Erst Staatsfeind, jetzt Bundesbeauftragter

Roland Jahn erzählte in seinem Vortrag, was es für ihn bedeutete, in seinen Akten der Stasi lesen zu können. Im Anschluss stellten die interessierten Schüler des Immanuel-Kant-Gymnasiums noch zahlreiche Fragen.
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Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, besuchte auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Peter Beyer das Immanuel-Kant-Gymnasium und erzählte den Schülern von seiner Vergangenheit als Staatsfeind.

Mit seinem Vortrag „Zwischen Anpassung und Widerspruch - ein Leben in der Diktatur“ informierte der Journalist und Bürgerrechtler die Schüler der Geschichtskurse des Abiturjahrgangs über die DDR-Geheimpolizei, ihre Opfer und wie die zahlreichen Unterlagen bis heute noch gründlich aufgearbeitet werden.

„Es geht nicht um Akten, sondern um Menschen“

„Es geht dabei aber nicht einfach um Akten, sondern es geht um Menschen und ihre Schicksale“, sagt Jahn. Aus eigenen Erfahrungen wisse er, wie wichtig es sei, in den Akten nachzulesen, um herauszufinden, was zu den jeweiligen Ereignissen geführt habe. „Es war erschreckend, als ich das erste Mal lesen konnte, welche Informationen die Stasi damals über mich hatte.“
Aufgeschrieben wurde unter anderem, welcher seiner Freunde ihn verraten hatte und wie die Möbel in seiner Wohnung angeordnet waren. Und selbst über den Schulweg seiner damals achtjährigen Tochter fand er Notizen.
Roland Jahn, 1953 in Jena geboren, protestierte in der ehemaligen DDR gegen fehlende Meinungsfreiheit und die zunehmende Militarisierung. Nach seiner Kritik an der Ausbürgerung Wolf Biermanns wurde er 1977 vom Studium exmatrikuliert und im Jahr 1983 von der Stasi gegen seinen Willen aus der DDR geworfen. Doch auch von West-Berlin aus hielt er Kontakt zur DDR-Opposition und baute ein Informationsnetzwerk auf.
Interessiert hörten die Schüler, Geschichtslehrer und der Bundestagsabgeordnete Peter Beyer dem Bundesbeauftragen Jahn zu. „Der Dialog zwischen den Generationen ist wichtig und je besser wir begreifen, was damals abgelaufen ist, desto besser können wir unsere heutige Demokratie gestalten“, appelliert Jahn.
Nachdem er im Jahr 1998 das Bundesverdienstkreuz erhielt, wurde er 2011 vom Deutschen Bundestag zum Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen ernannt. Seine wichtigsten Ziele seien, die Bedeutung von Zivilcourage zu vermitteln und das bestehende Wissen über die ehemalige DDR und die Stasi zu vertiefen.

Auch Konsequenzen für die Familienmitglieder

Wie die schwierige Situation seine Familie belastet habe und wie er mit den damaligen „Verrätern“ umgehe, möchten die Jungen und Mädchen wissen. Und so erzählt Roland Jahn, dass seine Beziehung in die Brüche ging, seine politische Einstellung auch Konsequenzen für seine Eltern hatte und seine Tochter ihm den Vorwurf machte, er habe sich gegen sie entschieden. „Es war egal, wie ich mich entschied, ich konnte mich eh immer nur gegen etwas entscheiden, denn ich konnte nicht frei entscheiden.“ Gleiches galt auch für die Verräter. „Ich habe im Nachhinein das Gespräch gesucht, um zu fragen, was sie damals bewogen hatte, mich anzuschwärzen.“
Auch nach dem Rauswurf aus der DDR habe er sich nicht frei gefühlt, schließlich habe man ihm den Zugang zu seiner Heimat untersagt und so kämpfte er von West-Berlin aus weiter für den Mauerfall. „Freiheit bekommt man nicht geschenkt, Freiheit muss man sich nehmen.“

Roland Jahn erzählte in seinem Vortrag, was es für ihn bedeutete, in seinen Akten der Stasi lesen zu können. Im Anschluss stellten die interessierten Schüler des Immanuel-Kant-Gymnasiums noch zahlreiche Fragen.
Autor:

Maren Menke aus Velbert

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