Ein klares Bekenntnis: „Der Bredlow überwog“

Karl-Heinz Bredlow und seine Stellvertreterin Anke Benna
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Karl-Heinz Bredlow wird in Hennen wohnen bleiben, „weil es meiner Familie hier sehr gefällt und wir unseren Freundeskreis hier haben.“
Am Donnerstag, 28. Februar, wird er als Leiter der Jugendvollzugsanstalt Iserlohn in den Ruhestand treten und nach fast auf den Tag genau 40 Jahren Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Justizministerium Düsseldorf verabschiedet werden.
Bredlow arbeitet seit 1979 in der NRW-Justiz. Seit 1981 ist er in leitender Funktion in der JVA in Drüpplingsen tätig, zunächst als Stellvertreter, seit 1991 dann in der Leitungsfunktion.
Bredlow hatte in den 68er Jahren Jura mit dem Schwerpunkt Strafrecht studiert, danach seine Referendarzeit in den „wilden, aber sehr interessanten 70er Jahren“ in Berlin verbracht und war im Anschluss daran noch mehrere Jahre als wissenschaftlicher Assistent an der Freien Universität Berlin tätig, auch hier im Bereich Strafrecht.
Ihn faszinierte schon immer die Verbindung Wissenschaft und Praxis, gerade bei seinem Lieblingsthema, dem„richtigen Weg“ des Rechtstaates beim Umgang mit jungen straffälligen Menschen.
Während seiner Göttinger Studentenzeit prägte ihn ein Professor, der stets und nachdrücklich die Auffassung vertrat, „dass der Strafvollzug insgesamt gesetzlich geregelt und der Jugend-Strafvollzug dabei ganz anders als der Erwachsenenvollzug organisiert werden muss.“
Karl-Heinz Bredlow: „Der Jugendvollzug kann nur als eine völlig eigenständige Vollzugsform bestehen und unter Beachtung des sich aus der Verfassung ergebenden staatlichen (Ersatz-) Erziehungsauftrages ausgestaltet werden.“
In seiner Amtszeit in Drüpplingsen hat er zusammen mit seinem Team für diese Sichtweise vor Ort und auch überregional stets praktische Werbung betrieben. Der Erfolg der wichtigen konkreten Umsetzung dieser Ziele gibt ihm und seinem „Credo“letztlich Recht. Als deutlich sichtbares Beispiel dafür wurde in der 1972 in Betrieb genommenen Drüpplingsen JVA deshalb alsbald nach seinem Amtsantritt ein eigenes – bis dahin erstaunlicherweise gar nicht vorgesehenes - Schulgebäude errichtet, „ohne Gitter und bis heute noch in stets vorzeigbarem Zustand“.
Aus dem Erziehungsauftrag hergeleitet, besitzt seitdem die schulische und berufliche Bildung in der JVA auch absolute Priorität.
„Wir sind stolz darauf, mit unserer Schule eine Außenstelle des Berufskollegs Märkischer Kreis zu sein und in der beruflichen Ausbildung mit einem sehr kompetenten externen Ausbilder (dem BFW) in das Regelwerk der IHK und der Kreishandwerkerschaft integriert zu sein.“
Maximal 280 Strafgefangenen und Untersuchungs-Häftlingen werden in Drüpplingsen diese Möglichkeiten des Schulabschlusses und der Ausbildung angeboten. „Es waren hier leider auch schon bis zu ca. 380 junge Gefangene untergebracht, aber die Zeiten dieser eigentlich rechtswidrigen enormen Überbelegung sind erfreulicherweise seit Inkrafttreten des Jugendstrafvollzugsgesetzes NRW im Jahr 2009 vorbei“.
Bredlow weiß, dass der Umgang mit den jungen Straftätern in der Öffentlichkeit in vielen Fällen nicht nur positiv, sondern wegen des Aufwandes auch recht kritisch gesehen wird. „Wir haben daher in den vergangenen Jahrzehnten immer versucht, inmitten unserer Umgebung und damit mitten in der Gesellschaft zu handeln und zu leben, ohne dabei aber krampfhaft die Öffentlichkeit und die Medien zu suchen. Erziehungsarbeit mit dieser Klientel braucht unaufgeregte Ruhe und sehr viel Geduld, nicht unbedingt Schlagzeilen.“
Ganz ohne geht es aber auch nicht, dafür haben insbesondere die beiden absoluten Schwerpunkte im Freizeitbereich der JVA, der Sport und die Kultur, gesorgt.
Bredlow ist zutiefst davon überzeugt, dass sportliche und kreative Betätigung, wenn sie gut und kompetent vermittelt werden, ideale Erziehungsmittel für alle jungen Menschen, auch und gerade für „seine Klientel“ sind.
„Grundsätzlich hat jeder junge Mensch positive Potenziale und Fertigkeiten, die allerdings oft erst mühsam gefunden und noch mühsamer gefördert und zu positiver Persönlichkeitsbildung ausgebaut werden können. Sport und beinahe alle Formen kultureller Betätigung sind bei den in der Regel misstrauischen, oft antriebsschwachen und wenig durchhaltefähigen jungen JVA-Insassen positiv besetzt, hier sind sie dann auch zu erreichen und auf die Bedeutung von Anstrengung und Erfolg, von Regeln und ihrer unbedingten Beachtung hinzuführen.“
Der Sport hatte und hat in der JVA Drüpplingsen einen hohen Stellenwert, was z.B. die jahrzehntelange Integration seiner Fußballmannschaft in den Ligenbetrieb des Fußball-Kreises Iserlohn, aber auch die Besuche von dem Ex-DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Fußball-Legenden wie Fritz Walter, Horst Eckel, Helmut Haller und Oliver Kahn und den Leichtathletik-Assen Harald Schmid und Dieter Baumann unter Beweis stellen.
Zu den „kulturellen Schwerpunkten“ zählt Bredlow die Zusammenarbeit mit der Jugendbühne des Hagener Theaters, die beinahe unzähligen Kreativprojekte mit Studierenden und Dozenten insbesondere der mit der JVA Iserlohn eng und vertrauensvoll zusammenarbeitenden Universitäten Dortmund und Köln, und natürlich auch die zahlreichen Aktivitäten und Veranstaltungen , die von und in der „Lernwerkstatt“, dem „in Eigenarbeit errichteten“ Freizeitzentrum der JVA organisiert werden. Bredlow schätzt gerade hier die von ihm so sehr geförderte praktische Zusammenarbeit von Praxis und Wissenschaft als sehr erfolgreich ein.
„Auch wenn in einer JVA nicht vergessen werden darf, dass die jungen Menschen beileibe keine geringen Straftaten begangen haben und zu Recht verurteilt worden sind, betrachte ich die Erziehungsaufgabe des sich an das Urteil anschließenden Jugendvollzuges eher aus der humanistischen und der pädagogischen Perspektive. Wir müssen mal ab und zu innehalten mit dem Ausgrenzen, wenn wir die jungen Menschen wieder zurückführen oder hinführen wollen in die Gesellschaft“.
Wichtig ist ihm und seinem Team allerdings, dass auf dem Weg dahin auch sog. sekundäre Tugenden wie Ordnung und Pünktlichkeit und scheinbar simple Anforderungen wie das Einhalten „der einfachsten Regeln der Höflichkeit“ beachtet werden, eine für das Erziehungspersonal oft besonders mühsame und stressende Aufgabe. „Das Sozialverhalten muss einfach stimmen. Ohne diese Grundvoraussetzungen helfen oft auch noch so viele erworbene Qualifikationen nicht weiter, wenn es um das Erreichen des Vollzugszieles, das Leben ohne weitere Straftaten, geht.“
Karl-Heinz Bredlow schätzt auch persönlich Kultur und Sport sehr. Er ist begeistertes Mitglied in der Trimmgruppe des SC Hennen („in Zukunft hoffentlich regelmäßiger“) und im Förderverein Parktheater ist und darüber hinaus regelmäßiger Besucher im Konzerthaus Dortmund.
Am Ende seiner Amtszeit sieht er in der JVA Drüpplingsen auf ein gutes pädagogisches Klima zurück.
„Ich bin in meinem Tätigkeitsbereich mit dem zufrieden, was erreicht worden ist. Das wäre allerdings nie zu erreichen gewesen ohne das tolle und unermüdlich engagierte Team der JVA und die stets konstruktive und die Integration in die Gesellschaft fördernde Zusammenarbeit mit dem Beirat “.
BVB-Fan Bredlow, der eine Dauerkarte auf der Dortmunder Südtribüne besitzt und Trainer Klopp („ein hervorragender Menschenführer und Motivator“) sowie Sebastian Kehl und Mario Götze („Vorbilder auf und neben dem Platz, engagiert und nicht abgehoben“) besonders schätzt, „möchte im Umgang gerade mit schwierigen jungen Menschen das Prinzip Hoffnung nie infrage stellen.“
Er ist froh, dass die neuen Gesetze dazu auch Spielräume lassen. Er betrachtet aber mit Skepsis die „restriktive Entwicklung“, die er in den letzten Jahren bei der „Rück“-Entwicklung des Strafrechtes hin zu einem isolierenden und dauerhaft ausgrenzenden Instrument des „Wegsperrens – und zwar für immer“ sieht.
Womit wir am Ende des Gespräches wieder bei der eher humanistischen Ausrichtung und Grundhaltung des nun bald ehemaligen JVA-Leiters angekommen sind.
Deshalb stellt er auch mit einem zufriedenen Lächeln fest, „dass bei der Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten dieser Teil des Bredlow insgesamt überwogen hat.“

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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