Ratssitzung: Stadt rechnet mit zahlreichen weiteren Flüchtlingen

Ein Bild vor Ort machten sich die Fraktionsvorsitzenden der im Stadtrat vertretenen Parteien in der Flüchtlingsunterkunft am Truppenübungsplatz Borkenberge. | Foto: Stadt (Archiv)
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Haltern. In der Ratssitzung am Donnerstagabend (29.10.) berichtete der Erste Beigeordnete und Sozialdezernent Hans-Josef Böing zur aktuellen Flüchtlingssituation. Er wies darauf hin, dass weltweit 60 Mio. Menschen unterwegs sind. Für Haltern am See nannte er diese aktuellen Zahlen: In der Stadt leben derzeit 422 Flüchtlinge, unter ihnen 218 aus Balkanländern. Hinzu kommen am Truppenübungsplatz Borkenberge 154 Menschen.

Bisher wurden dafür in diesem Jahr 1.347.461,14 Euro ausgegeben, aufs Jahr hochgerechnet geht er von 1,5 bis 1,6 Millionen Euro aus. Veranschlagt waren 1,375 Millionen Euro. Weiter erklärte Böing: „Wenn es bei den 10.000 Euro Erstattung pro Flüchtling und Jahr bleibt, ist das ein Ergebnis, das den Forderungen der Kommunen schon sehr nahe kommt. Wir müssen einfach mal abwarten, was jetzt bei uns ankommt, und wir müssen nach wie vor darauf drängen, dass die Folgelasten, die bei uns auch im personellen und sachlichen Bereich anfallen, strukturell und dynamisiert gegenfinanziert werden.“ Zudem gibt es auf der Ebene der Schulaufsicht den Anlauf zu ersten Gesprächen mit den Städten. Er steht mit den Schulleitern im Gespräch und kann sich vorstellen, den Standort Erich-Kästner-Schule weitestgehend für Bildungs- und Integrationszwecke in Anspruch zu nehmen. Er kann sich auch vorstellen, in der Martin-Luther-Schule auch Flüchtlinge unterzubringen. Allein für dieses Quartal können wir bundesweit mit einem Zugang von ca. 900.000 Flüchtlingen rechnen. Davon knapp 200.000 Menschen in NRW ankommen, und davon wiederum etwa 450 Menschen in Haltern am See. Böing: „Ich kann Ihnen heute noch nicht sagen, wie wir diese Menschen unterbringen können, ohne auf Turnhallen zurückgreifen zu müssen. Sie wissen, dass in vielen Städten die Inanspruchnahme von Turnhallen als alternativlos angesehen wird. Wir versuchen immer noch, das zu vermeiden, wie wir überhaupt versuchen, Unterbringungsentscheidungen zu vermeiden, die die Gefahr in sich bergen, von Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert zu werden.“

„Ich kann Ihnen heute noch nicht sagen, wie wir diese Menschen unterbringen können, ohne auf Turnhallen zurückgreifen zu müssen...“

Bei dieser Gelegenheit lobte Böing die Halterner Bevölkerung, die dieses Thema sehr gut mittrage. „Natürlich kommen bei uns gelegentlich auch Bedenken an: „Ihr wollt doch nicht ernsthaft in unserer Nachbarschaft Flüchtlinge unterbringen“, aber im Großen und Ganzen gibt es bei uns keine ausländerfeindliche Grundstimmung, und das finden wir sehr gut.“ Er vertrat die Ansicht, dass auch die Verwaltung offen mit dem Thema umgehen und nichts unter den Teppich kehren sollte. Dazu gehört für ihn auch dazu, in absehbarer Zeit zusammen mit dem Rat eine für alle offene Informationsveranstaltung, also eine Bürgerversammlung, durchzuführen, um Fragen zu beantworten, Unsicherheiten zu beseitigen oder auch Ängste aufzunehmen. „Wir hätten allerdings als Verwaltung die feste Erwartung, dass nicht nur wir von der kommunalen Seite an einer solchen Veranstaltung teilnehmen, sondern ebenso die staatliche Ebene von Bund und Land. Der Bürgermeister wird die dazu notwendigen Schritte einleiten und entsprechende Gespräche führen bzw. veranlassen.“ Hans-Josef Böing sprach offen aus, dass er derzeit nicht weiß, wie die etwa 450 Flüchtlinge, die zum Jahresende noch erwarten werden, untergebracht werden können. „Sie erinnern sich an unsere Vorlage aus der letzten Ratssitzung und den dazu ergangenen einstimmigen Beschluss. Das, was wir seitdem dazu umsetzen konnten, ist eingestielt. Die Schleusenwärterhäuser in Flaesheim sind voll; die Container an der Annabergstraße sind bezogen und auch voll.“ Nun werden ehemalige Bundeswehrzelte am Seebad aufgestellt. Beim Jägerhof in Flaesheim war die Stadt in Gesprächen mit dem Insolvenzverwalter. Derzeit ist noch offen, ob dort Flüchtlinge untergebracht werden können oder nicht. Gespräche laufen ebenso für ein Haus am Alisowall, wo in jedem Fall noch Reparaturarbeiten erledigt werden müssten. Als Standort für eine Landeseinrichtung ist auch das Gebäude von AV Schacht 8 in Lippramsdorf vorgesehen. „Stand heute kann ich Ihnen dazu sagen, dass der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes mit Hochdruck daran arbeitet, dieses Gebäude – wenn der Bergbau es verlassen hat – für die Unterbringung von Flüchtlingen – als Aufnahmeeinrichtung des Landes herzurichten. Das wird aber bis 2016 dauern.“ Böing betonte: „Wenn das alles so weitergeht mit diesen Flüchtlingszahlen auch in 2016, kann Ihnen im Moment keiner sagen, wie die Städte das noch verkraften sollen, und wer sich Sorgen macht, ob das alles funktioniert, ist noch lange nicht fremdenfeindlich.“

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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