NRW als Vorreiter bei der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes - Innenminister Jäger: Die parlamentarische Kontrolle wird gestärkt, Regelungen für V-Leute bundesweit vorbildlich

Innenminister Jäger | Foto: SPD- nrw

>"Ein moderner, leistungsfähiger Verfassungsschutz muss in der Mitte der
Gesellschaft verankert sein", mit dieser Zielvorgabe begründete
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger die Leitlinie des
Gesetzesentwurfs zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes, den die
Landesregierung heute beschlossen hat. "In den Punkten Transparenz und Kontrolle
ist unser Gesetzesentwurf der modernste in Deutschland", unterstrich Jäger.
"Die Menschen brauchen Gewissheit, dass die Tätigkeit des Verfassungsschutzes
rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Nur dann kann er auf Dauer im Kampf
gegen Extremisten wie Salafisten oder Neonazis erfolgreich sein."

Der Gesetzentwurf setzt dabei auf klare Regelungen für den Einsatz von
V-Leuten: Erstmals wird gesetzlich normiert, unter welchen Voraussetzungen eine
Vertrauensperson zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden darf und wann die
Zusammenarbeit zu beenden ist. "Ein leistungsstarker Verfassungsschutz kann als
Frühwarnsystem auf den Einsatz von V-Leuten nicht generell verzichten", betonte
der Minister. "Doch hier war der Vertrauensverlust besonders groß, deshalb
brauchen wir fest umrissene Vorgaben." So ist der Einsatz von V-Leuten in jedem
Einzelfall einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterwerfen. "Wir
wollen sicherstellen, dass dieser sensible Bereich des Beschaffens von
Informationen auf das erforderliche Maß beschränkt wird", führte Jäger aus.

Auch die parlamentarische Kontrolle wird gestärkt. Der Gesetzentwurf sieht vor,
dass der Verfassungsschutz das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) künftig
in jeder Sitzung über operative Aktionen von besonderer Bedeutung unterrichtet.
Beratungen sollen so oft wie möglich in öffentlicher Sitzung stattfinden. "Die
Öffentlichkeit kann durch das Kontrollgremium selbst hergestellt werden, wenn
Geheimhaltungsbedürfnisse dem nicht entgegenstehen", erläuterte Jäger. "Dies
erhöht ganz entscheidend die Transparenz." Um es den Mitgliedern des PKG
darüber hinaus zu ermöglichen, ihre Kontrollrechte effektiver wahrzunehmen,
können sie sich von Mitarbeitern der Landtagsverwaltung unterstützten lassen.
"Wir wollen alles tun, damit Kontrollbefugnisse nicht nur auf dem Papier stehen,
sondern auch in der Praxis gelebt werden können", erklärte der Minister.
Zugleich betonte Jäger, dass sich der Verfassungsschutz als demokratische
Institution nicht auf die Rolle des nachrichtendienstlichen Beobachters
beschränken dürfe. Vielmehr müsse auch die Aufklärung der Öffentlichkeit
intensiviert werden. "Den Kampf gegen verblendete Neonazis oder gewaltbereite
Salafisten können wir nur dann gewinnen, wenn wir das gesellschaftliche
Bewusstsein für die von Extremisten ausgehenden Gefahren schärfen",
unterstrich der Minister. "Informierte Bürgerinnen und Bürger, die sich für
die demokratische Kultur und gegen deren Feinde engagieren, sind das beste
Fundament für unsere Verfassung." Angebote zur Information und zum Ausstieg aus
der extremistischen Szene gehören daher ausdrücklich zum gesetzlich normierten
Auftrag des Verfassungsschutzes.

"Ein leistungsstarker Verfassungsschutz muss schließlich auch technisch in der
Lage sein, sich auf das geänderte taktische Verhalten der Gegner der Demokratie
einzustellen", hob Jäger hervor. Für diese sei das Internet, auch mit seinen
geschlossenen Chats und Foren, inzwischen ein intensiv genutztes
Kommunikationsmedium. "Hier dürfen wir nicht wegsehen", mahnte der Minister. Im
Gesetzentwurf wird daher präzise geregelt, dass der Verfassungsschutz
berechtigt ist, solche Chats und Foren auch unbemerkt zu beobachten. "Dabei gilt
ein strenger rechtlicher Maßstab", versicherte Jäger. Datenerhebungen, die den
Kernbereich des privaten Lebens betreffen, sind unzulässig.

Laut Gesetzentwurf wird der NRW-Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Mittel
künftig schwerpunktmäßig bei gewaltorientierten Bestrebungen einsetzen. "Von
diesen gehen die größten Gefahren für unsere Demokratie aus", erläuterte
Jäger. "Deshalb bündeln wir hier unsere Ressourcen." Gleichwohl werde der
Verfassungsschutz die anderen Bereiche nicht aus den Augen verlieren. "Die
Übergänge sind fließend", so der Minister. "Wir müssen Entwicklungen im Auge
behalten und überall wachsam bleiben."

Für Jäger steht fest: Die Gesetzesnovelle ist ein wichtiger Schritt, um die
Leistungsfähigkeit des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes weiter
auszubauen und Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen. "Ich persönlich bin
zuversichtlich, dass es uns so gelingen wird, verlorenes Vertrauen
zurückzugewinnen", unterstrich der Minister.

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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