„Süßes oder Saures“, Santa Clause und Football

Vor dem Schulball mit Freundinnen vor dem Kapitol in Boise. | Foto: privat
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  • Vor dem Schulball mit Freundinnen vor dem Kapitol in Boise.
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Die Letmatherin Chiara Schmitz verbringt ein Jahr als Austauschschülerin in den USA. In dem ersten Teil berichtet sie, wie sie Halloween und Weihnachten 8.000 Kilometer entfernt von zu Hause erlebt hat.

von Chiara Schmitz

„So ganz alleine für ein Jahr in ein fremdes Land zu reisen, klingt für manche vielleicht seltsam. Aber ich bereue meine Entscheidung, die ich schon mit 14 Jahren getroffen habe, in keinster Weise. Auch, wenn ich ab und an mal Tage habe, an denen mich alles an zu Hause erinnert und ich am liebsten im kleinen Letmathe sein würde, hatte ich es mir ehrlich gesagt schwieriger vorgestellt, 8000 Kilometer von all meinen Lieben getrennt zu sein, das liegt aber vielleicht daran, dass ich erst vier Monate hinter mir habe. Aber die Zeit vergeht wie im Flug, und ehe ich mich versah, steht Weihnachten auch schon vor der Tür. Hier in Boise, Idaho, wird quasi genauso gefeiert wie in Deutschland, nur alles ein paar Nummern prunkvoller. Der Weihnachtsbaum ist größer, die Dekoration ist unglaublich
detailorientiert, und an jedem Haus sind Lichterketten angebracht, womit die ganze Stadt zu einem riesengroßen Lichtermeer wird. Wohin man auch geht, überall wünschen einem Menschen, denen man nie zuvor begegnet ist, frohe Weihnachten. Die Freundlichkeit der Amerikaner werde ich ganz schön vermissen, wenn ich mich in rund 6 Monaten wieder in den Flieger in Richtung Heimat setze.
Bis dahin werde ich auf jeden Fall meine Zeit hier ordentlich genießen, mit einem Kurztrip im Frühling nach Kalifornien mit meiner Gastschwester, einem Aufenthalt in Washington D.C. mit allen anderen Stipendiaten kurz vor der Abreise im Sommer und einem Ski-Camp mit anderen Austauschschülern im wunderschönen Sun Valley, Idaho. Meine Organisation, AFS (American Field Service), plant über das Jahr über verschiedene Gruppenaktivitäten, mit ungefähr 20 anderen Austauschschülern aus der ganzen Welt. Das Gefühl, bei einem AFS Camp mit Leuten aus Italien, Norwegen, Kolumbien, Thailand, Frankreich, Chile und vielen anderen Nationen unter einem Dach zu schlafen, ist einmalig. Wir gehen zusammen auf große Footballspiele in Stadien, hatten Weihnachts- und Halloweenfeiern und unternehmen viele andere tolle Dinge jeden Monat. Ich lerne dabei immer viel über andere Kulturen kennen, nicht nur die amerikanische.
Über die amerikanische Kultur kann ich mittlerweile einiges erzählen, vieles wundert mich immer noch und hätte ich niemals vermutet, bevor ich gekommen bin. Zum Beispiel sind die Schulen hier komplett anders. Ich gehe hier auf die Boise High School, eine Schule mit 1.400 Schülern, die allerdings nur die Stufen 10-12 unterrichtet. Die ganze Schule ist sehr modern ausgestattet, in jedem Klassenraum sind mehrere Computer, überall ist Teppichboden, es herrscht einwandfreie Hygiene. Die Gänge sind mit Vitrinen, Trophäen und Gemälden geschmückt und an den Seiten gibt es meterlange Reihen von Spinden, in denen man seine Bücher verstauen kann. In Amerika sind Innenstädte mit Fußgängerzonen eher selten, überall gibt es sogenannte „Drive-Throughs“, wo man beispielweise bei der Bank oder der Apotheke an einem Schalter hält und danach einfach weiterfahren kann. Eine Innenstadt, wie wir sie kennen, würde man eher in einem der riesengroßen und mehrstöckigen Einkaufszentren finden, in denen es unzählige Restaurants und jede Art von Geschäften gibt. Wie ich schon erwähnt habe, egal wo man hingeht, begegnen die Menschen einem mit einer unglaublichen Herzlichkeit und Freundlichkeit, sodass ich selbst von Kassierern in Fast Food Restaurants gefragt werde, wie es mir heute geht und wie mein Tag war. Ich frage mich manchmal, warum das in Deutschland nicht geht. Einfache Wörter, die einem den Tag schöner und Leute glücklich machen.
Die Präsidentschaftswahlen habe ich mir allerdings etwas anders vorgestellt. Da Idaho einer der konservativsten Staaten in Amerika ist, konnte selbst die liberale Stadt Boise nichts gegen den Rest des Staates ausmachen, und es war von Anfang an klar, dass der Großteil Idahos republikanisch wird. Aus diesem Grund habe ich eigentlich fast gar nichts von den Wahlen mitbekommen, obwohl es in Staaten wie Ohio zum Beispiel ein riesengroßes Event ist, an dem Tränen geflossen werden und bis zum Ende mitgefiebert wird. Ich finde es schade, dass ich keine Möglichkeit hatte, es so nah mitzuerleben, weil ich mich sehr darauf gefreut habe.
Was ich allerdings umso näher miterlebt habe, war Halloween. Ich wohne mit meiner Gastfamilie auf der meist besuchten Straße an Halloween in ganz Boise, mit ca. 3.000 Kindern, die „Süßes oder Saures“ wollen. Hätte ich es nicht mit meinen eigenen Augen gesehen, würde ich es mir selbst nicht glauben, was an diesem Abend los war. Der Gehweg war überfüllt mit kleinen Kindern in süßen Bienen-, Prinzessinnen- und Vampirkostümen, die unzähligen Villen waren über und über mit gruseliger Deko geschmückt und es war die Hölle los. An unserem Haus haben um halb 5 nachmittags schon die ersten Kinder geschellt und wollten Süßigkeiten, und die Haustür wurde bis 9 Uhr abends nicht geschlossen.“

Teil 2 von Chiara Schmitz Aufzeichnungen veröffentlichen wir am Neujahrstag.

Vor dem Schulball mit Freundinnen vor dem Kapitol in Boise. | Foto: privat
Chiara Schmitz (2. v. re.) im November beim Laubkehren mit den Austauschschülern Daniela aus Kolumbien, Lucie aus Frankreich und Olivia aus Belgien. | Foto: privat
Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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