Co-Trainer Peter Perchtold im Interview: „Eine große Ehre hier zu sein“

Der neue Co-Trainer des S04, Peter Perchtold (l.), nahm sich fast doppelt so viel Zeit, als zunächst geplant.
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Nicht nur der Cheftrainer ist zu dieser Saison neu auf Schalke, sondern auch der Co-Trainer. Zuletzt arbeitete Peter André Perchtold, wie er mit ganzem Namen heißt, in derselben Funktion beim FSV Mainz 05. Bei den Königsblauen unterschrieb der in Nürnberg geborene und 32 Jahre junge Perchtold einen Vertrag bis 2019.

Wer im Zusammenhang mit Mainz automatisch vermutet, dass Christian Heidel den jungen Co-Trainer weiterempfahl, der irrt sich. Peter Pechtold erklärt im Interview mit dem Stadtspiegel Gelsenkirchen unter anderem, warum das frühe Ende seiner Spielerkarriere auch einen Vorteil hatte, dass er sich kurz vor seinem Geburtstag schon selbst das größte Geschenk gemacht hat und warum er im Sommer-Urlaub zum Abschalten gerne Landesliga-Fußball guckt.

Stadtspiegel: „Sie sind in Nürnberg geboren, haben dort, im Schwabenland und in Australien gespielt. Was sagen Sie denn zum Ruhrgebiet, Herr Perchtold?“
Peter Perchtold:
„Hier zu leben ist eine neue Erfahrung für mich. Die Region kannte ich noch nicht, daher sammele ich im Moment viele neue Eindrücke. Ich konnte bereits feststellen, dass die Menschen hier sehr offen, ehrlich und direkt sind, das empfinde ich positiv. Dort, wo ich aufgewachsen bin, wirken die Menschen auf den ersten Blick etwas ruhiger, möglicherweise auch verschlossener und brauchen ein wenigAnlaufzeit (lächelt).

„Sie sind wie Domenico Tedesco ein junger Trainer. Ist es vor allem Ihrer Spieler-Karriere geschuldet?“
„Mit Sicherheit. Aufgrund einer Verletzungen musste ich leider eher mit dem Fußballspielen aufhören. –Aus heutiger Sicht kommt mir das nun zugute, denn so habe ich anderen Weggefährten, die einen ähnlichen Werdegang einschlagen fünf, sechs Jahre Vorsprung und bin mit Anfang 30 aus meiner Sicht breit aufgestellt.“

„Wann haben Sie gemerkt, dass der Trainer-Job etwas für Sie ist?“
„Als mir klar wurde, dass meine Karriere aufgrund meiner Verletzungen zuende geht, fing ich bei der U23 in Mainz an Martin Schmidt zu zuarbeiten . Ich habe schnell gemerkt, dass mir das Spaß macht und die Arbeit wurde immer intensiver und professioneller. Das war der Startschuss für meine Arbeit als Trainer.“

„Was hat Sie in Ihrer Spieler-Karriere mehr geärgert: Das Abschieben zu Nürnberger Zeiten von der ersten in die zweite Mannschaft oder anschließend das ärgerliche Ende in Australien inklusive eines Rechtsstreits?“
„Schwer zu sagen. Für mich war das insgesamt keine einfache Zeit, weil es auch direkt beieinander lag und innerhalb von ein, zwei Jahren geschah. Nürnberg ist meine Heimatund es ist der Verein mit dem ich groß geworden bin. Da war es schwierig zu verkraften, mit 23 oder 24 Jahren sportlich keine so große Rolle mehr zu spielen. Dennoch war ich professionell genug, zu merken, dass es einer Veränderung bedurfte, weswegen ich in Australien gelandet bin. Doch trotz des Endes dort möchte ich die Zeit nicht missen, weil sie mir privat, sozial und sogar sportlich viel gebracht hat.

„Das heißt, Sie würden diesen Weg erneut gehen?“
„Ich bin kein Mensch, der in der Vergangenheit schwelgt. Aber ich bin glücklich, wie es war und ich bin mit mir im Reinen. Die schlechteren Momente bewerte ich als Schicksal. Zu Australien stehe ich, weil meine Frau und ich uns dort extrem wohl gefühlt haben und wir es als sehr schade empfanden, als die Zeit dort zuende ging. Das soll aber alles nicht zu negativ klingen, da ich meinen Beruf als Privileg ansehe und ich insbesondere durch meine tolle Frau und meine Familie in schwierigen Zeiten und nach dem nächsten Knorpelschaden sehr viel Unterstützung erfahren habe.“

„Sie wirken - ganz gleich, ob auf oder neben dem Platz - sehr ruhig und bedacht. Das wirkt alles andere als gespielt. Womit kann man Sie denn in Rage bringen?“
„(überlegt) Auf Anhieb kann ich das nicht sagen. Da gibt es bestimmt Dinge, bei denen es schwerer ist, mal die Contenance zu wahren. Aber auch ich habe ja eine Vorbildfunktion den Spielern gegenüber und möchte mit meinem Engagement etwas vorleben. Wenn ich dann dabei nicht ruhig wirken würde, wäre das sicherlich nicht hilfreich.“

„In drei Wochen haben Sie Geburtstag. Haben Sie sich mit dem Schalke-Vertrag schon selbst das schönste Geschenk gemacht?“
„(lächelt) Das kann man, glaube ich, so sagen. Ich bin sehr glücklich, hierzu sein und sehe es als große Ehre an, bei einem Verein wie diesem zu arbeiten."

„Was wäre eigentlich aus Ihnen geworden, wenn das Schalke-Angebot nicht gekommen wäre?“
Es gab in Mainz nach der vergangenen Saison zwar einige Gespräche, ob und wenn ja, in welcher Funktion ich hätte eingebunden werden können. Ob aber eine für mich zufriedenstellende Position gefunden worden wäre, wage ich zu bezweifeln. Als ich dann begonnen habe, meine Chancen auszuloten, kam der Kontakt mit Domenico Tedesco zu Stande.“

„Haben Sie vor Ihrem Wechsel Kontakt zu Christian Heidel, Axel Schuster oder Spielern gesucht, die hier schon gespielt haben oder noch spielen? Zwischen Mainz und Schalke gab es ja in der Vergangenheit schon so einige Wechsel.“
„Überhaupt nicht. Ich bin alt genug, um mir selbst ein Bild zu machen und die Situation mit meiner Frau und meiner Familie zu besprechen. Davon abgesehen fiel es mir leicht, das Angebot anzunehmen. Da musste ich nicht lange überlegen.“

„Gab es schon vorher irgendwo einmal Berührungspunkte mit Domenico Tedesco?“
„Rückwirkend kann ich sagen, dass wir zwei, drei „gemeinsame“ Jahre in Stuttgart hatten. Er war in der Jugend Trainer und ich pendelte zwischen der Profi- und der U23-Mannschaft hin und her. Bewussten Kontakt hatten wir aber nicht.

„Der Trainer hat gesagt, dass er nicht einfach nur einen Hütchen-Aufsteller haben will. Was fordert er denn von Ihnen?“
„ Generell ist erstmal wichtig, dass es innerhalb des Trainerteams menschlich, sozial und charakterlich passt, das ist die BasisWir verstehen uns sehr gut, können auf Augenhöhe diskutieren und uns gegenseitig ehrlich die Meinung sagen. Wohlwissend, dass Domenico als Cheftrainer das finale Wort hat.

„Das Sprachtalent ist neben dem jungen Alter eine weitere Parallele zwischen ihnen beiden. Sie sprechen dieselben Fremdsprachen wie Herr Tedesco.“
„Bei der Sprach-Qualität möchte ich mich mit Domenico nicht vergleichen (lächelt). Ich finde es bewundernswert, wenn jemand sechs, sieben Sprachen flüssig sprechen kann. Das soll auch mein Anspruch sein. Das Schul-Französisch bekomme ich noch hin und aufgrund meiner Australien-Zeit spreche ich gut Englisch. Zudem habe ich nach der Schulzeit vier, fünf Spanischkurse besucht, weil Sprachen mich einfach interessieren. Aber Domenico spricht besser. Er muss es auch wegen der vielen Ansprachen öfter anwenden und können (lacht).“

„Auf dem Weg ins Trainingslager in Österreich kommt man mit dem Auto an ihrer allerersten Spielstätte vorbei. Wie viel Kontakt haben Sie noch zum 1. SC Feucht?“
„Ich versuche drei-, viermal im Jahr noch dort zu sein. Mir ist das wichtig, weil einTeil meiner Freunde dort noch spielt oder sich aufhält. Die erste Mannschaft ist seit meiner Zeit ein paar Mal abgestiegen, aber dafür gibt es nun noch mehr regionale Duelle.

„Letzte Frage, Herr Perchtold: Der Anspruch auf Schalke ist, in das internationale Geschäft einzuziehen. Ist das ein anderer Druck, als in Mainz?“
„Wir messen die Jungs an ihrer Leistung und vergleichen Input mit Output. Natürlich merkt man, dass die Erwartungshaltung hier noch eine andere ist als in Mainz. Wir versuchen bestmöglich unsere Hausaufgaben zu erledigen und ich bin überzeugt, dann kommt der Rest von ganz alleine.“

Autor:

Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen

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