Vortrag über Insektensterben sorgt für Beunruhigung

Zahlreiche Zuhörer stellten Fragen im Anschluss an den Vortrag.
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Für ein brechend volles Haus hatte die Einladung der Grünen zum Vortrag über das Insektensterben gesorgt. Dr. Martin Sorg informierte am Donnerstag im Alten Rathaus über Auswirkungen und Ursachen des alarmierenden Rückgangs der nützlichen Kleintiere.

“Im vergangenen Sommer konnte man ungestört im Garten seinen Pflaumenkuchen essen,“ erklärte eine Dame unlängst am Obst- und Gemüsestand auf dem Marktplatz. Gemeint waren damit die lästigen Insekten, allen voran die Bienen, die einem schon mal den Spaß am Zuckerwerk im Freien vermiesen können. Allerdings – ohne Bienen könnte es auch mit dem Pflaumenkuchen bald zu Ende sein. Wie diese Dame haben auch andere Menschen längst bemerkt, dass die Anzahl der Insekten abgenommen hat. Eine bedrohliche Entwicklung!

Zur Frage nach den Ursachen referierte am Donnerstagabend Doktor Martin Sorg im Alten Rathaus. Die Halterner Grünen hatten den Biologen und Entomologen eingeladen einen Vortrag zum Bestandsrückgang von Fluginsekten in Offenlandbiotopen der Kulturlandschaft zu halten. Die Resonanz war überwältigend! Der Saal konnte die über 150 Besucher kaum fassen. Entlang der Wände wurden weitere Stühle aufgestellt. Viele saßen auf den Fensterbänken und auf dem Boden. Selbst auf dem Flur stauten sich Gäste um noch etwas vom Vortrag mitzubekommen. Förster Harald Klingebiel moderierte den Abend. Auch er stellte fest, wie sehr die Menschen mittlerweile das Schwinden der Insekten als reale Bedrohung wahrnehmen. Noch vor einem halben Jahr gab es kaum Interesse für dieses Thema in der Bevölkerung. Das hat sich in kürzester Zeit grundlegend geändert!

Dr. Martin Sorg berichtete über die Ergebnisse einer Langzeitstudie des Krefelder Entomologischen Vereins. In sogenannten Malaisefallen werden seit Ende der achtziger Jahre Insekten gefangen, ausgezählt, nach Arten sortiert und ihre Masse gewogen. Der Rückgang in den letzten Jahren war so eklatant, dass selbst die Forscher die Ergebnisse zunächst kaum glauben konnten und die Versuche wiederholten. Der Verlusttrend zeigte sich auf nährstoffreichem Grünland ebenso wie auf Magerböden. Zwar fehlen bisher wissenschaftlich belegte Daten zu diesem Thema, allerdings sind diese Ergebnisse erschreckend genug!

Bedrohung durch Gifte mit Breitbandwirkung

Als Ursache für das Insektensterben ist in erster Linie der Einsatz von Herbiziden und Pestiziden zu sehen. Die heute auf landwirtschaftliche Flächen aufgebrachten Mittel sind aufgrund ihrer Breitbandwirkung 1000 mal bis 10.000 mal toxischer als DDT, erklärte der Wissenschaftler. Sie bauen sich zudem nicht oder nur extrem langsam ab, reichern sich in Sedimenten an und verbreiten sich aufgrund ihrer Wasserlöslichkeit enorm. Selbst ausgewiesene Schutzflächen bleiben nicht verschont, da sich in ihren Randgebieten häufig behandelte Ackerflächen befinden. Zu der Belastung durch das Besprühen der Flächen kommt die Tatsache, dass oft bereits das Saatgut schon mit Giften behandelt ist.

Zwar existieren Pflanzenschutzverordnungen, ein Verstoß dagegen stellt bisher allerdings keine schwerwiegende Ordnungswidrigkeit dar. Bei Wasserschutzzonen gibt es Differenzierungen in verschiedene Bereiche, bei Schutzgebieten gibt es sie jedoch nicht. Die Nähe zu bebautem Ackerland macht die oft schmalen Schutzstreifen nahezu wertlos für viele Tier- und Pflanzenarten. Auch die mit viel Liebe zur Natur und bestem Wissen und Gewissen angelegten Blühstreifen für Insekten als Ausgleich entlang landwirtschaftlicher Nutzflächen ändern da wenig. Im Gegenteil: die Farbenpracht der Blüten lockt die Insekten an. Zwar schön für das menschliche Auge bieten diese auch als Bienenwiesen bezeichneten Flächen aber keinerlei Brut- und Überwinterungsmöglichkeiten für die Tiere, die hier lediglich das Gift aus der kontaminierten Umgebung aufnehmen und dafür sorgen, dass es weitergetragen wird. 

Bei all dem Desaster ist es allerdings nicht das Überleben der Insekten, das im Vordergrund steht. Insekten wird es nach wie vor geben. Selbst diese Gifte können sie nicht restlos von der Erde vertreiben. Bedenklich für den Menschen ist die sinkende Zahl blütenbestäubender Fluginsekten. Ohne die Nützlinge wird der Anbau von Obst und Gemüse zum Problem werden. Innerhalb der Zinosen kommt es zu Kaskadeneffekten und damit zu Ausfällen in der Nahrungkette. Das Gift gelangt in insektenfressende Wirbeltiere und sorgt auch hier für ein Artensterben. Im Anschluss an den Vortrag gab es zahlreiche Fragen aus dem Publikum.

Weitere Informationen zum Thema finden sich auf der Homepage des Entomologischen Vereins Krefeld:
http://www.entomologica.org/

Autor:

Antje Clara Bücker aus Haltern

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