725 Jahre Stadt Haltern (4): Ein stiller Wächter

725 Jahre Haltern, 25 Jahre Stadtspiegel Haltern: Unter diesem Logo finden Sie unsere Sonderseiten in den aktuellen Ausgaben des Stadtspiegels. Grafik: Borgwardt
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In diesem Jahr feiert Haltern ein kleines Jubiläum: Vor 725 Jahren verlieh der Bischof von Münster, Everhard von Diest, der kleinen westfälischen Gemeinde die niederen Stadtrechte und die Erlaubnis, eine Mauer zu bauen. Im Sommer wird Haltern an diese Erhebung mit einer großen Feier erinnern. Wir tun dies schon jetzt: Eine Sonderserie im Stadtspiegel wird einige der wichtigsten Stationen in der langen Geschichte der Stadt beleuchten. Im vierten Teil unserer Serie geht es um das Wahrzeichen Halterns, den Siebenteufelsturm.

Als der Hahn kräht, macht sich der Maurergeselle schon bereit. Er nimmt im ersten Licht des Tages ein Stück Brot vom Vortag von seinem Tisch, packt es in einen Leinenbeutel und macht sich auf den Weg durch die erwachenden Gassen der Stadt. Gänse laufen schnatternd auseinander, als der junge Mann auf den schon von weitem sichtbaren Holzkran an der Westmauer zusteuert. Seit Wochen legen hier die Handwerker Stein auf Stein, und bald wird er fertig sein, der neue Turm. Gott sei es gelobt, in diesem seinem Jahr 1502.

Dass sie in einer Zeitenwende leben, ist den Halternern in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts nicht bewusst. Vielleicht hatte der eine oder andere Kaufmann schon davon gehört, dass es neues Land hinter dem Meer geben soll, das sich hinter England und Irland in die blaue Unendlichkeit nach Westen erstreckt. England, das kennen sie gut, denn noch immer ist Haltern Mitglied der Hanse, und allzu oft streitet man sich hier über die unverschämten Steuern, die für englisches Tuch verlangt werden. Von der neuen Welt aber, die Christoph Kolumbus für Europa fast 500 Jahre nach den Wikingern wiederentdeckt hat, haben die Bürger Halterns keine Ahnung.

Das Mittelalter ist vorbei

Erst spätere Generationen werden befinden, dass mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts auch eine neue Zeit eingeläutet wurde. Das Mittelalter ist untergegangen mit dem Fall Konstantinopels, der Rückeroberung Spaniens von den Muslimen, der Entdeckung einer neuen Welt, der Erfindung des Buchdrucks und den ersten protestantischen Gedanken, die schon bald mit Martin Luther ihren wichtigsten Fürsprecher finden werden.

Willkommen in der Frühen Neuzeit, möchte man heute den Handwerkern des Jahres 1502 zurufen, die Ziegel für Ziegel die letzten Arbeiten am Siebenteufelsturm vollziehen.

Für den jungen Maurer, der über den Marktplatz läuft, ohne einen Blick für die vielen Kreuze auf dem Platz vor der Sixtuskirche zu haben, ist der Gedanke, er könnte in einer neuen Zeit leben, ziemlich abstrus. Noch immer hat die Kirche große Macht über die Menschen, und was das Wort nicht schafft, erledigen die neuen Waffen, die mit Pulver schießen, und nicht mehr nur mit Pfeilen. Gegen solche Feinde will Haltern gerüstet sein.

Erst knapp ein halbes Jahrhundert ist es her, dass die Stadt zwischen die Fronten einer blutigen Fehde zwischen Anhängern zweier Männer geraten war, die beide nur eines wollten: Bischof von Münster sein. Während einer Reihe von Kriegszügen, die sieben Jahre andauerten und später als Münsterische Stiftsfehde bekannt wurde, brannten in Haltern mehrmals Häuser und Menschen, wurden die Bürger ausgeraubt und die Stadtmauern schwer beschädigt. Damit das in Zukunft ein Ende hat, bessern die Halterner nun, im Frieden, die Mauern aus, und bauen neue Türme. Als im Jahre 1503 der erste Schnee fällt, sammelt er sich auf dem Dach des neuen Siebenteufelsturms.

Ein Anblick, den wir auch heute noch kennen. Der „Dicke“ ist alles, was von der Mauer übrig ist, die einst Haltern vor seinen Feinden schützen sollte.

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725 Jahre Haltern
Die große Sonderserie im Stadtspiegel

Episode 1: Der zerschlagene Traum vom kleinen Rom
Episode 2: Ein Dokument der Freiheit
Episode 3: Von Haltern an den Rand der Welt
Episode 4: Ein stiller Wächter
Episode 5: Die bleichen Finger des Krieges
Episode 6: Mit Volldampf in die Zukunft
Episode 7: Eine Zeit der Schande

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Der Halterner Siebenteufelsturm wurde 1502 erbaut und ist der einzige Überrest der Stadtmauer. Die einst wirksame Befestigung wurde im 18. Jahrhundert abgetragen, weil sie inzwischen veraltet war und dem Wachstum der Stadt im Wege war. Heute ist der „Dicke“ ein Wahrzeichen Halterns.Foto: Archiv
Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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