Sexueller Missbrauch in Hattinger Behinderten-Einrichtung bestraft

Nach über 5 Stunden Hauptverhandlung verkündete Richter Johannes Kimmeskamp das Urteil des Schöffengerichtes : Schuldig !

Der Angeklagte, ein 48 Jahre alter examinierter Altenpfleger, war seit Januar 2014 im Tom-Mutters-Haus an der Schulstraße, einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung, angestellt.

2 Anklagepunkte eingestellt

Er wurde jetzt von Staatsanwältin Maria Linthen beschuldigt, zwischen Mai 2015 und April 2016 in vier Fällen sexuelle Übergriffe auf ihm anvertraute Schutzbefohlene begangen zu haben. Im Laufe der Hauptverhandlung wurden bereits 2 der vier Anklagepunkte eingestellt, weil sie sich entgegen den Details in der Anklage, nach den Zeugenaussagen anders – und weniger schwerwiegend - ereignet haben mussten.

Einige Zeugen machten sich Vorwürfe, zu spät auf einzelne „nicht übliche“ Pflegehandlungen des Angeklagten in Verbindung mit verbalen Äußerungen gegenüber weiblichen Behinderten reagiert zu haben.

Späte Reaktion der Mitarbeiterinnen

Erst Anfang Mai 2016 offenbarten einige Mitarbeiterinnen dieser Einrichtung ihre zurückliegenden Beobachtungen über den Angeklagten an die Heimleitung, ihm anvertraute weibliche Schutzbefohlene, die sich aufgrund ihrer Mehrfachbehinderung nicht wehren können und deshalb juristisch als Widerstandsunfähige gelten, an den nackten Busen gegriffen und dabei Geräusche erzeugt zu haben, ohne dass dafür eine medizinische Notwendigkeit bestand.

Aus Gründen des Anstandes wird auf die Nennung weiterer Details verzichtet.

Nachdem diese Vorwürfe der Heimleitung bekannt wurden, erfolgte eine fristlose Kündigung des Angeklagten. Eine vorherige Anhörung des Angeklagten durch seinen Arbeitgeber erfolgte nicht. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht wurde inzwischen mit einem Vergleich beendet und das Arbeitsverhältnis wegen „wechselseitiger Unstimmigkeiten“ aufgehoben.

Eine ganz unschöne Geschichte

„Es ist eine ganz unschöne Geschichte für alle Beteiligten“, sagte jetzt der Geschäftsführer der Hattinger Lebenshilfe vor Gericht und ergänzte, dass er sich aus Fürsorge gegenüber den Schutzbefohlenen verpflichtet fühlte, so zu handeln. „Eine Heimleitung muss aufpassen, dass in der stationären Pflege nichts Übergriffiges passiert“, ergänzte er seine Aussage vor dem Schöffengericht.

Alle Zeugen bescheinigten dem Angeklagten berufliche Kompetenz und hohes Engagement. Es gab bei der Heimleitung nie Beanstandungen über ihn. Auch sein Teilzeit-Arbeitsverhältnis war seit 2016 in eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung gewandelt worden.

Der Angeklagte bestritt vor Gericht, sexuelle Übergriffe an Behinderten begangen zu haben. Er habe immer nur „viel Spaß“ mit den Heimbewohnern gemacht nach dem Motto, „mitlachen statt auslachen“.

Angeklagter fühlte sich gemobbt

Allerdings fühlte er sich schon wenige Monate nach seinem Arbeitsbeginn im Tom-Mutters-Haus gemobbt und will dieses auch der Hausleitung öfter angezeigt haben.

Am Ende der Beweisaufnahme blieben nach den Zeugenaussagen 2 sexuelle Übergriffe auf weibliche Behinderte übrig.

Staatsanwältin Maria Linthen forderte für die beiden Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr, welche für den nicht vorbestraften Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Weiterhin beantragte sie, ein Berufsverbot gegen den Angeklagten zu verhängen, ihn 200 Sozialstunden ableisten zu lassen und ihn einem Bewährungshelfer zu unterstellen.

Verteidiger beantragte Freispruch

Rechtsanwalt Marcus Doll appellierte an das Schöffengericht, bei der Urteilsfindung Augenmaß zu bewahren, die Beweismittel und die Glaubwürdigkeit entsprechend zu würdigen, zumal auch die Vorwürfe nicht zeitnah an die Heimleitung gemeldet wurden. Er sah vielmehr bei einer Zeugin aufgrund von Meinungsverschiedenheiten deren Ziel, den Rauswurf seines Mandanten mit einem bunten Strauß von Vorwürfen zu erreichen. Er plädierte auf Freispruch für den Angeklagten.

Das Urteil des Schöffengerichtes nach einer teilweise „turbulenten Hauptverhandlung“ verkündete dann Richter Johannes Kimmeskamp : Wegen sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 2 Fällen wurde der Angeklagte zu einer Gesamt-Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, die für 2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Gericht verhängte kein Berufsverbot gegen den Angeklagten.

In seiner Urteilsbegründung führte Richter Kimmeskamp aus, dass der Angeklagte sich eine „spaßige Handlungsweise“ angewöhnt hatte, die grenzüberschreitend und somit nicht akzeptabel ist. Gegen das Urteil kann innerhalb von einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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