Kräuterseminar: Das Geheimnis des Gundermanns

Was haben wir denn da? Unter der Leitung der NABU-Kräuterpädagogin Carola De Marco gingen die Teilnehmer eines Seminars an der Biologischen Station in Lembeck auf Kräutersuche. Fotos: Oliver Borgwardt
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Rasenbesitzer kennen das Problem: Zwischen den gewünschten Gräsern recken sich unerwünschte Gäste aus dem Erdreich, schaffen sich mit breiten Blättern Platz und besiedeln im schlimmsten Fall die ganze Fläche. Doch sind Unkräuter nur ein lästiges Ärgernis und nur dazu nutze, den Kreislauf von Gartenliebhabern in Schwung zu bringen? Keineswegs, denn wie vielseitig auch unscheinbare Pflanzen sein können, konnte man jetzt bei einem Seminar des Naturschutzbundes Haltern an der Biologischen Station Lembeck lernen.

Die Kräuterpädagogin Carola De Marco schulte das Auge ihrer Schüler für Pflanzen, die es in sich haben. Das Seminar begann mit einer Suchaufgabe: Auf einer Decke waren verschiedene Kräuterarten ausgebreitet. „Das ist unser Pflanzenmemory“, erklärte Carola de Marco. Nun galt es, auf einer Wiese an der Biologischen Station nach den Gegenstücken der vorgegebenen Pflanzen zu suchen.

Was nach einem Kinderspiel klang, erwies sich als ungemein lehrreich: Mit offenen Augen untersuchten die Teilnehmer die Wiese, über die sie zuvor achtlos gewandelt waren. „Ist das das richtige Blatt?“ fragte eine Frau ihre Mitstreiterin. „Nein, schau mal hier, die Rippen sind ganz anders. Aber das hier sieht richtig aus...“ Schnell fanden die Menschen zueinander, sprachen sich bei der Suche ab, und die Decke füllte sich mit frisch gepflückten Blättern.

Unbekanntes Unkraut

Doch was war das eigentlich, was da nun als Beute zusammengetragen worden war? „Den Efeu habe ich erkannt“, gab ein Teilnehmer bescheiden zu, „aber da hört es auch schon auf.“ Kein Problem für Carola De Marco, denn schließlich hatte sich die Halterner Kräuterpädagogin an diesem Tag zum Ziel gesetzt, ihre Schützlinge in die spannende Welt der heimlichen Nutzpflanzen zu entführen. „Das hier kennt ihr vom Namen her alle“, sagte sie fröhlich und hielt ein unscheinbares Pflänzchen in die Höhe, „das ist nämlich Waldmeister. Und den brauchen wir für unseren Unkräutercocktail.“

Denn an diesem Tag durfte man die Kräuter nicht nur suchen, erkennen und pflücken, sondern auch kosten. Zu diesem Zweck hatte De Marco einige ungewöhnliche Rezepte vorbereitet, die ihre richtige Würze erst durch die frisch gesammelten Pflanzen erhielten. „Die Kräuter kommen nun alle hier hinein“, erklärte die Naturexpertin und ließ die unterschiedlichsten Blätter in einen frischen Apfelsaft fallen. „Wir haben hier Minze, Waldmeister, Gänseblümchen, Giersch und Gundermann...“ zählt Carola De Marco auf.

Das Dreieck verrät das Wildgemüse

Fragende Gesichter bei einigen Gästen. „Giersch und... was?“
Schnell ist das Rätsel gelöst. Den Gärtnern unter den Teilnehmern ist Giersch, auch Geißfuß genannt, nur allzugut bekannt. „Über diese Pflanze fluchen die Gärtner immer“, sagt Carola De Marco schmunzelnd. Das sich schnell verbreitende Doldengewächs sei extrem schwer zu bekämpfen, da selbst kleinste Wurzelstücke sofort wieder Triebe ausbildeten. „Dafür schmeckt es gut“, weiß die Expertin. Aber obacht: Giersch kann man optisch leicht mit anderen Pflanzen verwechseln, die alles andere als bekömmlich sind. „Von anderen Doldengewächsen solltet ihr unbedingt die Finger lassen“, warnt De Marco ihre Schüler. „Zum Glück gibt es bei Giersch aber einen Trick. Schließt mal die Augen und rollt den Stängel zwischen den Fingern.“ Die Teilnehmer folgen dem Rat - und tatsächlich, das dreieckige Profil ist unverkennbar. „Das kann man sich gut merken“, freut sich eine junge Frau, die die Pflanze noch immer zwischen den Fingern rollt.

Das Würzkraut der Soldaten

Und Gundermann? „Das ist die Soldatenpetersilie“, erklärt die Kräuterpädagogin und zeigt ein rundes, grünes Blatt. Das überall verbreitete Gewächs aus der Familie der Lippenblütler wurde früher oft als Würzkraut eingesetzt und bevorzugt schattige Flächen. „Dann suchen wir doch mal unter der Hecke“, nehmen sich die Männer und Frauen vor und machen sich auf die Suche wie Soldaten auf dem Marsch, die Zutaten für ihr Abendessen suchen.

Nach und nach erklärt De Marco ihren Schützlingen an diesem Tag eine ganze Reihe von nützlichen Pflanzen, die sonst schnell übersehen oder als Unkräuter beseitigt werden. Dabei gibt sie immer wieder nützliche Tipps, die vor allem Gartenbesitzern zugute kommen. Maulwurfshügel etwa seien eine gute Beeterde: „Alle Schädlinge sind bereits vom Maulwurf herausgefressen.“ Und eine Brennnessel müsse man vorsichtig von unten anfassen, um die giftigen Härchen nach oben zu streichen. „Dann kann man sie einfach mit bloßen Händen pflücken“, verrät die Expertin.

Gemeinsam pflücken, gemeinsam kochen

Gegen Ende des Seminars hatten die Teilnehmer eine ganze Menge Kräuter gesammelt, die nun in Gemeinschaftsarbeit ihrem kulinarischen Zweck zugeführt wurden. Eine delikate Suppe, eine frische Kräuterbutter und der anfangs schon vorbereitete Kräutercocktail kombinierten sich zu einem gelungenen Unkräutermenü. „Das schmeckt wirklich toll“, freute sich eine Frau.

Und so entpuppte sich die Jagd nach den scheinbar so unnützen Kräutern als ein gelungener Nachmittag, bei der man sehr viel lernen konnte. Und vielleicht wird dem Giersch ja in so manchem Garten demnächst auch ganz kulinarisch zu Leibe gerückt.

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Weitere Informationen:

http://www.unkraeuterleben.com

Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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