Ein Nachmittag im Ziegenstall

So geht’s: Bernd Verhoeven zeigt seinen kleinen Gästen, wie man Ziegen melkt.
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  • hochgeladen von Christian Schmithuysen

Jule hat ihn zuerst entdeckt: „Da ist der Bauer.“ Und was für einer. Bernd Verhoeven – kernige Statur, Vollbart, Strohhut – nimmt die rund 40 Mütter und Kinder herzlich in Empfang. Seine Gäste kommen heute aus ganz Deutschland, sie sind zur Kur im Gocher Marianne van den Bosch Haus. Der Besuch auf dem Rouenhof gehört zu den Ausflugshöhepunkten ihres dreiwöchigen Aufenthaltes.

GOCH. Ein bisschen zögerlich folgen Mütter und Kinder dem Bauern an diesem sonnigen Samstagnachmittag in den großen Ziegenstall. Die Tiere sind Besuch gewöhnt und lassen sich in ihrem Tagewerk nicht stören. Hier und da büxt eine aus, gelegentlich kommt sogar richtig Bewegung in die Herde. Dann sind Manfred und Flora Soft gefragt. Die beiden Hütehunde halten die Ziegen mit Nachdruck zusammen.
Mütter und Kinder dürfen nun Ziegen melken, Lämmer halten und streicheln. „Ich möchte auch mal!“ ist für eine halbe Stunde der am meisten gehörte Satz. Man merkt es deutlich: Viele der Gäste waren dem Landleben noch nie so nah. Geräusche und Gerüche sind intensiv und aufregend neu. „Zwei Liter Milch gibt eine Ziege pro Tag“, erzählt Bernd Verhoeven während des Melkens. Dass das von Hand ganz schön lange dauern würde, ist den Besuchern spätestens jetzt klar.
Den Besuch auf dem Rouenhof unternehmen die Mütter und Kinder auf „halber Strecke ihrer Kur“. „Wenn sie sich ein wenig gefunden haben“, sagt Beatrix Lichtenberger, Leiterin des Marianne van den Bosch Hauses. Zuhause im Alltag würden sich manche so einen Ausflug gar nicht zutrauen. „Umso schöner, dass wir heute hier sind“, findet Mutter Birgit. Und das in so guten Händen, mit so umsichtiger Begleitung: Das Marianne van den Bosch Haus in Goch ist eine Vorsorge- und Rehabilitationsklinik für Mütter und Kinder, spezialisiert auf Mütter mit Kleinkindern bis sechs Jahren. Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Physiotherapeuten, Ernährungsberater, Heilpädagogen, Erzieher und Seelsorger kümmern sich während der Kur um psychosomatische Erkrankungen und Störungen in der Mutter-Kind-Bindung. Heute kümmert sich vor allem Bauer Bernd Verhoeven – um Abenteuer zum Anfassen.
Der Besuch auf die nahegelegene Weide führt die Kurgäste zur hochtragenden Kuh Katja. Der kleine Henry fühlt den Herzschlag des Kälbchens, die kleinere Angelina kann das kaum glauben. „Doch hier!“ Er hat wohl Recht. Wie im Ziegenstall ist auch zwischen den Kühen das ein oder andere Selfie Pflicht – so viele Tiere, so viel Natur, so nah dran. Kuh Katja ist schwanger, aber gemütlich. Und lässt die Kinder auf ihrem Rücken reiten. „100 Liter Wasser trinkt eine Kuh am Tag“, erzählt Bernd Verhoeven unterdessen – allgemeines Staunen.
Seit mehr als 500 Jahren ist der Rouenhof zwischen Kervenheim und Sonsbeck in Familienbesitz, seit 26 Jahren betreiben die Verhoevens Öko-Landbau. Bernd Verhoeven ist auf den Märkten der Umgebung eine Institution und auf seinem Hof ein routinierter und fröhlicher Gastgeber. Besuchergruppen gehören für ihn und seine Familie zum Alltag, mindestens einmal im Jahr kommt der WDR. Das jährliche Lämmerfest lockt Anfang März hunderte Besucher weit über die Region hinaus.

Eine Runde mit dem Trecker

Zum Abschluss des Besuchs chauffiert er seine Besucher mit dem Trecker. Vorbei an Kälber- und Ferkelställen, vorbei an Gattern und Obstbäumen. Eine Runde über Feld und Wiese, eine Runde um den Hof. Die Gäste sind mit Feuereifer dabei. „Zu Beginn des Besuchs sind die Kinder manchmal etwas skeptisch“, erzählt Verhoeven. „Aber das schlägt schnell um. Sehr schnell.“ Kein Wunder: Der Nachmittag auf dem Rouenhof ist für Mütter und Kinder ein lehrreiches Abenteuer. „Davon erzählen sie mindestens den Rest des Tages“, freut sich Beatrix Lichtenberger. „Wahrscheinlich noch die ganze nächste Woche.“

Autor:

Christian Schmithuysen aus Goch

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