast leid, Herrn Hundt mitteilen zu müssen, dass die Erwerbsarbeit wirklich keine Perspektive mehr für eine Vollbeschäftigung bringt. Und es sind nicht nur die von ihm genannten Schulabbrecher, die keine Erwerbsarbeit erhalten.

Das Bedingungslose Grundeinkommen wird gerade in unterschiedlichen Formen und mit vielen Facetten diskutiert. Daher ist es unerheblich, was ich mir unter diesem Einkommen vorstelle? Es muss bedingungslos sein, da geht es nicht um meine Vorstellung.

Wie ich darauf komme, dass die Welt der Arbeit sich stark verändert, wenig Perspektiven für die Menschen schafft und nicht mehr für alle ausreicht, um Geld zu verdienen? Nun, ich nenne es Bildung, Bildung und noch einmal Bildung. Aber auch das Hinhören, Hinsehen und mit Menschen in Kontakt treten, hat meine Wahrnehmung in dieser Sache bestätigt. Auch hier werde ich meiner Bringschuld nachkommen und unter den Links die aktuelle Studie des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung hinzufügen. Dort wird gerade aktuell darüber informiert, wie unterschiedliche Berufszweige durch die fortschreitende Technik immer mehr Menschen von Erwerbsarbeit befreien.

Auf einen Punkt möchte ich doch noch genauer eingehen. Herr Hundt schreibt:

„Dabei spreche ich nicht von Hochschulabschlüssen sondern auch vom Lernen der Fähigkeit, brauchbare Dinge herzustellen, interessante Dienstleistungen anbieten zu können.“ Und dann verstrickt er sich wieder in das alte Modell von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist der Ansatz sehr vielversprechend.

Die eigenen Talente finden, Fähigkeiten entwickeln, das ist genau das, worum es beim BGE geht. Aber wieso dann wieder für jemand anderen arbeiten? Dann doch lieber das Wissen und Erlernte weitergeben. Der Mensch muss doch in erster Linie seine Grundbedürfnisse befriedigen. Also macht es Sinn, genau da die Arbeitskraft einzusetzen. Es macht doch keinen Sinn für die Gewinne anderer zu arbeiten. Geld kann man nicht essen. Aber durch das Erlernen von Fähigkeiten, sich zu versorgen, handwerkliches Geschick anzuwenden und Wissen zu teilen, kann eine Gesellschaft miteinander existieren. Da wird dann auch der Schulabbrecher wieder mehr Freude am Lernen haben.

Nun, es sei festzustellen, dass Herr Hundt und ich auf zwei verschiedenen Planeten leben. Er wird mich nicht verstehen und ich ihn nicht. Das muss man jetzt einfach so stehen lassen.

Weiterführende Links zum Einstieg:

BGE

Freiheit statt Vollbeschäftigung
Grundeinkommen in der Schweiz
Archiv Grundeinkommen
Enno Schmidt erklärt das BGE
Erklärvideo
Tagesschau

Arbeit
Studie Institut für Arbeit und Berufsforschung
Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft (Jeremy Rifkin)
Die Kunst des Müßiggangs und Minimalismus
Frohes Schaffen

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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