Wir sind Hattinger: Ernst-August Schepmann

Ernst August Schepmann Foto: WDR/Fahri Sarimese
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Ernst August Schepmann wurde am 21. Juni 1931, einem Sonntag, in Hattingen als Sohn der alteingesessenen Kaufmannsfamilie August Schepmann, Kleine Weilstraße 2, geboren. Nach dem Abitur 1951 in seiner Heimatstadt am Gymnasium Waldstraße studierte er an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg.

1953 startete er seine Theaterlaufbahn mit langjährigen Engagements an den Theatern in Wiesbaden, Frankfurt/Main, Stuttgart, Hannover und Köln. Hinzu kamen zahlreiche Engagements für das Fernsehen und Theatergastspiele in München, Berlin, Hamburg und Wien. Bekannt wurde er neben der Schauspielerei vor allem durch seine großartige Erzählstimme als Sprecher.
Über fünfzig Jahre stand er als Schauspieler auf der Bühne. Und es war vor allem seine Stimme, die faszinierte und ihn zu einem beliebten Sprecher in vielen Rundfunk-Hörspielen und Lesungen machte. Gerne wählten ihn Verlage für das Lesen von Klassikern aus. So erschien 2006 „Die Klassiker Hörbibliothek“, in der er Werke von Balzac, Dostojewskij, Fontane, Goethe, Gogol, Hoffmann, Keller, Kleist, Mörike, Poe, Puschkin, Storm, Turgenjew und Wilde liest. Dürrenmatts „Die Panne“ oder Kafkas „Verwandlung“ hat er ebenfalls gelesen – man kann gar nicht alles aufzählen. Immer, so Schepmann, bekommt man bei einem Hörbuch zunächst den Text zu lesen. Der wird geübt, immer und immer wieder. In einem Hörspiel wird sie dann so gesprochen, wie es die Rolle erforderlich macht. Im Studio wird das mit den Vorstellungen des Regisseurs abgestimmt.
In der Hörbuchsparte ist er auch mit Lesungen für Kinder vertreten, beispielsweise „Der kleine Brüllbär feiert Weihnachten“, von Ingrid Uebe. Auch den Grimm’schen Märchen hauchte er als Sprecher Leben ein. 2012 nahm er Sagen und Dichtungen aus Hattingen für die Steinzeitausstellung im Bügeleisenhaus des Heimatvereines auf.

Große Erzählstimme

Schepmann wurde mit 77 Jahren einmal von Kindern interviewt, die ihm die Frage stellten, ob er schon als Kind gewusst habe, dass er Schauspieler werden wolle. Seine Antwort: „Das habe ich nicht gewusst, ich hab’s gewollt. Zwei Cousins von mir, die hatten ein Kasperletheater und das fand ich toll. Das war für mich die erste Form von Theater, die ich kennen lernte. Dann bin ich natürlich ins Kino gegangen und als ich so elf oder zwölf war, war ich zum ersten Mal im Theater. Und dann fand ich das wunderbar und dachte, oh, das möchte ich gerne später auch machen.“
Dann wollten die Kinder wissen, ob er denn als Schauspieler künstlich weinen könne. Schepmann verneint, doch „Aber wenn ich eine Situation mir vorstelle, einen Menschen, einen Charakter, den ich verkörpern muss. Und wenn ich dann Grund habe, traurig zu sein, dann kann ich auch weinen. Also der Schauspielerberuf ist kein Lügnerberuf. Im Gegenteil“. (aus www.auditorix.de) Und dann führt er den Kindern vor, was ihn so besonders macht – seine Stimme.
Schepmann verstand es immer, diese perfekt einzusetzen und konnte das den Kindern gut erklären: „Beim Theater, da musst du auch in leisen Szenen, musst du für alle verständlich sprechen, das heißt eine gewisse Lautstärke haben, dafür lernst du sprechen, dafür lernst du zu stützen mit dem Zwerchfell. Die Zwerchfellatmung. Dass es trägt, auch wenn du auf der Bühne leise bist, dass sie dich aber möglichst im ersten oder zweiten Rang oben oder im Parkett, dass sie dich da auch verstehen. Und wenn du vor dem Mikrofon sitzt im Rundfunk oder wenn Du im Studio sitzt oder eine Erzählung hast, da musst du dich sehr zurücknehmen. Die Entfernung, die ich vom Mund zum Mikro habe, die ich da überbrücken muss - das sind nicht mal zwanzig Zentimeter. Und auf der Bühne muss ich zwanzig Meter (!) weit reichen.“ (aus: www.auditorix.de) Und woran erkannt man einen guten Sprecher? „Daran, dass ich ihm glauben kann.
Die Schepmanns aus Hattingen kannten auch eine andere berühmte Hattingerin – die Schauspielerin Marie-Luise Marjan, geboren 1940 in Hattingen. Sie schrieb in ihrer Autobiografie, man habe oft im Lebensmittelgeschäft bei Schepmanns gleich um die Ecke eingekauft. Marie-Luise hatte damals an der Folkwang-Hochschule vorgesprochen, weil sie Schauspielerin werden wollte und war gnadenlos gescheitert. Sie wusste aber, dass der Sohn der Schepmanns, der Ernst August, Schauspieler war und fragte bei einem Besuch im Geschäft, wann er denn mal wieder nach Hattingen käme. Sie wolle ihm gerne vorsprechen. „Ernst August besuchte tatsächlich ein paar Wochen später seine Eltern, und ich durfte vorbeikommen. Dieses Mal hatte ich die resolute Dorine aus Molieres Komödie ,Tarfuffe‘ vorbereitet. Wie erleichtert war ich, als mir Ernst August Schepmann nach dem Vorspiel im Wohnzimmer seiner Eltern freundlich zunickte. ,Ja, Sie haben Talent‘, sagte er zu meiner großen Freude. ‚Aber Sie müssen unbedingt Unterricht bekommen. Und zwar nicht von irgendjemandem, sondern vom besten Lehrer, den es gibt. Ich empfehle Ihnen Professor Eduard Marks in Hamburg.‘
Schepmanns Sohn Philipp, geboren 1966, arbeitet ebenfalls als Schauspieler und Synchronsprecher. Er führte unter anderem Regie bei der „Großen Hörbibel nach der Übersetzung von Luther“ und war 2006 für „Die Chroniken von Narnia" nach C.S. Lewis für den Deutschen Hörbuchpreis nominiert. Er führt sein eigenes Ton-Studio. Schepmann hat noch einen weiteren Sohn und vier Enkelkinder.

Ernst August Schepmann Foto: WDR/Fahri Sarimese
Ernst-August Schepmann. Foto: WDR/Sybille Anneck
Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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