Neues Exponat für "Triumph ohne Sieg" Eine der größten Gemmen der Antike im LWL-Römermuseum

Gerhard Schmidt, Steinschneider aus Idar-Oberstein, kam persönlich vorbei, um sein Werk in die Sonderausstellung "Triumph ohne Sieg" einzubringen.
Foto: LWL/ C. Steimer
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Haltern. Ein Triumph für das Römermuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Haltern am See: Seit Ende September gibt es dort die Kopie einer der größten und berühmtesten Kameen der Antike zu bestaunen. Der in Gold eingefasste Schmuckstein, genannt "Gemma Augustea", zeigt den römischen Herrscher Augustus als immerwährenden Triumphator. Er entspricht in Größe, Technik und Material dem Original. Der Idar-Obersteiner Steinschneider Gerhard Schmidt brachte sein Werk persönlich vorbei und gab Einblicke in seine Kunst.

Allein die Maße sind außergewöhnlich: Stellt man sich unter einer Gemme eine kleine Brosche vor, wird man beim Anblick der Gemme des Augustus eines besseren belehrt:
19 mal 23 Zentimeter ist sie groß und man fragt sich, wozu die Römer sie verwendet haben. "Die "Gemma Austuea" gehört zu den Staatskameen und dient in erster Linie der Selbstdarstellung der kaiserlichen Familie und ihrem Machterhalt", erklärt Dr. Rudolf Aßkamp, Leiter des LWL-Römermuseums. Neben Kaiser Augustus sind daher auch sein Stiefsohn Tiberius und der Großneffe Germanicus abgebildet. "Allesamt mehr oder weniger erfolgreiche Triumphatoren, wie sie im Mittelpunkt unserer Sonderausstellung 'Triumph ohne Sieg' stehen", erläutert Aßkamp.  Mit welcher Fingerfertigkeit die kaiserliche Familie in Edelstein geschnitten wurde, lässt sich anhand der "Gemma Augustea" bestaunen. Als erhabenes Relief erscheint jede Figur individuell gezeichnet. Schmidt hat dabei dieselbe Technik verwendet, die schon vor über 3.000 Jahren zum Einsatz kam: "Die antiken Werkzeuge sind nicht genau bekannt, aber das Prinzip ist gleich. Nur verwenden wir heute einen Elektromotor für die Gravur."
Schmidt führt die jahrhundertealte Tradition der Idar-Obersteiner Steinschneidekunst fort und genießt dank zahlreicher Ausstellungen weltweit einen internationalen Ruf. Schmidt: "Um aus einem Rohstein ein Kunstwerk zu machen, braucht man vor allem Inspiration, Phantasie und Geduld." Die hat Schmidt. Über mehrere Monate hinweg hat ihn die Arbeit an der "Gemma Augustea" in Anspruch genommen. Dabei wäre das Projekt fast gescheitert. "Jeder Stein ist anders. Man kann eine Gemme nicht einfach wie ein Gemälde kopieren. Einen ähnlichen Stein zu finden, ist fast unmöglich. In Brasilien sind wir aber schließlich fündig geworden", so Schmidt.Schmidt trennt aus dem Rohstein, einem 20 bis 30 Kilogramm schweren Lagenachat, zunächst die verwertbare Schicht heraus. Diese macht meist weniger als 5 Prozent des Gesamtgewichts aus. Daraufhin schleift er die ausgewählte Platte in Form, poliert sie und versieht sie mit einer Vorzeichnung. Nun beginnt die eigentliche Gravur mit einem rotierenden Gravierrädchen. "Das eiserne Gravierrädchen allein ist nicht in der Lage, den Stein auch nur anzukratzen", erklärt Schmidt. "Erst wenn der Graveur kostbares Diamantpulver aufbringt, wird es scharf und trägt Material vom Stein ab."

Die "Gemma Augustea" ist eines der Prunkstücke der Antikensammlung des kunsthistorischen Museums in Wien und entstand wahrscheinlich zwischen 9 bis 12 n. Chr. Sie besteht aus einem zweischichtigen arabischen Sardonyx, einem Quarz. Die Original-Fassung, ein Goldreif mit ornamentierter Durchbruchsarbeit auf der Rückseite der Gemme, ist deutsch und wurde im 17. Jahrhundert hergestellt. Die Kopie von Gerhard Schmidt entstand 2005 und ist noch bis zum 5. November in der Sonderausstellung "Triumph ohne Sieg. Roms Ende in Germanien" im LWL-Römermuseum in Haltern am See zu sehen.

Hintergrund: Neun Jahre nach dem Ausstellungsprojekt zur Varusschlacht ist das LWL-Römermuseum in Haltern am See wieder Schauplatz einer Ausstellung über die Römer im damaligen Germanien. Der Triumphzug des Germanicus vor 2.000 Jahren in Rom und das Ende der römischen Herrschaft in Germanien bilden den Ausgangspunkt für das Ausstellungsprojekt, das der LWL in seinem Römermuseum noch bis zum 5. November unter dem Titel "Triumph ohne Sieg. Roms Ende in Germanien" zeigt. Mehr als 40 internationale und nationale Leihgeber und über 250 wertvolle Kunstwerke und Artefakte aus Italien, Kroatien, der Schweiz, Slowenien, Ungarn und der Vatikanstadt sollen auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche diesen Triumph ohne Sieg verständlich machen. Führungen und Programme ermöglichen es Besuchern aller Altersgruppen, in das Leben der Römer vor 2.000 Jahren einzutauchen und an Germanicus' Triumphzug teilzunehmen.

Gerhard Schmidt, Steinschneider aus Idar-Oberstein, kam persönlich vorbei, um sein Werk in die Sonderausstellung "Triumph ohne Sieg" einzubringen.
Foto: LWL/ C. Steimer
Die "Gemma Augustea" gehört zu den größten Kammen der Antike. Hinter Glas ist sie noch bis zum 5. November im LWL-Römermuseum zu bestaunen. Foto: LWL/ C. Steimer
Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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