Feuerrote Bastelbude - Ford 17m war Geburtstagsgeschenk

Wie er ihn vor 40 Jahren fuhr, so stand der Nachfolger der legendären Badewanne jetzt als Autowrack vor ihm.
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Unna. Damit Papa auch im Ruhestand etwas zu tun hat, schenkte ihm die Familie zum 60. Geburtstag kurzerhand einen Schrotthaufen.

Raketen stiegen auf, als Gunther Siepmann der Aufforderung „Komm´mal raus Papa“ folgte und einen blassroten Ford 17m mit trüben Scheinwerfern erblickte. Dass er bei der Haarstrang-Klassik in der Mittelklasselimousine mal einen Pokal holen würde, daran dachte der Fernmeldemonteur im Ruhestand vor zehn Jahren noch nicht.

Wie er ihn vor 40 Jahren fuhr, so stand der Nachfolger der legendären Badewanne jetzt als Autowrack vor ihm – Kennzeichen UN-G 60.
Erfahrung in der Restaurierung hatte Gunther Siepmann bereits mit einem Heinkelroller, einem NSU-Motorrad sowie einem Trecker gesammelt. Den Ford, Baujahr 1965, musste er bis auf die Eingeweide zerlegen. Schweller, Rahmen, Holme, alle Schwachstellen des Oldies, zwei Vorbesitzer, waren mit Rost übersät. Die Technik musste überholt, die Polsterung neu aufgelegt werden. „Dafür reichten die Angebote von 800 bis knapp 3000 Euro.“ Um nicht jedes Ersatzteil einzeln beschaffen zu müssen, nutzte er ein Angebot eines baugleichen Wagens. „Guter Zustand, liegt unter einer Plane", offerierte der Eigentümer. Bei der Abholung erwartete Siepmann eine Überraschung. Kein Rad drehte sich, Rost sprenkelte die Karosserie flächendeckend und Taubensch... trübte nicht nur die Sicht. „Als Ersatzteilager war das o.k.“ Der Rumpf wurde schließlich verschrottet.

Von Anfang an muckte der Motor des Geburtstags-Ford, obgleich er laut Tacho nur rund 70.000 Kilometer weg hatte. Nachdem alle Blechteile geschliffen und Einzelteile abgebaut waren, lagerte der Rumpf zunächst auf einem Stapel Paletten in der Halle von Siepmanns Cousin Albert.

Der Motor wurde sauber gemacht, Kerzen und Kontakte erneuert, Teile gibt es noch reichlich. Anfangs ließ es Gunther Siepmann ruhig angehen, als Rentner hatte er alle Zeit. Druck kam auf, als Sohn Frank heiraten wollte und einen ganz besonderen Wunsch äusserte: „Fahr uns vom Standesamt Düsseldorf zur Feier nach Opherdicke, mit dem 17m.“

Dann legte Gunther Siepmann einen Zahn zu am Schraubenschlüssel. Er polierte Chromleisten, erneuerte den Dachhimmel und widmete sich der Lenkradschaltung. Als der Ford Kam vom Lackierer zurückkam, wurde rasch zusammengebaut und ab ging es zur nächsten Hürde. Doch der TÜV gab sofort seinen Segen. Mit einem Kranz geschmückt holte Gunther Siepmann das Brautpaar im knallroten Ford 17m aus Düpsseldorf ab, kutschierte mit Tempo 90 über die A1.

Ausgerechnet einen roten Oldie sein Eigen nennen zu dürfen, erfüllt Gunther Siepmann mit besonderem Stolz. Soeben hatte er seine Frau Ula kennengelernt, da fuhren sie in einem grünen Ford 12m. Den Unfallwagen erwarb Siepmann vom Vater eines Schwimmkollegen im DLRG. In der Rettungswache Dortmund-Hohensyburg durfte damals gebastelt werden und so bereitete Siepmann den Ford wieder auf. Es folgte, richtig, ein feuerroter 17m, wie er ihn heute in der Garage hat. Das Teuerste am heutigen 17m war bislang eine Motoreninstandsetzung. Eine Kühlwasserleitung war korrodiert, Warnsysteme fehlten damals. Siepmann kam bis zum Kreuz Unna, dann quittierte der Motor den Dienst mit einem Kolbenfresser.

Abgeben würde Gnther Siepmann die schicke Limousine nicht. „So 3000 Euro ist sie wohl wert.“ Seine Frau Ula setzt da etwas höher an. „rechnet man die Arbeitsstunden sind es mindestens 15 000 Euro.“ Viel mehr als 100 in diesem Zustand, dürfte es in Deutschland kaum geben, schätzt Siepmann.
Unterwegs sind die Siepmanns mit ihrem Oldie öfter. Gerne im Sommer zur Mithilfe bei einer Kinderbetreuung in Otterndorf/Cuxhaven. Auf der langstrecke stört dann auch die 3-Gang-Lenkradschaltung nicht. Anerkennung fand der Ford jetzt bei der Haarstrang-Classic in der Emschergemeinde. Ein Pokal für den dritten Platz ziert seitdem das Wohnzimmer der Siepmanns.

Info Box:

Der Ford Taunus 17M P5 war die fünfte Eigenentwicklung der Ford Werke Köln und wurde gebaut zwischen 1964 und 1967. Das M stand für „Meisterstück“.
Motor: Vierzylinder-Viertakt-V-Motor mit Ausgleichswelle
Leistung: 70 PS
Hubraum: 1699 cm³
Bremsen: Scheiben vorne, Trommel hinten
Elektrik: 6V Anlage
Getriebe: 3-Gang-Lenkradschaltung (Serie), 4-Gang-Schaltung gegen Aufpreis, ab 1966 auch Taunomatic-Automatikgetriebe
Verbrauch: 8,6l Super
Tank: 45 Liter

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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