Puppenstuben sind mehr als nur ein Spielzeug für kleine Mädchen
Mit Puppenstuben konnte Peter Ihle in seiner Kindheit eher wenig anfangen.
„Irgendwann zu Weihnachten in der Nachkriegszeit bekam meine Schwester eine Puppenstube geschenkt. Und mein Bruder und ich bekamen eine Holzeisenbahn. Wir haben die Puppen aus der Stube genommen und sie einfach auf unseren Zug gesetzt – das sind meine Erinnerungen an Puppenstuben“, so der Vorsitzende des Geschichtsvereins Heiligenhaus bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Puppenstuben und Kaufläden aus dem vergangenen Jahrhundert“.
Ausstellung ist noch bis Ende Februar zu sehen
Bis Ende Februar tauchen die Besucher der Heimatkundlichen Sammlung in die Welt ihrer Kindheit oder die der Eltern und Großeltern ein. Dabei sind Puppenstuben und Kaufläden nicht einfach ein Kinderspielzeug, sondern ein Spiegel der Wohnkultur.
Sammlerin Erika Schönhoff, deren Puppenstuben-Sammlung nicht nur kleine und große Mädchen, sondern auch die Jungs begeistert, kennt sich aus in der Geschichte der Miniaturen. „Vor 300 Jahren hat eine Fürstin in Sachsen ihren Besitz nachbauen lassen. Das waren Anschauungsobjekte und kein Spielzeug. In den großbürgerlichen Haushalten des 19. Jahrhunderts wurde mit Puppenstuben den Mädchen gezeigt, wie ein Haushalt zu führen ist.“
Mit der industriellen Fertigung fanden Puppenstuben eine immer größere Verbreitung. „Sie stellen eine Abfolge der Zeit dar. In den 30er Jahren wurden Schrankfronten mit Wurzelholzfurnier modern, heute als ,Gelsenkirchener Barock‘ bekannt“, so Schönhoff. In den Fünfzigern eroberten Nierentisch, Cocktailsessel und Tütenlampen nicht nur die Wohnzimmer, sondern auch die Puppenstuben, dagegen behauptete sich gleichzeitig der altdeutsche Stil. Danach zog das skandinavische Design in Deutschland ein. „Die Zeit des Schwedenregals hat sich bis heute erhalten“, stellt Erika Schönhoff fest.
„Als Keimzelle des Wohnens hat die Küche eine besondere Bedeutung mit besonders realistischen Nachbildungen“, so die Sammlerin weiter. Die Puppenherde, auf denen dank einer Spiritusfeuerung richtig gekocht werden konnte, standen dabei im Mittelpunkt. Die württembergische Firma Märklin, die heute mit Modelleisenbahnen in Verbindung gebracht wird, begann einst mit Puppenherden.
Originalgetreue Nachbildungen
Mit der Verbreitung des elektrischen Stroms nahm die Gefährlichkeit der offenen Flamme ab. Die Spielzeughersteller bemühten sich, den Mädchen all das zu bieten, was die Mama im Original hatte. „Das ging sogar so weit, dass die Firma Bauknecht – die, die wusste, was Frauen wünschen – den Spielwarenherstellern ihre Konstruktionszeichnungen überließ, damit vorbildgerechte Nachbildungen geschaffen wurden“, informiert Schönhoff.
Autor:Lokalkompass Niederberg aus Velbert |
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