„Freifunk baut Brücken“

Erst einmal nur für die Altstadt von Gelsenkirchen, aber vielleicht schon bald auch weit darüber hinaus, das ist das Ziel des Verein Freifunk Gelsenkirchen. Foto: Gerd Kaemper
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  • Erst einmal nur für die Altstadt von Gelsenkirchen, aber vielleicht schon bald auch weit darüber hinaus, das ist das Ziel des Verein Freifunk Gelsenkirchen. Foto: Gerd Kaemper
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Seit November 2014 gibt es vom Margarethe-Zingler-Platz (Hauptmarkt) über die Hauptstraße bis zur Evangelischen Altstadtkirche am Heinrich-König-Platz, vom Hans-Sachs-Haus bis zur Gabelsberger Straße das WLAN-Netz „Freifunk“. Kostenlos und frei verfügbar für alle Bürger. Ermöglicht wird das durch den Verein Freifunk Gelsenkirchen und die Geschäftsleute der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Hauptstraße sowie inzwischen weitere Partner.

Ein Router auf dem Hans-Sachs-Haus

Seit Ende Juli befindet sich nun auch auf dem Hans-Sachs-Haus-Dach ein Freifunk-Router, der für eine weitere Verbreitung des Netzes sorgen soll.
„Anders als Gelsen-Net, das ebenfalls in der Gelsenkirchener City WLAN anbietet und zwar noch bis Ende des Jahres kostenlos, entstehen bei uns garantiert keine Kosten, auch nicht in Zukunft“, erläutert Marc Kasper, Informatik-Student und Freifunker. „Unser Netz kann man nutzen, indem man ganz einfach in den WLAN-Einstellungen auf Freifunk geht. Es bedarf keiner Anmeldung, keines Passwortes und eben keiner Kosten. Und der Vorteil ist: Wer einmal Freifunk angeklickt hat, wird überall, wo es zur Verfügung steht, automatisch damit verbunden.“
Hört sich gut an, aber da muss doch irgendwo ein Haken sein. Schließlich hat doch niemand etwas zu verschenken....

Es geht um das Gemeinwohl

„Die Idee dahinter ist ein Charity-Gedanke“, erklärt Axel Oppermann, der das Internet seines Optiker-Geschäftes an der Hauptstraße zur Verfügung stellt. „Die Firmen geben ihr Internet für die Bürger frei und wir beobachten bereits seit geraumer Zeit, dass tatsächlich Leute hierher ins Quartier kommen, sich auf die Bänke setzen und surfen.“
Darum soll das WLAN-Netz auch im Straßennetz peu à peu weiter verbreitet werden. „Der Repeater auf dem Hans-Sachs-Haus zum Beispiel steuert den Router von Sicherheits-Technik Uecker GmbH an der Ebertstraße 20 an und ermöglicht so bis etwa zur Bluebox das Freifunk-Netz. Wir versuchen derzeit auch die Geschäftsstelle der Grünen weiter oben an der Ebertstraße mit einzubeziehen und somit wiederum das Netz zu erweitern“, schildert Kasper.
Technisch gesehen, nehmen die Router, die die Geschäftsleute zur Verfügung stellen miteinander Kontakt auf und sorgen so für das dauerhafte WLAN. Dazu bedarf es natürlich der technischen Voraussetzungen wie freifunktauglicher Router und den passenden Server.
Finanziert wird das Ganze über Spenden, zum einen, weil die Partner ihren Internetzugang freigeben, zum anderen aber auch weil sie Geld spenden, zur Anschaffung notwendiger Hilfsmittel.

Das Netz wird ständig verbessert

„Zu Anfang war die Verbindung noch zu langsam. Doch inzwischen ist das Projekt den Kinderschuhen entwachsen und durch eine eigene Infrastruktur für Gelsenkirchen deutlich verbessert“, schildert der Informatik-Student. Dabei sollen aber vor allem die Grundbedürfnisse möglich werden wie die Suche im Internet nach Adressen oder aber dem Schreiben von Textnachrichten via Internet. Dadurch, dass inzwischen auch mehr und mehr Privatleute bereit sind, ihr Internet zur Verfügung zu stellen, sind die Freifunker zufrieden mit der Leitung.
„Und auch andere Interessengemeinschaften zeigen inzwischen Interesse an der Idee“, weiß Axel Oppermann, der mit Dr. Nabi Hussein von der ISG Neustadt in Kontakt steht, bezüglich Freifunk. „Das Kirchviertel hat ebenso Interesse, wobei die Rosen-Apotheke schon dabei ist und ihr Internet zur Verfügung stellt. Aber auch die Ahstraße soll schon bald nachbearbeitet werden.“

Die Idee könnte vom Süden überschwappen in den Rest der Stadt

„Die Initiative ist ja hier im Süden gestartet und erst einmal haben wir den Ball gehalten, weil wir uns ja auch erst einmal vortasten mussten. Jetzt möchten wir den Ball aber wieder anstupsen“, schildert Marc Kasper.
Und auch der Charity-Gedanke soll weiter gesponnen werden: „Wir hatten ja von Anfang an die soziale Komponente im Auge“, erinnert Oppermann. „Darum wäre es uns eine Herzensangelegenheit, das Flüchtlingsheim in Scholven mit Freifunk auszustatten, damit die hier gestrandeten Flüchtlinge Kontakt zu ihren in der Heimat befindlichen Familien aufnehmen können. Das Heim wird natürlich von der Stadt getragen. Aber wenn diese einen Internetzugang frei geben würde, dann stünden wir bereit und könnten innerhalb von zwölf Stunden WLAN ermöglichen.“
Wie das funktioniert zeigt das Lalok Libre an der Dresdener Straße/Ecke Grillostraße, eine Anlaufstelle für viele Osteuropäer. Das Lalok war sofort begeistert von der Freifunk-Idee. Hier wird den Neubürgern bereits die Kontaktaufnahme in die alte Heimat erleichtert.

Freifunk hat auch was mit Freiheit zu tun

„Hinter dem Freifunk steht auch ein Freiheitsgedanke. Denn ursprünglich kam die Idee aus Berlin und dort hat Freiheit einen hohen Stellenwert in den verschiedensten Belangen. So sollte durch den Freifunk die Gesellschaft zusammengeführt werden“, gibt Marc Kasper zu bedenken und Oppermann ergänzt: „Freifunk baut Brücken. Und ich freue mich auf den kulturellen Aspekt, denn das wird spannend.“

Noch ganz aktuell: Freifunk im Spunk

Ab sofort können die BesucherInnen des Ückendorfer Jugend- und Kultur-Zentrum am Festweg 21 kostenlos und ohne Hürden ins Internet gehen. Ermöglicht wird dies durch einen Zugang zum Freifunk.
Auch wenn man unterwegs ist, verzichten nur noch wenige freiwillig auf einen Internetzugang. Dies können sich jedoch viele aus Kostengründen nicht leisten. Hier setzt das Freifunk-Netz an. Nun ist auch das Ückendorfer Spunk mit dabei.

Etwas angestupst?

Wenige Tage nach dem Gespräch erhielt Axel Oppermann Bescheid von der Stadt, dass diese sich um eine Lösung für das Flüchtlingsheim in Scholven kümmert und dort schon sehr bald WLAN bereit stellen wird.
Ob die Anregung durch die Freifunk-Initiative und die ISG Hauptstraße den Anstoß gab, weiß man nicht....
Da Freifunk Gelsenkirchen dadurch noch Kapazitäten frei hatte, konnten diese nun einem Flüchtlingsheim in einer Nachbarstadt bereit gestellt werden.

Über Freifunk Gelsenkirchen

Zur Zeit (Stand Mai 2015) betreut Freifunk Gelsenkirchen rund 65 Hotspots im Stadtgebiet. Die Mitstreiter treffen sich an jedem ersten Montag im Monat im Abrazo/Kosmos, Hansemannstraße 3, um 19 Uhr. Zu diesen Treffen sind Gäste und neue Mitstreiter immer herzlich willkommen.
Neben Marc Kasper gibt es als feste Akteure noch Christian Bischoff, Andreas Dorfer, Michael Herzog und Marco Millitsch. Axel Oppermann ist Vorsitzender und Mitgründer der ISG Hauptstraße und der „Kümmerer“ in Sachen Freifunk-Angelegenheiten.
Die APD (Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH) auf dem Margarethe-Zingler-Platz stellt in Kürze ein leistungsstarkes Internet bereit, das eine deutliche Verbesserung und Verschnellerung bewirken wird.
Am Tierheim, Willy-Brandt-Allee, gibt es übrigens sieben Router, die für Freifunk rund um die Adresse sorgt. Das war dem Tierschutzverein ein großes Anliegen.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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