Isabell Neumann: Hattingens erste Bestattermeisterin

Isabell Neumann mit ihrem Meisterbrief.

Isabell Neumann (39) ist die erste Frau in Hattingen, die einen Brief als „Bestattermeisterin“ vorweisen kann. Zusammen mit Markus Sirrenberg von Bestattungen Hilgenstock in Sprockhövel hat sie die Schulbank gedrückt und nach einem Jahr die Prüfung abgelegt. Beide haben bestanden.

„Die Ausbildung fand an der einzigen europäischen Bestatterschule in der Nähe von Bad Kissingen statt. Die Theo-Remmertz-Akademie qualifiziert in zwölf Bausteinen für den Meisterbrief. In den Inhalten gehören dazu Recht, Trauerpsychologie, Friedhofplanung, Unternehmensführung, Personalführung, Rechtsmedizin, Thanatopraxie (die Kunst des Einbalsamierens und der Aufbahrung), Marketing, Krematoriumstechnik und vieles mehr“, berichtet die gelernte Einzelhandelskauffrau, die schon ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert hat und mehrere Jahre Berufserfahrung sammelte, bevor sie in den elterlichen Betrieb einstieg.
„Mein Urgroßvater Emil Stratmann hat unseren Familienbetrieb gegründet. Dann übernahm meine Großmutter Luise Stratmann-Neumann das Unternehmen, dann mein Vater Peter, der dies bis heute führt. Ich werde dann als vierte Generation übernehmen“, sagt sie.

Sensibilität ist hier gefragt

Isabell Neumann ist mit dem Bestattungswesen groß geworden. „Der erste Verstorbene, dem ich begegnet bin, das war mein Großvater. Da war ich drei Jahre alt. Ich habe nie Berührungsängste gehabt, ich kannte das nicht anders. Ich habe mir schon mit sechs Jahren mein Taschengeld durch das Anschrauben der Griffe an Särge verdient.“
Alltäglicher Bestandteil ist das Unvorhersehbare. „Natürlich hat es in meiner Kindheit auch immer Situationen gegeben, die man als Kind nicht toll fand. Mein Vater ist an Heiligabend in der Regel nie durch das ganze Weihnachtsessen gekommen. Meistens gab es einen Anruf und er musste los, weil eben jemand verstorben war. Aber so ist das eben.“
Heute ist die Zuwendung für Isabell Neumann eines der wichtigsten Elemente im Berufsalltag. „In einer schwierigen Situation für andere Menschen einfach da zu sein und ihnen zu helfen, das ist Kern meines Arbeitsverständnisses. Natürlich braucht man einen persönlichen Ausgleich, denn manche Geschichten und Schicksale berühren sehr. Ich finde diesen Ausgleich im Sport.“
Bestatter, das waren eigentlich beim Blick in die Geschichte, meistens Männer. „Die Ausbildung zur Bestatterfachkraft dauert heute drei Jahre und ist erst seit 2003 in Deutschland staatlich anerkannt. Den Meister, den ich jetzt gemacht habe, sogar erst seit 2011. Der Beruf des Bestatters ist bis heute in Deutschland frei und nicht gesetzlich geregelt. Das hängt damit zusammen, dass er aus dem Bereich der Tischlerei oder Schreinerei kommt und viele Absolventen hatten in diesem Beruf eine Ausbildung und einen Meisterbrief in der Tasche. Das waren auch überwiegend Männer. Heute ändert sich das Bild. Zunehmend gehen Frauen in diesen Beruf, weil es immer mehr auf psychologische Beratung ankommt. Früher sind die Menschen in der Regel zuhause verstorben und die Bestattung folgte keinen individuellen Kriterien. Heute ist das umgekehrt. Die meisten Menschen versterben nicht zuhause, dafür legen immer mehr Angehörige und manchmal auch der Verstorbene selbst viel Wert auf ein persönliches Abschiednehmen. Der Bestatterverband Ennepe-Ruhr, dessen Vorsitzender mein Vater ist, legt auch Wert darauf, gesetzliche Regelungen für den Beruf des Bestatters zu erwirken. Man braucht schließlich einiges an Wissen und Feingefühl, um diesen Dienst am Menschen ausführen zu können.“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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