Leutheusser-Schnarrenberger: "Jogi Löw sollte zum CSD"

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger besuchte gemeinsam mit ihrem FDP-Partei-Kollegen und Bundestagsabgeordneten Marco Buschmann die Stadtspiegel-Redaktion. Foto: Till
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Kürzlich hatte der Stadtspiegel seine LeserInnen aufgefordert, Fragen an die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) einzureichen. Dabei kamen durchaus auch spannende Themen zur Sprache – auch zur Freude der Ministerin, weil es doch von dem politischen Interesse der Gelsenkirchener Bürger zeugt.

Die Justizministerin beim Stadtspiegel

Die Bundesjustizministerin war in der vergangenen Woche gemeinsam mit dem Gelsenkirchener FDP-Bundestagsabgeordneten Markus Buschmann bereits zum zweiten Mal zu Gast in der Stadtspiegel-Redaktion. Dabei freute sie sich dieses Mal besonders auf die Fragen der Gelsenkirchener LeserInnen.

Das Interview mit Leser-Fragen und mehr

Stadtspiegel: Ist es richtig, dass eine EU-Verordnung in Deutschland sofort zum Gesetz wird?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: „Das ist richtig: Eine EU-Verordnung hat mit ihrer Verabschiedung sofort Gültigkeit. Die Bundesregierung kann dem nur zustimmen, es sei denn, dass die Verordnung verfassungswidrig wäre. Geltende Gesetze könnten dann geändert werden, um die Verordnung möglich zu machen. Als Abgeordnete habe ich schon erlebt, dass wir uns gerade erst mit dem Thema befasst hatten und im nächsten Schritt war es bereits Gesetz.“

Ab wann tritt die GDP-Richtlinie (Regelung zum Transport von Medikamenten) in Deutschland als Gesetz in Kraft?

„Dazu habe ich mich im Gesundheitsministerium informiert und erfahren, dass das Gesetz am 8. September 2013 in Kraft tritt. Entsprechende Leitlinien wurden für Deutschland angepasst und verabschiedet.“

Kann zur Unterstützung der Polizei bundesweit ein Freiwilligen-Polizeidienst eingeführt werden?

„Das ist unmöglich. Was die Polizei macht, basiert auf einer Ausbildung, die sie legitimiert als Angehörige des Staatsdienstes. Dadurch und nur dadurch haben sie die Möglichkeit zur Passkontrolle oder auch zur Blutprobenentnahme, das Handlungen wie diese hoheitliche Aufgaben sind, die die Grundrechte der Bürger beeinflussen. Der Staat allein hat das Monopol Gewalt gegen Bürger einzusetzen. Selbstjustiz ist hier undenkbar.“

Marco Buschmann: „Man darf nicht vergessen bei dieser Diskussion, dass zum Beispiel der Umgang mit Stress ein Bestandteil der Ausbildung bei der Polizei ist. Hinzu kommt, dass auch Detektive oder private Wachdienste nur begrenzte Rechte haben, genau wie jeder andere Bürger. Sie sind keine Aushilfspolizei. Und freiwillige Bürgerwehren wie in Amerika sind in Deutschland undenkbar.“

Jogi Löw beim CSD?

Sie haben sich dafür ausgesprochen, dass der Fußball-Bundestrainer Joachim Löw nach dem Vorbild des niederländischen Trainers Louis van Gaal mit fahren sollte auf einem Wagen beim Christopher Street Day in einer bundesdeutschen Großstadt. Wie kam es zu dieser Idee?

„Derzeit wird ein Konzept gegen Homophobie im Sport erarbeitet. Darum fände ich es sehr gut, wenn bekannte Persönlichkeiten wie Joachim Löw ein Bekenntnis abgeben würden dafür, dass sie nichts gegen Homosexuelle haben. Ich bin selbst schon auf einem solchen Wagen mitgefahren, um genau das zu demonstrieren. DFB-Chef Wolfgang Niersbach empfiehlt Spitzenkickern, sich erst nach ihrem Karriereende zu outen, und das ist in vielen anderen Sportarten ähnlich. Da werden Bilder entworfen von echten Kerlen, die einfach nicht homosexuell sein können. Bei den Fußball-Frauen ist das übrigens anders, da gibt es durchaus bekennende lesbische Spielerinnen. Da bewegt sich seit einigen Jahren einiges in den Vereinen. Aber Frauen haben es auch etwas leichter. Man muss dabei auch die Fanszene berücksichtigen. Bei den Männern würde ein Outing auch als Schwäche von den gegnerischen Anhängern genutzt. Und das zieht sich durch alle Spielklassen.“

Eine Seite für die Jugend

Für Ihr Ministerium haben Sie eine eigene Jugenseite einrichten lassen unter dem Motto "Gerechte Sache". Wie kam es dazu und wie wird diese Seite von der Jugend frequentiert?

„Die Juristerei ist naturgemäß nicht besonders spannend für junge Leute. Aber auch Jugendliche haben ihre Fragen, wenn es um ihre Rechte geht. Wir wollen mit „Gerechte Sache“ den jungen Leuten auf leichte Art ihre Fragen beantworten. Das Konzept wurde im Rahmen einer Jugendmesse vorgestellt, und es gingen sofort ein paar Hundert Nachfragen ein. Die Fragen können ganz einfach online gestellt werden und werden dann von uns beantwortet. Das kann auch mal länger dauern, weil sie tausend Mal durchs Ministerium gespult werden und am Ende für die jungen Fragesteller verständlich gemacht werden. Am Tag der offenen Tür im Justizministerium am 24. August freue ich mich auch wieder auf viele junge Besucher.“

Die NSA und andere Geheimdienste auf Lauschkurs

Derzeit sind die Geheimdienste, inländische wie ausländische, ein großes Thema in Deutschland. Ist deren Überwachung vereinbar mit dem Datenschutzgrundrecht?

„In Deutschland gibt es klare Regelungen was Geheimdienste dürfen und was nicht. Diese Regeln werden mit dem Datenschutzgrundrecht abgeglichen. Wir haben hier auch striktere Vorgaben für die Dauer der Datenspeicherung und ähnliches als es zum Beispiel in den USA der Fall ist. Andererseits sind Geheimdienste wie der Name schon sagt geheim, während die Polizei die öffentliche Staatsmacht ist. Aber es gibt hier auch parlamentarische Kontrollgremien für die Geheimdienste und Gesetze wie das Bundesnachrichtendienstgesetz und das G10-Gesetz (Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses). Das was ausländische Geheimdienste nun an flächendeckenden Telefonkontrollen durchgeführt haben. wäre so in Deutschland nicht zulässig. Das verstehen sie aber häufig nicht. Hier darf nur zielorientiert nach Begriffen gesucht werden, wenn die G10-Kommission dies beschlossen hat.“

Hätte sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich die Reise in die USA sparen können?

„Nein, das musste sein, um in den USA auf Ministerebene deutlich zu machen, dass hier andere Gesetze gelten als in den Staaten. Selbst amerikanische Senatoren stellten derzeit die Demokratie in Frage, wenn alles stimmt, was dort berichtet wird. Für die Bundesregierung ist es wichtig zu wissen, was hier beobachtet wird, um es auf seine Gesetzmäßigkeit zu überprüfen.“

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Gelsenkirchener Abgeordneten Buschmann für Sie?

„Marco Buschmann ist ordentliches Ausschussmitglied und Vorsitzender der FDP-Arbeitsgruppe Recht und leistet als solcher hervorragende Arbeit. Dabei hat er eine Legislaturperiode erwischt, die ihresgleichen sucht. So haben wir zwei Bundespräsidenten gewählt, obwohl nicht mal einer vorgesehen war. Wir erlebten Fukushima, den Datenschutz-Skandal, die Euro-Stabilisierung und die NSU. Da sind die jungen Abgeordneten eine klare Bereicherung. Als Ministerin steht man in der Öffentlichkeit, aber die Abgeordneten sind die wahren Ameisen, die in den Ausschüssen feilschen wie auf dem türkischen Basar und Vorlagen schaffen. In der FDP haben wir eine tolle Mischung aus alten Hasen und Newcomern und das gerade in der Rechtspolitik.“

Marco Buschmann: „Dem kann ich mich nur anschließen. Denn die jungen Pferde im Stall und die alten Hasen haben bei all diesen Problemen gut zusammengearbeitet. Und das macht sehr viel Spaß!“

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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