Bei Maler Albert Wagner trifft Geometrie Kunst

Albert Wagner bei der Arbeit in seinem Atelier an der Grünstraße 16. Hier in der ehemaligen Werkstatt der Polsterei Janz entstehen die Malarbeiten und Holzskulpturen des 67jährigen, die in vielen Teilen Deutschlands ausgestellt werden.
Foto: Römer
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  • Albert Wagner bei der Arbeit in seinem Atelier an der Grünstraße 16. Hier in der ehemaligen Werkstatt der Polsterei Janz entstehen die Malarbeiten und Holzskulpturen des 67jährigen, die in vielen Teilen Deutschlands ausgestellt werden.
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Geometrie trifft Kunst: In den Bildern von Albert Wagner herrschen Winkel, Flächen und Linien vor. Gegenstände werden auf einfach geometrische Formen reduziert, Farben nach ihrer „Gewichtung“ und räumlichen Wirkung eingesetzt. Daraus entsteht Spannung und dem Betrachter bleiben unterschiedliche Wahrnehmungsmöglichkeiten.

Die Kunst des Albert Wagner ist also – in des Wortes eigentlicher Bedeutung – kein „schönes Bild“, sondern eines, das Interpretationsspielräume offen lässt und durch seine reduzierte Schlichtheit unterschiedliche Ansätze (an)bietet.
Keine einfache Kost, die der 67jährige seinen Mitmenschen in seinem künstlerischen Wirken zeigt. Dennoch mag es für weniger Kunstverständige oder – besser – jene, die sich nicht näher einlassen wollen, möchten oder können, beinahe anspruchslos anmutet, was der Künstler in seinem Atelier „Kunstbackstube“ in der Grünstraße, der ehemaligen Polsterei Janz, entstehen lässt.
Albert Wagner hat eine bewegte Biografie. Zunächst lernte er Kfz-Mechaniker, erhielt durch die Weiterbildung zum Technischen Zeichner einen ersten Zugang zu Bleistift, Tusche und Papier. Bis dahin hatte er sich hauptsächlich mit Fotografie auseinandergesetzt, bis heute ein wichtiger Bestandteil seiner Kunst.
Seine Kreativität bekam weitere „Nahrung“ durch sein Studium der Sozialpädagogik und später in der Ausübung seines Berufs: „Bis zu meinem vorzeitigen Ruhestand als Psychotherapeut leitete ich eine Suchtklinik in der Nähe von Fulda. Die meisten unserer Patienten waren Alkoholiker und Medikamentenabhängige. Später kamen auch allgemein Drogenabhängige hinzu. Auch mit meinen Patienten habe ich immer kunsttherapeutisch gearbeitet, Skulpturen geschaffen, getöpfert.“
Das hat er für sich im Ruhestand intensiviert. Er studiert seit 2011 am Wattenscheider „Institut für Ausbildung in bildender Kunst und Kunsttherapie“ Malerei und Grafik. Trotz des zeitintensiven Studiums entstehen weitere Werke darüber hinaus.

"Geometrische Abstraktionen" in Acryl

„Ich arbeite in Acryl. Meinen Stil nenne ich ,geometrische Abstraktion‘“, erläutert der gebürtige Koblenzer. „Allerdings probiere ich zurzeit aus, was in Kunstkreisen als ,hard edge‘ bezeichnet wird. Dabei werden die Gestalt gebenden Flächen scharf konturiert. Durch Farben und Farbverläufe entsteht Räumlichkeit. Das ist die Absicht hinter meiner Malerei. Das Auge soll nicht ruhen, sondern mehrere Perspektiven in meinen Bildern erkennen. Um das zu erreichen, mache ich vorher Fotos. Diese durchforste ich nach versteckter Geometrie. Dann zeichne ich das und reduziere das Bild auf diese Geometrie. Manchmal gelingt es mir bereits nach zwei Zeichnungen, oft aber erst nach acht Versuchen, die Geometrie herauszuarbeiten und durch Farbgebungen abzugrenzen.“
Dieser Stil sei aus ihm selbst entstanden, sagt Albert Wagner. Dafür habe er keine Vorbilder finden können: „Mich berühren abstrakte Bilder mehr als realistische. Ich orientiere mich künstlerisch ein wenig an Fritz Winter, der für mich wunderbare Sachen gemacht hat. Außerdem schätze ich Kandinsky sehr, Paul Klee, Willi Baumeister und die abstrakten Kopfprofile von Jawlensky, der mit Rechtecken und Dreiecken Gesichter reduziert. Beuys schätze ich von seiner philosophischen Ebene aus, wie er Kunst interpretiert hat.“
Zwar muss Albert Wagner, der der Liebe wegen ins Ruhrgebiet gekommen ist, zum Glück, wie er selbst sagt, nicht von der Kunst leben. Dennoch sind seine Werke in vielen Teilen Deutschlands bei Ausstellungen begehrt, ein Unternehmen hat eines seiner Werke sogar als Grundlage für ein Etikett genommen. Gerade war er in Mainz, wo er ein Projekt gemeinsam mit einer Ikebana-Schule durchführt. Darauf hat er sich schon lange gefreut – der spannenden Auseinandersetzung wegen.

Bilder ohne Namen

Seine Bilder tragen keine Titel, was der Künstler so begründet: „Es soll keine Vorab-Beeinflussung stattfinden. Der Betrachter soll seine eigene Fantasie mit einbringen. Titel können von der eigentlichen Idee des Bildes wegführen.“
Albert Wagner weiter: „Ich zeige meine Bilder schon sehr gerne, was ja auch meine Beteiligung an so vielen Ausstellungen zeigt. Rückmeldungen der Betrachter sind mir dabei besonders wichtig. Wenn sie sich mit meinen Werken auseinandersetzen, dann sind das für mich bedeutende Momente.“
An eine Begegnung mit einer Ausstellungsbesucherin in Düsseldorf erinnert er sich heute noch gern: „Ich habe einmal ,Das Eismeer‘ von Caspar David Friedrich abstrahiert. Da sagte eine Frau zu mir: ,Wenn ich Ihr Bild sehe, dann friert’s mich richtig, der kalten Farben wegen.‘ Das ist eine der wunderbarsten Rückmeldungen auf meine Kunst überhaupt gewesen.“
Albert Wagner, der dem Berufsverband VFDK (Verband Freier Deutscher Künstler) angehört und Mitbegründer der Künstlervereinigung „Kunst Aspekte International“ ist, der auch Künstler aus China angehören, wurmt es mehr als nur ein wenig, dass ihm die Anerkennung, die er bereits regional und überregional besitzt, gerade in Hattingen bislang versagt bleibt: „Ich habe mich in Hattingen mehrfach um Ausstellungen auch beim Kunstverein beworben, aber niemals eine Rückmeldung erhalten. Beim Kulturbüro erhielt ich Kontaktdaten – ausgerechnet wieder vom Kunstverein, der nach wie vor keine Rückmeldung gibt – schade.“

Beim "Türöffner-Tag" mit der "Maus" dabei

Vielleicht ändert sich das ja. Denn zumindest die ganz jungen Kunstfreunde können bald ihn, seine Kunst und sein Atelier in der Grünstraße erleben. Albert Wagner hat sich nämlich beim „Türöffner-Tag“ bei der „Sendung mit der Maus“ beworben, die sogleich begeistert zusagte.
Vielleicht entsteht dabei ja auch ein Dialog, den er in Städten des Ruhrgebiets bereits mit Schülern an Schulen im Unterricht führt. Albert Wagner und seine Kunst hätten es verdient. Man muss sich nur drauf einlassen.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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