Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Ist Werkstatt für Behinderte ein Tendenzbetrieb?

Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 29.08.2012 um 13.00 Uhr in Saal 110

Bei der Antragstellerin (im Folgenden Arbeitgeberin) handelt es sich um eine Werkstatt für Behinderte, die als gemeinnützige GmbH firmiert. Sie beschäftigt ca. 500 bis 600 behinderte Menschen und weitere ca. 100 Arbeitnehmer u.a. als Fachkräfte. Sie streitet mit dem bei ihr eingerichteten Betriebsrat, über die Rechtmäßigkeit der Bildung eines Wirtschaftsausschusses sowie darüber, ob sie ein sog. Tendenzbetrieb ist.

Der Betriebsrat hat durch Beschluss einen Wirtschaftsausschuss gebildet. Die Arbeitgeberin hält dies für rechtswidrig, weil sie ein Tendenzbetrieb sei. Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BetrVG wird in Betrieben, die unmittelbar und überwiegend karitativen Bestimmungen dienen, ein Wirtschaftsausschuss, der die Aufgabe hat, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten (§ 106 Abs. 1 BetrVG), nicht gebildet. Die Arbeitgeberin begehrt festzustellen, dass sie ein Ten-denzbetrieb ist, sowie dass die Bildung des Wirtschaftsausschusses unwirksam ist. Der Betriebsrat ist der Ansicht, der Betrieb der Arbeitgeberin sei nicht mehr überwiegend durch karitative Zwecke bestimmt.

Das Arbeitsgericht Solingen hat mit Beschluss vom 25.11.2011 die Tendenzeigenschaft verneint und die Bildung des Wirtschaftsausschusses für rechtmäßig erklärt, weil der karitative Zweck nicht mehr überwiege. Mit der Beschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihr Anliegen vor dem Landesarbeitsgericht weiter. Dieses hat terminvorbereitend darauf hingewiesen, dass die Arbeitgeberin unstreitig auch einen karitativen Zweck verfolgt. Es handele sich insoweit nach dem Vortrag der Arbeitgeberin um einen „dualen Zweck“. Sie nehme Lohnaufträge an, um den behinderten Menschen eine Arbeitsmöglichkeit zu bieten. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob das Mittel, nämlich die Annahme von Lohnaufträgen, den Zweck, nämlich die Förderungen der behinderten Menschen, in einem Maße übersteigt, dass nicht nur ein „dualer Zweck“ gegeben ist, sondern ein Mischbetrieb, in dem die Produktion die karitative Tätigkeit überwiegt. Die Kammer beabsichtigt, dies durch Vernehmung der geladenen Zeugen aufzuklären.

Arbeitsgericht Solingen, 2 BV 23/09, Beschluss vom 25.11.2011

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 7 TaBV 4/12

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

35 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.