Siebzig Jahre danach - "Musste das wirklich sein?"

Am gestrigen Freitag jährte sich zum siebzigsten Mal der 8. Mai 1945, der Tag an dem der von Adolf Hitler und seinen Nazi-Schergen entfesselte Zweite Weltkrieg, der unsägliches Leid über die Welt brachte, mit der Kapitulation Deutschlands beendet wurde und nach fünf Jahren Frieden in Europa brachte. Zahlreiche TV-Dokumentationen, Veranstaltungen und Reden erinnern an diesen Tag der Freude und gedenken der Opfer. Einer, der die Zeit hautnah miterlebte, war Gerd-Hans Mülhoff aus Goch.

von franz geib

1 Siebzig Jahre ist es nun her, dass der Zweite Weltkrieg beendet ist. Wo haben Sie das Ende des Krieges erlebt?

„Zu dieser Zeit war in Südfrankeich, wo ich seit meiner Gefangenschaft 1994 in einem Bergwerk arbeiten musste. Wir waren rund 120 Gefangene und lebten in einer primitiven Baracke, die von französischen Kommunisten bewacht wurde. “

2 Wie haben Sie vom Ende des Krieges erfahren?

„Wir hatten kein Radio, keine Zeitungen, nichts. Wir erfuhren nur davon, weil unsere französischen Bewacher immer nur ‚Deutschland, kaputt!‘ riefen. Wir konnten sie aber nicht verstehen, und hatten nur eine Ahnung davon, dass der Krieg wohl zu Ende war. “

3 Wie hatten Sie die Franzosen erlebt? Gab es Partys, Gesänge auf den Straßen?

„Davon kriegten wir nichts mit, denn unsere Baracke lag abseits jeglicher Zivilisation. Morgens mussten wir ins Bergwerk einfahren und erst am späten Abend ging es wieder zurück in die Baracken. Von den Menschen haben wir kaum etwas mitbekommen.“

4 Was hatten sie gedacht, als sie hörten, dass der Krieg möglicherweise zu Ende war?

„So richtig glauben konnten wir es nicht. Wir hatten ja auch kein Zeitgefühl, denn wir bekamen auch keine Post.“

5 Und als sie dann die Bestätigung bekamen, was hatten sie da gefühlt?

„Wr waren mittlerweile derart abgestumpft durch die schwere, körperliche Arbeit und die schlimmen sanitären Verhältnisse in der Baracke. Es gab schließlich kein fließendes Wasser, seine Notdurft musste man auf einem Donnerbalken verrichten. Uns war alles egal, wir konnten uns gar nicht richtig freuen.“

6 Gab es denn kein Aufatmen, eine neue Perspektive?

„Nein, zu diesem zeitpunkt ging es uns nur darum, irgendwie zu überleben. Unsere Gespräche drehten sich hautpsächlich ums Essen.“

7 Aber es muss doch Hoffnung gegeben haben, dass bald auch für Sie alles ein Ende haben könnte?

„Überhaupt nicht. Ein Ende war zu diesem Zeitpunkt gar nicht abzusehen. Im Gegenteil.“

8 Wann war denn für Sie endlich der Krieg vorbei?

„Das war erst drei Jahre später, 1948, als wir aus der Gefangenschaft entlassen wurden und ich wieder meine Heimatstadt sehen durfte.“

9 Ein schönes Gefühl für Sie?

„Nicht sofort. Denn Goch war ja total zerstört. Und schließlich starb ja auch meine Mutter in einer der Bombennächte. Ich musste zunächst mal zusehen, dass ich ein Dach über dem Kopf hatte und unsere Firma wieder aufbauen konnte.“

10 Wann haben Sie Ihren Frieden machen können?

„Später, 1949, als ich langsam am Leben wieder teilnahm, den Betrieb wieder öffnete, die ersten Freundschaften hatte und auch mal mit Frauen ausgehen konnte.“

11 Was denken Sie jetzt, siebzig Jahre danach?

„Man hätte diesen Hitler erschießen müssen. Er hat soviel Elend über die Welt gebracht, man hätte alles dafür tun müssen, dieses S...... zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Musste das wirklich alles sein?“

Autor:

Franz Geib aus Goch

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